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Niall Ferguson beschäftigt sich in „Doom“ mit todbringenden Katastrophen in der Geschichte der Menschheit
Doom ist ein Insektenspray in Ostafrika, das Stechmücken den Tod bringen soll. Es bedeutet so viel wie Tod und Verdammnis. Für den britisch-amerikanischen Historiker Niall Ferguson steht es als Synonym für Menschheitskatastrophen, zuletzt Corona: „Pandemien sind die großen Unterbrecher der Weltgeschichte, genau wie Weltkriege oder globale Finanzkrisen.“ Er unterbrach eine Kissinger-Biographie und nahm Katastrophen aller Art unter die Lupe. Auch wenn dem Buch „Doom“ eine gewisse Eile anzumerken ist, bleibt es ein beeindruckendes Beispiel, wie Katastrophen die Geschichte beeinflusst und durch menschliches Unvermögen oft noch Schlimmeres verursacht haben.
Ferguson unterscheidet Naturkatastrophen, Katastrophen durch Krankheiten und solche durch Kriege. Letztere ließen sich verhindern, die ersten zwei nicht. Es sind die stärksten Partien im Buch, wenn der Autor an Naturkatastrophen in sprichwörtlich biblischem Ausmaß erinnert, bei denen fast immer zigtausende Menschen ums Leben kamen, von frühen Flutkatas-trophen in China über das Europa seinerzeit verstörende Erdbeben von Lissabon 1755 bis zum Tsunami in unseren Tagen.
Noch drastischer sind die Kapitel zu Krankheiten, die als „Geißeln der Menschheit“ in die Geschichte eingegangen sind: die Pest im Mittelalter, die Pocken, die Cholera, die Spanische und Asiatische Grippe im 20. Jahrhundert, in unseren Tagen die Ebola- oder die Corona-Pandemie mit Millionen Opfern. Spannend wird es, wenn Ferguson zeigt, dass „General Typhus“ mitunter kriegsentscheidender war als mancher noch so geniale Feldherr.
Die Unberechenbarkeit dieser Ereignisse öffnet der Irrationalität schon immer Tor und Tür. Wunderheiler, Ketzer oder Heuchler finden bei verängstigten Menschen offene Ohren. Mit milder Ironie zitiert der Autor namhafte Geschichtsdenker wie Giambattista Vico, Thomas Malthus oder Arnold Toynbee mit ihren auf vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten fußenden Geschichtstheorien.
In einem Extra-Nachwort zur deutschen Ausgabe hebt der Autor mehr auf die aktuelle Politik ab, zeichnet ein düsteres Bild zur Ukraine und ein fast alarmierendes zum „Zweiten Kalten Krieg“, die wachsende Konfrontation zwischen den USA und China. Umso überraschender sein optimistischer Ausblick, dass die Menschheit durchaus über Fähigkeiten verfüge, ihren Untergang „noch ein paar Jahrhunderte oder vielleicht sogar Jahrtausende hinauszuschieben“. Ein vager Trost nach einer aufrüttelnden Lektüre.
Niall Ferguson: „Doom. Die großen Katastrophen der Vergangenheit und einige Lehren für die Zukunft“, Pantheon Verlag, München 2022, gebunden, 607 Seiten, 18 Euro