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Erstmals erhält ein junger Pole für seine Reichensteiner Heimatforschung das Schlesierkreuz
„Piotr hat sich mit Leib und Seele der Heimatforschung verschrieben. Ich erlebe ihn immer wieder als höchst engagierten Menschen mit vielen Ideen“, betont Josef Bögner aus dem westfälischen Bad Oeynhausen. Der am 2. Mai 1945, wenige Tage vor Kriegsende, im Kreis Frankenstein geborene Vorsitzende der Bundesheimatgruppe Kreis Frankenstein [Ząbkowice Śląskie] kann als Schriftleiter der „Frankenstein-Münsterberger Rundschau“ immer wieder auf neue historische Forschungsergebnisse von Piotr Romanowski bauen. Diese sind so intensiv und ergiebig geworden, dass die Landsmannschaft Schlesien nun erstmals das Schlesierkreuz an einen Polen, eben Romanowski, vergeben hat.
So erlebte das Schlesische Museum zu Görlitz am 18. Oktober erstmals eine solche landsmannschaftliche Vergabezeremonie. Eben dort, wo auf hoher wissenschaftlicher Ebene die Zusammenarbeit lange vorgelebt wird. Romanowski versteht, dass dies an der Basis noch nicht alltäglich geworden ist. „Die Erlebnisgeneration geht der deutschen Geschichte verständlicherweise meist aus dem Weg.“ Er wolle jedoch wissen, was seine Region für eine Geschichte habe.
In seiner niederschlesischen Heimatstadt Reichenstein [Złoty Stok] hat er mit Elżbieta Szumska vor allem die Erinnerung an den Gold- und Arsen-Bergbau und die damaligen deutschen Einwohner zusammengetragen. Szumska wurde bereits geehrt. Sie erhielt im September in Prag den Europaen Heritage Award 2022 und freute sich nun in Görlitz mit Romanowski, dass dessen reiches publizistisches Wirken bei den deutschen Reichensteinern so gut ankommt.
Romanowski will Geschichte wissen
Bögner zitiert in seiner Laudatio ehrfurchtsvoll aus Romanowskis Buch „Reichenstein, unvergessene Heimat, 30 Jahre danach“: „Das Berühren der polnisch-deutschen Geschichte ist wie das Betreten von brüchigem Eis, besonders dann, wenn man über die Zeit des Zweiten Weltkrieges sprechen will ... Reichenstein war 700 Jahre deutsch und erst seit 70 Jahren polnisch, und es scheint uns, dass es immer so sein wird. Aber wer kann das garantieren? Wie uns die Geschichte Schlesiens und Europas zeigt, werden die Staatsgrenzen wahrscheinlich eines Tages wieder verschoben. Unser Land wird seinen Besitzer wechseln und Złoty Stok wird nicht mehr polnisch sein. ... Es wäre auch unser Wunsch, dass sich jemand eines Tages um die Geschichte unseres Volkes in diesem Land kümmert, damit die Erinnerung an uns gepflegt und wir nicht aus der Geschichte ausradiert werden.“
Im September machte Romanowski an der evangelischen Kirche in Reichenstein eine Entdeckung. Über diese sagt er selber: „Ich habe mich gefühlt wie Howard Carter in Ägypten, als er das Grab des Tutanchamun entdeckte.“ „Natürlich, sie war nicht von gleicher Bedeutung und spielte sich auch nicht in Ägypten ab, sondern im meiner geliebten Heimat Reichenstein in Schlesien“, versucht Romanowski Begeisterung und Proportion in einen Satz zu versöhnen. „Die Entdeckung hat aber, wie die von Howard Carter, etwas mit Gold zu tun, wenn auch indirekt“, schmunzelt er. An der Nordseite der Kirche stieß er auf ein Epitaph der Ehefrau eines Reichensteiner Münzmeisters von 1608.
Romanowski gelang 2012 bereits die Entdeckung eines mittelalterlichen Erzverhüttungsplatzes. Auf seine Anregung hin erfolgten Grabungen, die wichtige Zeugnisse der ehemaligen Reichensteiner Porzellanmanufaktur zu Tage förderten. Er war maßgeblich an der Freilegung der verschütteten ehemaligen Arsenik-Eisen-Heilquelle beteiligt.
Unter seinen Buchveröffentlichungen beschäftigt sich eine mit der Familie Güttler, die wichtige Erkenntnisse für die Geschichte der schlesischen Montanindus-trie insgesamt bietet. Romanowski ist nun der erste Pole überhaupt, der von der Landsmannschaft mit einem Schlesierkreuz ausgezeichnet wurde. Mit dem Abstand von sieben Jahrzehnten nach Kriegsende ist die Geschichte in die Phase eingetreten, in der die heutige Bevölkerung, Menschen, die das Land aufbauten, als Tutanchamune begreift.