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Eine gewaltige Drogen-Invasion bedroht Europa

Aus den USA schwappt die Opioid-Welle auf unseren Kontinent – Die mittlerweile schwer unter Druck geratene US-Firma Purdue Pharma spielt in der Geschichte dieser Substanzen eine finstere Rolle

Wolfgang Kaufmann
21.07.2024

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA, welche mittlerweile zu 75 Prozent von der Pharma-Industrie finanziert wird, ist wegen einer ernsten Gesundheitskrise in den USA in die Kritik geraten. Dort registriert man seit 1995 kontinuierlich wachsende Zahlen von Drogenopfern. Insgesamt starben allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als eine Million US-Amerikaner an einer Überdosis, weswegen der damalige Präsident Donald Trump im Oktober 2017 den medizinischen Notstand ausrief.

Drei Viertel der tödlichen Intoxikationen sind dabei auf Opioide zurückzuführen, also synthetische Substanzen mit morphiumartigen Eigenschaften (2021 waren es von 107.000 Drogentoten 71.000), wie das Schmerzmittel Oxycontin, das 1996 auf den Markt gebracht wurde. Das Präparat enthält den Wirkstoff Oxycodon, der Atemlähmungen bewirken kann und bereits seit 1919 in der Medizin zum Einsatz kommt. Allerdings bedurfte es erst des geschäftstüchtigen Brüdertrios Arthur, Mortimer und Raymond Sackler, damit das Mittel seinen makabren Siegeszug in den Vereinigten Staaten anzutreten vermochte.

Die drei kauften 1952 die Firma Purdue Pharma und legten damit den Grundstein für ein florierendes Familienunternehmen, von dem Kritiker jetzt sagen, dass es „ganz Amerika krank gemacht“ habe. Der Durchbruch erfolgte dabei aufgrund der innovativen Vermarktungsstrategie der Sacklers, die im Kern darauf hinauslief, nicht mehr die Patienten als Konsumenten der Medikamente anzusprechen, sondern die verschreibenden Ärzte. Auf diese Weise verhalf Arthur Sackler dem Beruhigungsmittel Valium von Hoffmann-La Roche in den 1960er Jahren zu einem reißenden Absatz. Mit der gleichen Strategie verkaufte Purdue Pharma dann auch sein Oxycontin.

Wechsel von der FDA zu Purdue
Diesmal wurden die Mediziner aber mit wertvollen Geschenken korrumpiert und parallel dazu dreiste Lügen verbreitet. So behauptete das Unternehmen wahrheitswidrig, sein Schmerzmittel mache sehr viel weniger süchtig als andere Opioide, weshalb es nicht nur von Krebspatienten, sondern auch von Menschen mit Rückenschmerzen oder ähnlichen Problemen eingenommen werden könne. Darüber hinaus versprach Purdue Pharma eine unrealistisch lange Wirkungszeit.

In dieser Situation versagte die FDA laut Kritikern auf ganzer Linie: Anstatt die Angaben der Firma zu überprüfen, ließ die Aufsichtsbehörde das Medikament nach weniger als zwölf Monaten und ohne nennenswerte klinische Studien zu. Eine maßgebliche Rolle spielte dabei der FDA-Abteilungsleiter Curtis Wright, der kurz nach der Freigabe von Oxycontin zu Purdue Pharma wechselte und dort einen Einstiegsbonus von 400.000 Dollar kassierte.

Das war freilich eine lächerlich geringe Summe im Vergleich zu dem Umsatz beim Verkauf des synthetischen Opioids. Dieser lag bei insgesamt 35 Milliarden Dollar. Dadurch brachte es die Familie Sackler bis 2015 zu einem geschätzten Vermögen von 13 Milliarden Dollar, was ihr die Möglichkeit gab, als Mäzen der Wissenschaften und Künste aufzutreten. So sponserten die Sacklers unter anderem den Pariser Louvre, das Metropolitan Museum in New York und die Tate Gallery in London. Mittlerweile ist das Geld der Oxycontin-Gewinnler allerdings nicht mehr willkommen, weil seit 2019 mehr als 2000 Klagen mit einem Gesamtstreitwert von rund 2,5 Billionen Dollar gegen das Unternehmen Purdue Pharma und dessen Eigentümer wegen der mutmaßlich betrügerischen Vermarktung des Schmerzmittels angängig sind.

Um ihr Vermögen angesichts der potentiell ruinösen Zivilklagen zu schützen, beantragten die Sacklers 2019 eine Insolvenz des Unternehmens, welche aber jetzt vom Obersten Gerichtshof der USA auf Antrag des Justizministeriums in Washington mit fünf zu vier Richterstimmen abgewiesen wurde, weil die angebotenen freiwilligen Entschädigungszahlungen an die Oxycontin-Opfer oder deren Hinterbliebene sowie auch den Staat in Höhe von sechs Milliarden Dollar nicht den „vollen Vermögenswerten“ der Familie entsprächen.

Cannabis: Berlins riskantes Spiel
Parallel zu den Prozessen gegen Purdue Pharma wurden legal hergestellte Opioide wie eben Oxycontin in den vergangenen Jahren durch illegal produzierte Substanzen abgelöst, wobei Fentanyl an erster Stelle stand. Verantwortlich hierfür waren mehrere mexikanische Drogenkartelle, welche erkannten, dass sie mit synthetischen Erzeugnissen, deren Grundstoffe aus China und Indien stammen, größere Gewinnspannen erzielen können als mit den Naturprodukten Heroin oder Kokain. Dazu kam eine Verknappung des Heroins auf dem Weltmarkt durch das radikale Vorgehen der Taliban gegen den Mohnanbau in Afghanistan. In welch großem Stil die Kriminellen hier mittlerweile agieren, zeigt der Umstand, dass die US-amerikanischen Drogenfahnder 2022 eine Menge an schwarz hergestelltem Fentanyl beschlagnahmten, die ausgereicht hätte, sämtliche Einwohner der Vereinigten Staaten zu töten.

In den USA sterben inzwischen mehr junge Menschen an Drogen als durch Autounfälle und Schusswaffen: Das heißt, der Opioid-Missbrauch ist zur häufigsten Todesursache von Amerikanern zwischen 18 und 45 Jahren geworden. Und nun schwappt das Problem auch nach Europa beziehungsweise Deutschland herüber.

/In ihrem aktuellen Jahresbericht warnt die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) vor einem stark wachsenden Angebot an synthetischen Opioiden auf dem europäischen Markt für illegale Rauschmittel. Gleichzeitig melden die Drogenberatungsstellen in der Bundesrepublik zunehmend Fälle, bei denen Heroin mit Fentanyl gestreckt wurde, was insofern lebensgefährlich ist, als Fentanyl etwa 50 Mal intensiver wirkt als Heroin. Außerdem sieht die EMCDDA die Gefahr, dass nun zusätzlich noch sogenannte Nitazene auf den Markt kommen.

Die Stärke dieser speziellen Opioide soll sogar beim 500-fachen von Heroin liegen. Tatsächlich gibt es erste Hinweise auf die Beimischung von Nitazenen auch zu Cannabis-Produkten zwecks Senkung der Herstellungskosten. Insofern ist die von der Ampel-Regierung initiierte Cannabis-Legalisierung ein höchst riskantes Spiel mit dem Feuer.


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