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Im Breslauer Dom schaut Fürstbischof von Jerin wieder auf den von ihm im 16. Jahrhundert gestifteten Altar
Als historisches Ereignis bezeichnete der Probst des Doms zu Breslau, Pawel Cembrowicz, die Rückkehr des legendären Silbernen Altars an seinen alten Platz. Bis 1945 war der vier Meter breite und drei Meter hohe Hauptaltar des Doms fast 350 Jahre lang eine Attraktion. Es heißt, wer den Silberaltar nicht gesehen hätte, der sei nicht in Breslau gewesen. „Der Hauptaltar lebt wieder in seinem sakralen Raum. Dafür wurde er einst von Fürstbischof Andreas von Jerin in Auftrag gegeben und durch herausragende Künstler geschaffen“, sagte Pfarrer Cembrowicz bei der Wiedereinweihung des Hochaltars in der Weihnachtszeit. Doch lange haben sich die Breslauer an dem wieder eingeweihten Meisterwerk des Goldschmiedes Paul Nitsch und des Malers Bartholomäus Fichtenberger aus dem Jahre 1591 nicht freuen können, da wegen der Corona-Epidemie Gottesdienste auch im Dom zu Breslau nun erst einmal ohne Gläubige stattfinden.
Meisterwerk der Sakralkunst
Das Meisterwerk hatte Fürstbischof von Jerin gestiftet. 1585 wurde er nach Breslau berufen, wo er neun Jahre lang das Hirtenamt innehatte. Um seine Macht und Stellung zu präsentieren, gab er 10 000 Taler für einen neuen Altar. „Das war sehr viel Geld damals“, sagt Jacek Witecki vom Nationalmuseum zu Breslau, der die Rekonstruktion des Meisterwerks federführend leitete. „Diese Stiftung war schon damals im 16. Jahrhundert sensationell, denn der Stifter, Andreas von Jerin, hat dafür eine gigantische Summe ausgegeben. Für 10 000 Taler konnte man damals hunderte Hektar Land kaufen. Von Beginn an, so steht es bereits im Stiftungsakt, wurde der Altar ‚Silberner Altar' genannt, denn das faszinierende an ihm ist das edle Metall, aus dem er geschaffen wurde“, so der Wissenschaftler.
Witecki hatte dieses in Teile zerlegte Kunstwerk bei einer Inspektion des Domschatzes zu Breslau 2016 gefunden. Er war auch derjenige, der den Domprobst für die Rekonstruktion begeistern konnte. „Als Fürstbischof Jerin den Altar gestiftet hat, wusste er, dass er irgendwann aus dieser Welt scheiden wird, und hinterließ der Nachwelt dieses Meisterwerk. Der Silberaltar ist im gotischen Stil geschaffen. Als man sich 1944 auf die Zerstörung der Stadt vorbereitete, wurde der Altar zwar gesichert, aber nicht die Holzumrahmung des Altars. So sind der Altarschrank und einige Sterne und Figuren der vergoldeten Silberornamentik dem Krieg zum Opfer gefallen“, so Pfarrer Cembrowicz. Doch etwa 80 Prozent des Gesamtwerks sind erhalten geblieben. Darunter auch der von Bartholomäus Fichtenberger gemalte Altarflügel sowie Silberfiguren, die vier Heilige darstellen: die heilige Hedwig von Schlesien, den heiligen Johannes den Täufer – Namenspatron des Breslauer Doms – sowie die Heiligen Andreas und Vinzenz.
2017 begann die Rekonstruktion des Altars, die Konservatoren des Nationalmuseums zu Breslau anvertraut wurde. Es war für sie eine große Herausforderung, denn spezielles Material musste beschafft werden. Ein in Frankreich hergestellter Samt bedeckt den Altarschrank. Für die fehlenden Silberteile wurden 28 Kilogramm Silber verarbeitet. Denkmalschützerin Diana Jedrysik-Skotnicka: „Wichtig für uns war, dass das verwendete Material mit dem historischen übereinstimmt. Besonders schwierig war es, den seidenen Samt zu beschaffen. Heute werden Stoffe anders gewebt. Der Samt, den wir erwerben konnten, ist auf einem schmalen Webstuhl erstellt worden, so wie früher“.
Zurück an alter Stelle
Nun ist der Silberaltar an den historischen Platz neben die Ruhestätte seines Stifters zurückgekehrt. „Neben dem Hauptaltar sind die Gebeine des Fürsbischofs von Jerin begraben. Sein Grabmal mit seiner Abbildung wurde so ausgerichtet, dass er auf seinen Altar schaut. Eine Zeit lang schaute er auf einen anderen Altar; aber jetzt guckt er wieder auf sein gestiftetes Meisterwerk, den Silberaltar, der hier nach 75 Jahren wieder steht“, so Domprobst Cembrowicz. Die Nachkriegsgenerationen kennen nur den spätgotischen „Ersatzaltar“, den sogenannten „Lübener Altar“, weil er in der Kirche in Lüben (Lubin) stand. Doch bereits vor dem Krieg kam er ins Breslauer Museum und nach Kriegsende in die Kathedrale. Nun kommt er in die Kreuzkirche auf der Breslauer Sandinsel. Chris W. Wagner