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Im Geiste des weltlichen Panarabismus gründete Ahmad al-Shukeiri vor 60 Jahren in Ost-Jerusalem die PLO
Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser gehörte zu den Leitfiguren des arabischen Nationalismus und verfolgte die Vision von einer geeinten arabischen Nation vom Atlantik bis zum Persischen Golf. Um deren Umsetzung voranzutreiben, initiierte er im Januar 1964 eine Gipfelkonferenz der Arabischen Liga in Kairo, in deren Verlauf sein enger Vertrauter Ahmad al-Shukeiri den Auftrag erhielt, eine politische Dachorganisation für alle Palästinenser namens Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) zu schaffen.
Deren offizielle Gründung erfolgte bald darauf während der konstituierenden Sitzung des als Exilparlament fungierenden Palästinensischen Nationalrates (PNC) im damals noch jordanisch kontrollierten Ost-Jerusalem, die vom 28. Mai bis zum 1. Juni 1964 dauerte. Vorsitzender des Nationalrates und der Befreiungsorganisation wurde al-Shukeiri.
Auf der Sitzung sagte er zu den 422 Delegierten aus Jordanien, Syrien, dem Libanon, dem Gazastreifen, Ägypten, Katar, Libyen, Kuweit und dem Irak, es sei nun „an der Zeit ... Palästina von den Juden zu befreien“. Später wurde er im Interview mit der libanesischen Zeitung „Al-Yawm“ noch deutlicher: Wer von den Juden „auch immer überlebt, kann in Palästina bleiben, aber meiner Meinung nach wird niemand am Leben bleiben“. Ähnlich klar sind die Aussagen in der auch PLO-Charta genannten Palästinensischen Nationalcharta, die von al-Shukeiri verfasst und vom Nationalrat bei seinem Gründungstreffen beschlossen worden ist: Der PLO obliege der „bewaffnete Kampf“ gegen den „völlig illegalen“ Staat Israel, dessen Endziel darin bestehe, „den Zionismus in Palästina auszutilgen“.
Radikalisierung des Widerstands
Allerdings kam dieser Kampf nicht so in Gang wie erhofft. Vielmehr erlitten die arabischen Unterstützer der PLO im Sechstagekrieg vom 5. bis 10. Juni 1967 eine vernichtende Niederlage. Daraus resultierte das dreifache „Nein“ der Arabischen Liga auf ihrer Gipfelkonferenz am 29. August und 1. September 1967 in Khartum: „Nein zum Frieden mit Israel! Nein zur Anerkennung Israels! Nein zu Verhandlungen mit Israel!“
Da das Renommee von al-Shukeiris Schirmherr Nasser seit dem Sechstagekrieg angeschlagen war und er sich mit den anderen arabischen Führern zerstritten hatte, musste der erste PLO-Vorsitzende im Dezember 1967 seinen Rücktritt einreichen. Sein Nachfolger wurde der Anwalt Yahya Hammouda. Der plädierte für Mäßigung im Umgang mit Israel, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
Denn nun trat die Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas (Fatah) auf den Plan. Sie lieferte sich im März 1968 eine regelrechte Schlacht mit israelischen Streitkräften und gewann dadurch erheblich an Popularität. Das führte dazu, dass ihr Mitgründer und Anführer Jassir Arafat am 4. Februar 1969 neuer Vorsitzender der PLO wurde. Fast ein Vierteljahrhundert lang prägte er die Politik der Organisation.
Unter Arafat verfolgte die PLO das Ziel der Errichtung eines säkularen Staates Palästina in den Grenzen des alten britischen Mandatsgebietes von 1920, zu dem auch Jordanien gehörte. Da sie dabei unverhüllt auf Gewalt setzte, schlossen sich ihr bald zahlreiche andere weltliche militante palästinensische Untergrundgruppen wie die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) an.
Die Radikalisierung der PLO führte zu innerarabischen Konflikten. Im September 1970 wurde sie nach einem Attentat auf König Hussein I. aus Jordanien vertrieben, und im Libanon machte sich die PLO später ebenso verhasst wie in Syrien. So bezeichnete der syrische Verteidigungsminister Mustafa Tlas Arafat als „Sohn von 60.000 Huren“.
Islamisierung des Widerstands
Ungeachtet all dessen und trotz ihrer zahlreichen Anschläge gegen Israel und die westlichen Unterstützer des jüdischen Staates wurde die PLO 1974 von der Arabischen Liga und den Vereinten Nationen als „einzig rechtmäßiger“ beziehungsweise faktischer Vertreter des palästinensischen Volkes anerkannt. Daraus resultierte auch eine weitere Alimentierung der Organisation durch die arabischen Staaten. Parallel hierzu finanzierte sich die PLO aus illegalen Geschäften und häufte bis 1993 ein Vermögen von bis zu zehn Milliarden US-Dollar an.
Zu diesem Zeitpunkt war ihr Stern indes schon im Sinken begriffen. Der Abstieg begann während der Ersten Intifada von 1987 bis 1993. Während die PLO zum Ende des bürgerkriegsähnlichen Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern den Ausgleich mit Israel suchte und im Gegenzug Zugeständnisse im Hinblick auf die palästinensische Autonomie im Westjordanland sowie dem Gazastreifen erhielt, lehnten Gruppierungen wie die nach dem Beginn der Ersten Intifada als Zweig der Muslimbruderschaft in Gaza gegründete Islamische Widerstandsbewegung (Hamas) konsequent jeglichen Ausgleich ab, was ihnen wachsende Popularität verschaffte.
Der Ausbruch der Zweiten Intifada im September 2000 nach dem Scheitern weiterer Friedensverhandlungen zwischen der PLO und Israel bewirkte eine zusätzliche Erschütterung der Machtposition der PLO zugunsten radikalerer Palästinenserorganisationen. Geschwächt wurde die PLO auch durch den Tod ihres einflussreichen Vorsitzenden Arafat am 11. November 2004.
Arafats Nachfolger als PLO-Vorsitzender und Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) wurde Mahmud Abbas, der seit 2008 zudem Präsident des von vielen westlichen Staaten und Israel nicht anerkannten Staates Palästina ist. In die beiden letztgenannten Ämter gelangte Abbas durch seinen überragenden Sieg bei den Wahlen vom 9. Januar 2005 beziehungsweise die Ernennung durch den Palästinensischen Nationalrat, mittlerweile das oberste legislative Organ der PLO, am 23. November 2008.
Mittlerweile agiert Abbas jedoch wie ein Autokrat. In Ermangelung eines funktionierenden Parlaments erlässt er selbst Gesetze und verschiebt seit 2012 sämtliche Wahlen auf unbestimmte Zeit. Das wiederum bewog die Hamas zu der Behauptung, die PLO sei nicht mehr legitimiert, das palästinensische Volk zu vertreten, woraufhin diese konterte, die Hamas habe durch ihr „Abenteuer vom 7. Oktober 2023“ die „Rückkehr der israelischen Besatzung in Gaza verursacht“.