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Europa

Eine Union am Scheideweg

Während die Europäer mit der Corona-Pandemie kämpfen, fordert der Finanzminister, die Krise für eine Vertiefung der Gemeinschaft zu nutzen

René Nehring
26.05.2020

Jetzt wird es grundsätzlich. Als in der vergangenen Woche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ihre Initiative „zur wirtschaftlichen Erholung Europas nach der Corona-Krise“ verkündeten, war bereits zu vermuten, dass mehr hinter dem Vorschlag steckt als der Wunsch, den am stärksten von der Pandemie betroffenen Sektoren und Regionen zu helfen.

In einem Interview mit der „Zeit“ erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz denn auch, die Krise nutzen zu wollen, „um die EU fortzuentwickeln“. Dabei berief er sich auf keinen Geringeren als Winston Churchill und dessen Ausspruch „Never let a good crisis go to waste“ (sinngemäß: „Verschwende niemals eine gute Krise“).

Dass Scholz in der Tat Großes beabsichtigt, zeigte sich ein paar Sätze später, als er eine europäische Fiskalunion anregte und dabei Bezug nahm auf Alexander Hamilton, der als erster US-Finanzminister 1790 nicht nur die Schulden der einzelnen Bundesstaaten übernahm, sondern auch Kompetenzen für die Bundesregierung in Washington durchsetzte, gemeinsame Einnahmen erheben zu dürfen – und damit einen wesentlichen Grundstein dafür legte, dass sich die USA von einem Staatenbund zu einem Bundesstaat entwickelten. Klarer kann ein Politiker kaum zum Ausdruck bringen, was ihm vorschwebt. Ohne inhaltliche Begründung führte denn Scholz auch weiter aus, dass die EU seiner Meinung nach noch stärker zusammenwachsen müsse, um in der Welt des 21. Jahrhunderts bestehen zu können.

Eines freilich hat Scholz nicht erklärt: Welche Probleme die EU besser lösen können soll als die Nationalstaaten. Ohne Frage würde eine Kompetenzverlagerung hin zur EU eine stärkere Zentralisierung von Entscheidungsprozessen nach sich ziehen. Dass dies zu einem besseren Agieren in Krisen wie der gegenwärtigen – die ja als Begründung für die aktuellen Vorschläge dient – führen wird, darf bezweifelt werden. Schließlich sind Länder wie Italien und Frankreich (die derzeit die größten Schwierigkeiten haben), zentralistisch geführt; während sich die föderativen Strukturen der Bundesrepublik gerade bewähren.

Nicht zuletzt unterschlagen die Ideen des Finanzministers die emotionale Dimension einer Staatswerdung der EU und die damit verbundene Frage, ob die europäischen Nationen überhaupt einen Bundesstaat wollen. In den bisherigen Referenden zu den diversen Einigungsschritten hatten Franzosen, Niederländer und Dänen jedenfalls wiederholt „Nein“ gesagt.


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Kommentare

H. Schinkel am 28.05.20, 18:12 Uhr

Natürlich fordert Olaf Scholz noch mehr Europa. War es doch die SPD die 1925 schon in der Heidelberger Erklärung von den "Vereinigten Staaten von Europa" geträumt haben. Und das soll auch nach dem Willen der SPD bis 2025 umgesetzt sein.

Warum pumpt Merkel denn sonst soviel Geld nach Brüssel? Merkel ist, als ausgewiesene Deutschlandhasserin, der perfekte Erfüllungsgehilfe der SPD.

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