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Meister der Tierplastiken – Ein hessisches Museum präsentiert dauerhaft Werke von August Gaul
Zu den Wahrzeichen von Königsberg gehört die 1912 aufgestellte Plastik der „Kämpfenden Wisente“, die dort noch heute unversehrt in der Hufenallee [Prospekt Mira] steht. Sie stammt von dem Tierbildhauer August Gaul, dem im Hanauer „Museum Großauheim“ eine kleine Dauerausstellung gewidmet ist.
Gaul wurde 1869 als Sohn eines Steinmetzes im vormals kurhessischen Großauheim geboren, das drei Jahre zuvor preußisch geworden war. Ausgebildet wurde er an der Königlichen Zeichenakademie Hanau und an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin. 1894 war es ihm möglich, zum Meisterschüler des Bildhauers Reinhold Begas aufzusteigen und an der Gestaltung des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals auf der Berliner Schlossfreiheit mitzuwirken.
Begas war zu dieser Zeit ein Künstlerstar, dessen Pathos vor allem von Kaiser Wilhelm II. geschätzt wurde. Zahlreiche öffentliche Denkmäler und Brunnen jener Jahre stammen aus seiner Hand, so die Berliner Anlagen für Schiller, Alexander von Humboldt und Bismarck sowie der berühmte Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus. Das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal wurde nach 1945 von den Sowjets abgerissen. Einzig die von Gaul geschaffenen Löwenfiguren am Sockel blieben erhalten und finden sich heute im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde. Am Berliner Bismarck-Denkmal stammt zudem ein „bezwungener Leopard“ von Gaul.
1898 gehörte er neben Max Liebermann und Fritz Klimsch zu den Gründungsmitgliedern der „Berliner Sezession“. 1908 wurde er Professor der Akademie der Künste, 1921 Senator der Akademie, starb aber kurz darauf überraschend.
Gaul wurde von seinen Zeitgenossen als zurückhaltend und bescheiden beschrieben. Sein Interesse an der Tierwelt entstand durch den Gewinn einer Dauerkarte für den Berliner Zoo. Zu diesem Zeitpunkt war die künstlerische Beschäftigung mit Tieren im Kulturbetrieb nur wenig anerkannt. Hinzu kam Gauls frühe Abwendung vom neobarocken Stil der Kaiserzeit und die Aufnahme einer reduziert-formalen Gestaltung. Ohne Rücksicht auf menschliche Repräsentationsbedürfnisse lag der Fokus seiner Arbeiten auf den Wesensmerkmalen des dargestellten Tieres.
Gaul schuf im Laufe seines künstlerischen Schaffens nicht nur Großfiguren, sondern auch Klein- und Kleinstformate, die teils zur Verzierung von Alltagsgegenständen, wie etwa Schalen und Türbeschlägen, Verwendung fanden. Die Großauheimer Dauerausstellung zeigt vor allem solche Kleinplastiken, die die Darstellungsfülle Gauls auffächern: Affen, Enten, Bären, einen schreitenden Strauß und eine wachsame Löwin.
Museum Großauheim, Pfortenwingert 4, 63457 Hanau, geöffnet sonnabends und sonntags von 11 bis 17 Uhr, Eintritt: 4 Euro.