23.04.2025

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Auch nach 35 Jahren besteht in den Einkommensverhältnissen zwischen Ost und West keine Einheit
Bild: picture alliance/dpa/dpa-infografik GmbH| dpa-infografik GmbHAuch nach 35 Jahren besteht in den Einkommensverhältnissen zwischen Ost und West keine Einheit

Gehälter

Einkommens-Plus im Land – mit großen Unterschieden

Ausbildung und Kompetenz zählen – Ost-West-Unterschied besteht weiterhin

Peter Entinger
22.04.2025

Die Inflation sank zuletzt etwas, und die Gehälter steigen langsam an. Die Lage in den bundesdeutschen Geldbeuteln könnte sich eigentlich entspannen – eigentlich. Wie das Statistische Bundesamt nun bekannt gab, lag der mittlere Bruttojahresverdienst 2024 in Deutschland einschließlich Sonderzahlungen bei 52.159 Euro. Somit verdiente die Hälfte der Beschäftigten mehr als diesen Betrag oder aber deutlich mehr, während die andere Hälfte weniger erhielt.

Wie das Amt weiter mitteilte, erzielte das oberste Prozent der Vollzeitbeschäftigten 2024 einen Bruttojahresverdienst von 213.286 Euro oder mehr – und damit rund viermal so viel wie der Durchschnitt. Die zehn Prozent am unteren Ende der Verteilung erhielten 32.526 Euro brutto oder weniger. Der durchschnittliche Bruttojahresverdienst einschließlich Sonderzahlungen aller Vollzeitbeschäftigten gemessen am arithmetischen Mittel betrug 62 235 Euro brutto. „Der Unterschied zum Median von 52.159 Euro verdeutlicht, dass besonders hohe Verdienste den Durchschnittsverdienst nach oben beeinflussen. Werden alle Vollzeitbeschäftigten nach der Höhe ihres Bruttojahresverdienstes sortiert, gibt der Perzentilwert an, wie viel Prozent der Beschäftigten einen Verdienst kleiner oder gleich dem Wert hatten“, heißt es in einer Erklärung.

Lag der Verdienst im Jahr 2024 beispielsweise bei 42.000 Euro, verdienten rund 30 Prozent der Vollzeitbeschäftigten gleich viel oder weniger. Mit einem Verdienst von 66.000 Euro gehörte man zu den 30 Prozent mit den höchsten Verdiensten. Im Schnitt wollen Unternehmen in Deutschland die Gehälter 2026 um 3,8 Prozent erhöhen. Dies geht aus einer Befragung der Unternehmensberatung Kienbaum hervor. Die höchsten Gehaltssteigerungen prognostiziert Kienbaum für das laufende Jahr im Gesundheitswesen, in der Telekommunikationsbranche, bei Versicherungen und in der Chemieindustrie. Hier seien Gehaltserhöhungen von vier bis fünf Prozent drin.

Mieten fressen das Gehalt
„Ob man mehr, weniger oder ähnlich viel Gehalt bekommt, hängt von einigen Faktoren ab. Grundlegend dabei ist das Berufsfeld“, erklärt der Experte für Arbeitsmarkt-Politik Claus Schnabel von der Universität Erlangen-Nürnberg und fügt hinzu: „Eine Branche, der es gut geht, kann natürlich auch mehr bezahlen als eine, die keine großen Gewinne macht. Und auch Angebot und Nachfrage spielen eine Rolle: Wenn Arbeitskräfte irgendwo knapp sind, dann verdienen sie dort meist auch mehr.“ Die Arbeitnehmer in Hessen waren 2024 im Übrigen die Topverdiener im bundesweiten Vergleich. Angestellte im Osten – mit der Ausnahme von Berlin – verdienten am wenigsten.

Doch nicht automatisch bedeutet mehr Gehalt auch mehr Glück. Zumindest in Sachen Gehaltszufriedenheit heißt der Spitzenreiter Baden-Württemberg. Am unzufriedensten sind die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern. Das geht aus einer weiteren Befragung hervor, die das Portal kununu veröffentlichte. In der Rangliste der Großstädte liegen München und Frankfurt wenig überraschend an der Spitze. Lebenshaltungskosten relativieren allerdings das Gehalt: Auf dem Land bleibt oft mehr Netto übrig, trotz geringerer Löhne. Ein realistischer Vergleich muss daher die Kaufkraft berücksichtigen. Großstädte wie Frankfurt oder München bieten zwar höhere Gehälter, jedoch verbrauchen hohe Mieten und Lebenshaltungskosten einen Großteil des Einkommens. Länder im Osten wie Sachsen-Anhalt haben übrigens geringere Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, während die Lohnlücke in Bayern oder Baden-Württemberg größer ist.

Ärzte bleiben Top-Verdiener
Generell sind die Gehaltsunterschiede zwischen West und Ost immer noch beachtlich. Besonders im Handwerk und Ingenieurwesen sind die Lohnunterschiede auffällig, wobei Handwerker in Baden-Württemberg über 9000 Euro pro Jahr mehr verdienen als in Mecklenburg-Vorpommern. „Der regionale Preisindex schwächt die Wirkung niedrigerer Löhne im Osten teilweise ab, jedoch gibt es auch teure Städte wie Dresden, Potsdam oder Jena, die über dem Preisniveau einiger westlicher Städte liegen“, heißt es hierzu bei der Unternehmensberatung Step­stone. Ein Grund liege demnach aber auch in der fehlenden Tarifbindung in vielen Unternehmen im Osten. „Was hinzukommt, sind die divergierenden Betriebsgrößenstrukturen sowie, daraus abgeleitet, die niedrigere Wirtschaftskraft der Betriebe in Ostdeutschland“, heißt es.

Neben der Branche haben besonders Berufserfahrung und Ausbildung großen Einfluss auf die Höhe des Gehalts. Je höher der Abschluss, desto höher der Verdienst. Ärzte sind demnach absolute Spitzenverdiener in Deutschland. Das Jahresgehalt liegt im Median bei 98.750 Euro. Damit verdient die Berufsgruppe fast das Doppelte eines durchschnittlichen Arbeitnehmers. Die niedrigsten Gehälter gibt es laut Stepstone hingegen in der Branche Hotel, Gastronomie und Catering und in dem Bereich Land-, Forst- und Fischwirtschaft sowie Gartenbau. Das durchschnittliche Jahresgehalt in der Hotellerie in Deutschland liegt bei rund 30.900 Euro brutto.


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