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Das Porträt Immanuel Kants beendet seine Reise in Lüneburg
Immanuel Kant ist der wohl berühmteste Ostpreuße. Sein Name macht die Region unsterblich. Für die Philosophie ist er ungefähr das, was ein Mozart oder Beethoven für die Musik ist: ein Klassiker. Zur Pop-Ikone wurde Kant nie, obwohl er Potenzial dazu hat. Zu keinem Philosophen wird heute mehr veröffentlicht. Und zu sehen ist er nun in Lüneburg. Hier hängt sein weltweit wohl bekanntestes Porträt.
Bequem sitzt er da, in fast stehender Haltung, seinen linken Arm locker auf den Schreibtisch gestützt. Das Format ist klein, und klein war auch der große Denker: nur 1,57 Meter. Die adrette Kleidung zeigt den Mann von Welt, Kant liebte Gesellschaften. Im Hintergrund sieht man Tintenfass und Globus, Kant bezeichnete Philosophen gern als „Weltweise“.
Rätsel um den Maler Doebler
Gesehen hat er diese Welt bekanntlich nie, er blieb seiner Heimatstadt Königsberg stets treu. Wer ihn malen wollte, musste zu ihm kommen. So auch Gottlieb Doebler, ein Berliner Maler. Auf ihn geht unser Lüneburger Porträt zurück. Dieser Doebler ist eine rätselhafte Person: Vier Jahre nach der Sitzung mit Kant soll er sich 1795 umgebracht haben, gleichzeitig hängt in Schloss Grunewald nahe Berlin ein Bild, das er etwa fünfzehn Jahre nach seinem Selbstmord malte. Erstaunlich. Das Ostpreußische Landesmuseum besitzt von seiner Hand Porträts der Elbinger Familie Pott aus dem Jahre 1795. Ebenso rätselhaft wie der Maler ist auch die Herkunft des Bildes.
Es beginnt wie im Roman: Das berühmteste Kant-Porträt, ursprünglich im Besitz der Königsberger Freimaurer-Loge „Zum Todtenkopf und Phoenix“, wird im Krieg zerstört – dachte man. Da taucht es zehn Jahre nach dem Krieg wieder auf, nein: Es ist eine Kopie, eine Kopie, von der bislang niemand wusste, eine alte Kopie, vielleicht vom Maler selbst, vielleicht aus dem 18. Jahrhundert für einen Schüler von Kant geschaffen, die Schrift auf der Rückseite lautet: „P. Kiesewetter angehörend.“ Vielleicht meint „P.“ Professor Johann Gottfried Karl Christian Kiesewetter, er wurde Kants Meisterschüler.
Ganze 150 Jahre der Geschichte des Bildes liegen (noch!) im Dunkeln, erste Nachforschungen ergaben kaum Ergebnisse. Eine Liebesgeschichte, dergleichen ja in keinem Roman fehlt, ist (noch?) nicht belegt, bekannt nur, dass die Amerikaner das aufgetauchte Bild zwar der Münchner Staatsgemäldesammlung zum Kauf anboten, es am Ende aber nach New York verbrachten. Posthum wird Kant also doch noch zum Globetrotter.
Bald gelangte das Bild dank engagierter Alt-Königsberger nach Deutschland zurück, nach Duisburg in das damalige Museum Stadt Königsberg. Nachdem es dort jahrzehntelang die Betrachter in den Bann zog, gelangte es nun – zusammen mit der restlichen Sammlung des aufgelösten Museums – 2016 nach Lüneburg.
Das Besondere an dem Bild
Doch warum all die Reisen, was macht das Bild so berühmt? Erstens haben sich nur wenige Porträts von Immanuel Kant erhalten, vor allem aber zeigt unser Porträt wie kein zweites den ganzen Kant: Den gründlichen Systematiker und den Menschenfreund, der in der weichen braunen Farbigkeit etwas altmodisch, doch sehr herzlich wirkt. Dies Schwanken zwischen Strenge und Wärme macht den Reiz des Bildes aus – und auch den Reiz von Kant als Philosophen.
Wer immer also unser Porträt im Kant-Artikel auf Wikipedia als Hauptbild eingestellt hat, tat das sehr klug. Nur die Standortangabe haben wir noch hinzugefügt: Ostpreußisches Landesmuseum, Lüneburg.
Geplante Dauerausstellung
2024 wird anlässlich seines 300. Geburtstags am Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg erstmals eine Dauerausstellung zu Immanuel Kant in einem eigenen Anbau eröffnet. Der europaweite Architektenwettbewerb wurde kürzlich ausgerufen. Unter dem Arbeitstitel „Immanuel Kant und der Geist der Aufklärung“ werden Leben und Werk des Philosophen vor allem aber die aktuelle Bedeutung seines Denkens einem breiten Publikum anschaulich und interaktiv präsentiert werden.
• Ostpreußisches Landesmuseum mit Deutschbaltischer Abteilung und Brauereimuseum, Heiligengeiststraße 38,
21335 Lüneburg, Telefon (04131) 759950, Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr. Bitte buchen Sie vorab einen Termin und tragen Sie eine FFP2- oder eine medizinische Maske während des Aufenthaltes im Museum.
E-Mail: info@ol-lg.de,
Internet:www.ostpreussisches-landesmuseum.de