07.02.2025

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Winterabenteuer auf den großen Seen
Bild: Great LakesWinterabenteuer auf den großen Seen

Eisfischen

Eiszeit in den USA

Petri Heil bei Frost und Schnee – Ein Winterabenteuer auf den Großen Seen in Minnesota

Manfred Lädtke
01.02.2025

Ein graues Nichts zieht an den Autofenstern vorbei. Kritsch, kratsch, wehren sich die Scheibenwischer gegen dicke Schneeflocken. Es ist „Eiszeit“ in Minnesota. Wenn die Großen Seen im nördlichen Mittleren Westen der USA zufrieren, dann beginnt im „Land der 10.000 Seen“ die etwas andere Angelsaison.

Monoton surrt der Van über den pfeilgeraden Highway 169. „Vom Flughafen bis zum Mille Lacs Lake fahrt ihr höchstens zwei Stunden“, hatte die freundliche Dame vom Autoverleih in Minneapolis dem Anglerteam aus Deutschland versprochen. Von November bis Februar dient der 50 bis 80 Zentimeter dicke Eisdeckel auf den zugefrorenen Seen als „Bauland“ für eine Budenstadt. Angler entwerfen Straßen und geben dem Eis Namen wie „Hechtplatz“ oder „Fischboulevard“. Familien und Pärchen feiern in 5000 Hütten Partys und Feste. Nur die Fischer interessieren sich für das, was unter dem Eis passiert. Ihr Jagdfieber gilt einer Fischgattung, die im Amerikanischen „Walleye“ heißt.

Bis zu einem Meter groß und zehn Kilogramm schwer wird der Hechtbarsch aus der Zanderfamilie. Wegen seines delikaten Innenlebens ist der zähe Kämpfer eine Herausforderung für jeden Petrijünger. Verliert der Fisch das Duell, landet er auf dem Teller.

Am nächsten Morgen wartet Aaron mit seinem Truck vor dem Hotel. „Steppjacken liegen im Laderaum“, deutet der Touristenführer auf den mobilen Geräteschuppen mit Angelzubehör. Nach 20 Minuten rumpelt der Geländewagen auf den Mille Lacs Lake. Das Fahrzeug schaukelt durch Spurrinnen aus Eis und Matsch. Allmählich verliert sich der Pfad in der Weite des in eisiger Narkose erstarrten Binnensees. Schneekristalle gleißen diamanten im Sonnenlicht. Weit draußen, wo sich Himmel und Schnee zu einem Rendezvous treffen, kündigen sich die ersten Buden wie kleine Legosteine an.

Die Einrichtung ist spartanisch: Gasofen, Kocher, Tisch, Geschirrschrank, Stühle und drei Doppelbetten. Acht Wasserlöcher laden ein zum Angeln. Unter jagderprobten Fischern zwar nicht aller Ehren wert, bei jungen Paaren, die in den Flitterwochen sind, jedoch sehr beliebt ist die Plüsch-Variante des Eisfischens, bei der von der Schlafkoje aus die Angelschnur ins Wasser gehalten wird.

Wie türkisfarbenes Glas schimmern die 40 mal 40 Zentimeter großen Löcher im ausgesägten Holzboden. Auf einem Minimonitor beobachten die Männer das Treiben im Wasser. Statt eines tollen Hechts beißen aber nur viele kleine Fische an. Immerhin, das Abendessen ist gesichert. Am Lagerfeuer schmeckt der gegrillte Fang mit wildem Reis serviert am besten.

Hinter Wolkenschleiern lugt die bleiche Sichel des Mondes hindurch. Die Reflexion des Schnees lässt das Licht über der weißen Wüste jedoch wie eine Festbeleuchtung strahlen. Plötzlich geistern Lichtkegel von Taschenlampen über den steifen See. Nachbarn von Hütte 31 gesellen sich ans Feuer. Ein alter Fischer spinnt „Seemannsgarn“ über die aus Sagen bekannte Holzfällerfigur Paul Bunyan und seinen blauen Ochsen Babe. Das legendäre Riesen-Paar soll mit seinen Fußabdrücken die Großen Seen hinterlassen haben. Und in den „Honky Tonk“-Liedern am See kursiert die Geschichte von zwei Fischern. Sie hatten in einem Schneesturm auf dem Eis die Orientierung verloren. Als man beide nach fünf Tagen fand, äußerten sie einfach nur den Wunsch nach Schnaps und Bier.

Nie waren Erzählungen von Indianern, Jägern und wilden Tieren spannender als in dieser Winternacht. Dann steht der Alte auf und zeigt bedeutsam über den See: Früher seien Sioux und Chippewa die Herren von Minnesota gewesen. Die Indianer hätten die Eislöcher damals mit Speeren gebohrt. Rund um das Loch legten sie auf Tannenzweige Felle und bauten darüber ein kleines Zelt. Dann hätten sie sich mit dem Gesicht über das Eisloch auf die Lauer gelegt. Das an der Westseite des Sees gelegene Indian Museum erzählt die Geschichte(n) der Ureinwohner Minnesotas.

Ein „verrücktes Paar“
Nach drei Tagen Holiday on Ice wäre es fast geglückt, einen „Walleye“ in die Hütte zu hieven. Fast, denn dem gerissenen Prachtexemplar war es gelungen, die Nylonleine durchzubeißen. Die Gruppe stapft zu weiter entfernten Fanggründen über das aalglatte Eis. Tauwetter setzt ein. Das Klima hat Amerikas „Kühlschrank“ über Nacht abgeschaltet.

Aaron wuchtet seinen brusthohen Eisbohrer mit Rasenmähermotor vom Schlitten. Knirschend frisst sich der riesige „Korkenzieher“ in das Eis. Wenig später lauern die Fischer an vier Eislöchern auf den „Big Deal“. Langsam schleicht sich der Abend über die polare Szenerie. Nur der Wind weht manchmal fernes Geknatter von Schneemobilen herüber, die der dichte Nebel verschluckt hat. Endlich zuckt eine Schnur. Die Angelrute biegt sich, weiter, immer weiter. Der Fisch kämpft um sein Leben, will fliehen, zerrt und zieht, hat aber keine Chance. Mit einem Ruck landet der goldglänzende „Walleye“ im Schnee.

Der Angler wirft einen prüfenden Blick auf den Fang und schüttelt den Kopf. Vorsichtig entfernt er den Haken, um die lebenswichtige Schleimschicht des Fischs nicht zu verletzen. Dann gibt er dem Zander die Freiheit zurück. „Vorschrift“, erklärt Aaron. Glasaugenbarsche unter 64 Zentimetern müssen in den See zurück. Als ein Angler versucht, die sicher geglaubte Beute mit der Kamera festzuhalten, schwimmt der Fisch längst wieder in seinem Element. Pech gehabt. Fast so, wie die Schauspieler Walter Matthau und Jack Lemmon in dem Spielfilm „Ein verrücktes Paar“ („Grumpy Old Men“) beim Eisfischen in Minnesota.

Deren Filmauftritt nahe Wabasha hat das alte Indianerstädtchen inspiriert, jedes Jahr im Februar ein Grumpy-Old-Men-Festival aufs Eis zu stellen. Zwar ohne das inzwischen verstorbene Duo Matthau & Lemmon, aber dafür mit jeder Menge mürrischer alter Männer beim Eisangeln, versichern die Veranstalter.

Hütten ab zirka 200 Dollar pro Tag. Kontakt: Great Lakes of North America, c/o Travel Marketing Romberg, Schwarzbachstr. 32, 40822 Mettmann bei Düsseldorf, www.greatlakes.de. Auskunft in den USA: Mille Lacs Area Tourism, www.millelacs.com. Grumpy-Old-Men-Festival vom 21. bis 22. Februar: www.Exploreminnesota.com


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