Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Wegen Ruhm: Golfstaaten locken junge Afrikaner für kurze Erfolge ins Land und schieben sie dann wieder ab
Am arabischen Golf blüht der Handel mit Spitzensportlern aus Ostafrika, die für ihre Käuferstaaten Medaillen und internationales Ansehen gewinnen sollen – allen voran für das Königreich Bahrain.
War das Emirat Oman jahrhundertelang führend im grausamen Geschäft des Sklavenhandels und wurde dadurch reich, so breitet sich heute in derselben Region eine andere Art lukrativen Menschenhandels aus: der mit Spitzensportlern. Tausende ostafrikanischer Spitzensportler, aus den armen Ländern Äthiopien, Somalia und Kenia werden jedes Jahr in die Golfstaaten verkauft, um für ihre superreichen arabischen Golfstaaten Medaillen und Ruhm zu gewinnen. Für die Sportler, die bei Erfolgen maximal hoffen können eingebürgert zu werden, bleibt neben einem eher geringen Einkommen für ein paar Jahre, meistens aber nur die Abschiebung, wenn sie sich verletzen, älter werden oder wenn der Erfolg ausbleibt.
Der kleine Golfstaat Bahrain hatte bis vor wenigen Jahren keine bedeutende Rolle im internationalen Sport. Seine erste Olympiateilnahme war 1984. Während die Nachbarländer Saudi-Arabien und Katar den Fußball als Investitionsmöglichkeit zur Geldanlage nutzten, entdeckte Bahrain die Leichtathletik, um sich einen Namen zu machen. Sport ist in Bahrain genau wie die undurchsichtigen Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen der Monarchie alleiniger Herrschaftsbereich der Familie Al-Khalifa. Das Olympische Komitee, die Verbände und Vereine gehören zum königlichen Machtapparat. Ein Halbbruder des Kronprinzen leitet das Olympische Komitee. Auf ihn gehen die verstärkten Investitionen Bahrains in diverse Zweige der Sportindustrie seit dem Jahr 2000 zurück. Unter seiner Leitung wurde das Olympische Komitee von Bahrain zu einem Instrumentarium für die Einbürgerungspolitik des Königsreichs.
Bahrains Gold aus Marokko
Vor den Afrikanern wurden zunächst sunnitische Araber aus anderen arabischen Staaten als Sportler eingebürgert, um die Mehrheit der Schiiten, die dem sunnitischen Königshaus kritisch gegenüberstehen, irgendwann einmal durch eine sunnitische Mehrheit zu ersetzen. Die Mittelstreckenläufer Abdul Haq Al-Qurashi und Rashid Ramzi aus Marokko waren in den Jahren 2001, 2002 überhaupt erst die ersten eingebürgerten Afrikaner. Arabische Sportler mischen sich indes auf dem Spielfeld problemlos mit dem einheimischen Kader.
Doch schnell gewannen Athleten von südlich der Sahara die Oberhand. Die aus Äthiopien stammende Maryam Yusuf Jamal brachte 2007 dem Königreich den dritten Weltmeisterschaftstitel in der Leichtathletik ein, nach den ersten beiden Goldmedaillen für Rashid Ramzi zwei Jahre zuvor. Danach reihten sich kenianische Sportler in den Kader des Golfstaats ein.
2016 in Rio de Janeiro nahmen 33 aktive Athleten für Bahrain an Olympia teil, die meisten davon stammten aus Ostafrika. Hier waren es wieder Frauen, die Medaillen gewinnen konnten. Über 3000 Meter Hindernis schaffte die gebürtige Kenianerin Ruth Jebet den ersten Olympiasieg für Bahrain. Mittlerweile sind es Hunderte von Kenianern, Äthiopiern und Somalis, die für Bahrain und Katar an den Start gehen. Denn Bahrain profitiert davon, dass afrikanische Sportorganisationen ihren jungen Leuten keine finanziell lukrative Perspektive bieten können.
Im Roten Meer sterben mehr Migranten als im Mittelmeer
Nirgendwo in der Welt liegt bittere Armut und überreicher Luxus so nah beieinander wie zwischen Ostenafrika und der arabischen Halbinsel. Dies erzeugt seit Jahrzehnten einen Sog von Armutsmigranten über das Rote Meer nach Saudi-Arabien und die Golfstaaten, wo 80 Prozent der Bevölkerung Ausländer sind. Wie viele Migranten im Roten Meer ertrinken oder in der Wüste Saudi-Arabien verdursten oder von Grenzschützern erschossen werden, weiß niemand genau. Es sollen angeblich Zehntausende sein, das jedenfalls haben französische Journalisten ermittelt. Die Migration der Sportler ist von daher privilegiert.
Hargeisa, die Hauptstadt des seit 1991 de facto unabhängigen aber von keinem Staat anerkannten Somaliland, ist dabei zum Hauptumschlagplatz für somalische Sportler geworden, die als Athleten von einer internationalen Karriere träumen. Somaliland hat kein olympisches Komitee. Die Hoffnungen eines Großteils von ihnen richten sich daher auf die Golfstaaten, vor allem Katar und Bahrain.
Die meisten Trainer in den Golfstaaten stammen ebenfalls aus Ostafrika. Der Kenianer Joshua Kiprugut Kemei sucht talentierte Läufer in Somaliland, damit sie „nach Bahrain gebracht werden, um dort einen Vertrag zu unterschreiben“. Auch wenn sie für Bahrain laufen, trainieren ostafrikanische Athleten fast immer in ihren Herkunftsländern, weil dort die Höhenluft für das Laufen geeigneter ist – und das Leben zudem billiger. Nur bei garantierten Erfolgsaussichten erhalten afrikanische Sportler von Bahrain die Staatsangehörigkeit, sonst nur eine befristete Aufenthaltsbewilligung. Wenn die Sportler sich eine langwierige Verletzung zuziehen, werden sie rigoros in ihre Heimatländer abgeschoben.
Auch in Paris gewann wieder eine Kenianerin für den Golfstaat Bahrain eine Goldmedaille und war damit ein aktuelles Beispiel für leider erfolgreichen Menschenhandel in Afrika und Arabien. Die Ausdauerläuferin Winfred Yavi errang die Goldmedaille für das Königreich, im 3000-Meter-Hindernisslauf. Ihre Zukunft? Noch ungewiss.