Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Nach 16 Jahren geht die Amtszeit Angela Merkels in wenigen Tagen zu Ende. Wie die erste „Kanzlerinnenschaft“ der Geschichte dereinst von den Historikern bewertet wird, weiß niemand. Dennoch ist es Zeit für eine erste – ironisch-polemische – Bilanz
Die Frage, als was die langgediente Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Geschichtsbücher eingehen wird, ist noch nicht beantwortet. Als „Friedensstifterin“ und „Klimaretterin“? Oder als Abrissbeauftragte einer einst erfolgreichen Volkswirtschaft und Spalterin einer ehedem halbwegs entspannten und zivilen Gesellschaft?
Wohin auch immer die Waage sich neigt: Ganz gewiss kann man ihr nicht nachsagen, dass ihr in den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft nichts gelungen wäre. Ihr Verdienst um das Abwracken der CDU kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Die einstige Volkspartei der Mitte liegt entmannt und entkernt am Wegesrand und wirkt mittlerweile so geschwächt, dass man zweifeln darf, ob sie sich so bald wieder aufzurappeln vermag. Das hat vor Merkel noch keiner geschafft! (Ende der Ironie)
Die erste Frau im Kanzleramt
Auch den Feminismus hat sie erledigt. Es gilt ja als feministischer Schlachtruf, dass die Frauschaft erst dann gesiegt hat, wenn genauso viele unfähige Frauen Spitzenpositionen besetzen wie Männer. Der Nachweis ist jedoch dank der Kanzlerin so nachhaltig er-bracht, dass Frauen, die es ohne Merkel oder die Quote zu etwas gebracht haben, schamrot in den Boden versinken. So schlimm hatten wir es uns nicht vorgestellt, Schwestern, oder?
Alles Kalkül. Angela Merkel hat schnell begriffen, dass sich zur Entfernung der übriggebliebenen machtlustigen Männer in der CDU nichts besser eignet als die Frauensache. Von Frauen, die von ihr abhängig und ihr unterlegen waren, hatte sie nichts zu befürchten. Mehr Frauen in die Politik? Danke, das bisherige Ergebnis hat nicht überzeugt. Und das wiederum haben wir einer Frau zu verdanken.
Und dann der Bundestag! Das größte Parlament weltweit, also fast. Doch außer unflätigen Zwischenrufen, wenn jemand aus der AfD-Fraktion spricht, hatten die Abgeordneten in all den Jahren wenig bis nichts zu sagen oder gar zu entscheiden. Die Kanzlerin erledigte das Nötige im Schweinsgalopp und später in Kungelrunden mit den Ministerpräsidenten. Sogar das Budgetrecht ließ sich das Parlament nehmen – als es das „Euro-Stabilisierungsgesetz“, das die No-Bail-out-Klausel aus dem Maastricht-Vertrag zur Makulatur machte, 2010 im Eilverfahren durchwinkte. Auch die Verwandlung des Target-Systems in ein Instrument der Haftungsunion wurde im Bundestag nicht debattiert.
Warum denn auch, wenn etwas „alternativlos“ ist? Das Parlament hat gelernt, Konsens zu demonstrieren, was übrigens umso besser gelingt, seit man sich gemeinsam von der einzigen spürbaren Opposition abgrenzen kann, der Schwefelpartei AfD. Dass in der AfD viele von der Merkel-CDU frustrierte Konservative sitzen, die nichts Schlimmeres vertreten als das, was in der CDU vor 2005 Parteilinie war – geschenkt.
Längst vergessene Anfänge
Tatsächlich gab es ja auch bei Angela Merkel einst bedenkliche AfD-Anklänge. Sie gab sich reformfreudig und geradezu marktradikal. Mit der westdeutschen Frauenbewegung hatte sie nichts am Hut, deren Kampf gegen das Patriarchat hielt sie für ein Luxusproblem, in der DDR waren die Frauen schließlich bereits emanzipiert. Legendär war ihr Auftritt 2003 auf dem Leipziger Parteitag, vom dem man in der CDU schon lange nichts mehr wissen will. Oder ihr Auftritt in Düsseldorf ein Jahr später, wo sie Multikulti für gescheitert erklärte und eine deutsche Leitkultur empfahl.
Doch als sie Paul Kirchhof als Schattenfinanzminister ins Spiel brachte, hatte ihr Kon-kurrent, der gewiefte Wahlkämpfer Gerhard Schröder, genug Munition gesammelt und brachte sie mit seiner Aktion „Wärmestrom“ 2005 an den Rand der Niederlage. Merkel sei gefühlskalt, ihr Steuerexperte und Schattenfinanzminister Paul Kirchhof ein zahlenversessener „Professor aus Heidelberg“. Dessen Pläne für eine Steuerreform seien „kalt, unsolidarisch und damit auch unmenschlich“. Das saß. So etwas kommt in einer Gesellschaft nicht an, die Wolfgang Streeck einst „substanzentleert und deshalb sentimentalisierungsbedürftig“ genannt hat.
Erfolgreiche Moralisierung von Politik
Angela Merkel lernte schnell, auch wenn sie die Sache mit den Gefühlen ein wenig üben musste. Und sie nahm Rache – an Gerhard Schröder und der SPD. Am Wahlabend 2005 bezeichnete ein sichtlich unter Einfluss stehender Gerhard Schröder Angela Merkel als „eindeutigen Verlierer“. Allerdings fuhr seine Partei 34,2 Prozent ein (ein Minus von 4,3), während die CDU mit 35,2 Prozentpunkten knapp vorne lag (ein Minus von 3,3). Wir wissen, wer gesiegt hat. Und wem es bis fast zuletzt gelungen ist, die SPD durch geschickte Anverwandlung zu marginalisieren.
Vor allem aber hat Angela Merkel gelernt, wie hervorragend die Moralisierung von Politik funktioniert. Für Volkes Wohl, das sie in ihrem Amtseid zu vertreten versprach, hat der Ersatz von Politik durch Moral allerdings ungute Folgen. 2011 kündigte sie die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke – weil im fernen Japan ein Tsunami das Kühlsystem eines AKW ausfallen ließ. Die Logik dahinter erschließt sich nicht – es gibt ja auch keine, es handelte sich wohl um den Versuch, sich den Wählern der Grünen anzudienen, schließlich stand damals die Wahl in Baden-Württemberg an. Genützt hat's nichts. Dafür kreist der Wahnsinn der sogenannten Energiewende. Bis zum Blackout dauert es nicht mehr lange.
2015 war es wohl die Angst vor hässlichen Bildern, die Angela Merkel entscheiden ließ, die Grenzen gegen einen unkontrollierten Zustrom von Migranten nicht schließen zu lassen. Es ging ja um Höheres: um Menschlichkeit! Dass diese Menschlichkeit an der Leistungsfähigkeit unseres Sozialsystems scheitern könnte – und dass den vielen jungen Männern, die sich eingeladen fühlten (und fühlen), nicht geholfen ist, gut alimentiert zu sein, aber keine Aufgabe zu haben, geschweigen denn eine Bindung ans Land – was zählt das schon. Doch darüber spricht man besser nicht. Denn auch der „Kampf gegen rechts“ ist unter Merkel zum einsamen Höhepunkt gelangt, er richtet sich mittlerweile gegen alles, was nicht auf ihrer Linie ist.
Kann man tatsächlich die Grenzen nicht schließen? Dann kann man sie womöglich im Krisenfall auch nicht schützen? Wäre das nicht aber die eigentliche Aufgabe eines Staates – die innere und äußere Sicherheit zu wahren?
Weibliche Menschlichkeit hat den Frauen in unserem Land nichts Gutes beschert. Auch die Verteidigungsbereitschaft des Landes nach außen unterliegt mittlerweile weiblicher Fürsorge. Ursula von der Leyen wollte einst Uniformen und Schützenpanzer den Bedürfnissen schwangerer Soldatinnen anpassen. Warum? Wollte die Ministerin ernstlich Schwangere in eine militärische Auseinandersetzung schicken? Oder hatte sie längst aufgehört, diesen Notfall auch nur in Erwägung zu ziehen? Letzteres dürfte der Fall sein. Die Bundesrepublik überlässt es anderen, für Schutz vor äußeren Bedrohungen zu sorgen – sofern man sich überhaupt noch dafür interessiert.
Bilanz weiblicher Menschlichkeit
Doch plötzlich ist alles wie verwandelt. Staat und Regierung spielen sich als größte Schutzmacht überhaupt auf. Zwar rollen keine Schützenpanzer, aber die Luftwaffe fliegt bereits. Ja, es ist Krieg, Krieg gegen einen „Erreger“, ein Virus. Grenzen werden geschlossen, die man doch angeblich nicht schließen konnte, aber jetzt sind es Grenzen um jedes einzelne Individuum: Lockdown. Mit aller repressiven Macht kämpft der Staat und trifft damit nicht vor allem den Erreger, sondern seinen möglichen Wirt. Die Panikpandemie hat das Wunder vollbracht, von allem abzulenken, was unter Merkels Ägide in diesem Land schiefgelaufen ist. Der Staat schützt? Jedenfalls nicht vor dem, wovor sich mehr und mehr Bürger fürchten: vor den Folgen einer kurzsichtigen Migrations- und Energiepolitik.
Doch was sind schon die Interessen des Landes und seiner Bewohner gegen all die anderen großen Dinge, denen Angela Merkel sich verschrieben hat, die Rettung der ganzen Welt beziehungsweise des Klimas? Dafür ist zwar eine Bundeskanzlerin schlechterdings nicht zuständig, aber es macht so schön unangreifbar. Wenn es um die Rettung der Welt geht – oder um den Krieg gegen ein Virus – müssen alle zusammenstehen, da gibt es keine Parteien mehr. Oder gar kleinliche Einwände. Und wenn „die Wissenschaft“ spricht, hat die Politik stille zu sein. Das ist alternativlos.
Oder auch: totalitär. Ferdinand Knauß nennt das in seiner hervorragenden Analyse von Merkels Regierungsstil „unpolitische Politik“: Merkel verwische die kategorischen Unterschiede zwischen Politik und privater Moral. Es geht nicht mehr um „richtig“ oder „falsch“, sondern um „gut“ oder „böse“. Gegenrede ist also immer des Teufels.
Aufkommende Re-Politisierung
Bleibt also nichts Gutes von der Ära Merkel? Doch. Die spätestens 2015 wieder einsetzende Politisierung des großen Lümmels Volk. Man wird sehen, ob die neue Ampel-Regierung, die viele fatale Entscheidungen der letzten Jahre fortschreibt, es nicht bald mit Bürgern zu tun bekommt, die nicht Merkel abgewählt haben, um sie durch die Hintertür zurückzubekommen.
Andererseits: Wozu sonst bekommt die Ex-Kanzlerin neun Mitarbeiter, für die – hört, hört – Stellen im Verteidigungsministerium eingespart werden? Das wird teuer. Mit Personalkosten von schätzungsweise 500.000 Euro im Jahr ist zu rechnen – nicht gerechnet Merkels Pension und die Kosten für ihr Büro. Ein veritables Schattenkanzleramt.
Denn, so lautet die Begründung: „Die künftige Bundeskanzlerin a.D. wird nach ihrer Kanzlerschaft im Bundesinteresse liegende Aufgaben wahrnehmen, die aus fortwirkenden amtlichen Pflichten resultieren.“
Fortwirkend? Hilfe!
• Dr. Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Zuletzt erschien „Lob des Normalen. Vom Glück des Bewährten“
(FinanzBuch Verlag 2021).
www.cora-stephan.de
Bernd Voigtländer am 07.12.21, 10:48 Uhr
Das größte Problem ihrer Amtszeit war die gr0ße Anzahl ihrer Anhänger, die anscheinend nicht in der Lage waren und sind, dieses größte aktuelle Problem Deutschlands in seiner Schädlichkeit zu erkennen. Ihre negativen politischen Nachwirkungen werden uns noch über viele Jahre begleiten.
Gregor Scharf am 05.12.21, 15:38 Uhr
Wenn die "Ära Merkel" eines gezeigt hat, dann die forcierte Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland und damit die Zerstörung der Basis zur Lebens- und Überlebensfähigkeit seiner Bevölkerung. Merkeljahre sind gekennzeichnet von Phrasendrescherei und dem Einsatz von Personen in politischen Ämtern ohne jegliche Kompetenzen. Die völlige Talentefreiheit und willenlose Unterwerfung wurde zum Massstab für Anwärter auf einen der zu vergebenden Pöstchen.
Hilf- und wehrlos sieht sich eine zunehmend bedrängte Bevölkerung, die arbeiten soll, bis nichts mehr geht. Die Bundeswehr wurde zur Zirkusnummer und die Einsatzkräfte der Polizei zu Hündchen ohne Zähne. Wer die Ordnung durchsetzen will, bekommt prompt die Entlassungspapiere. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Was für ein Aufwand wird hier betrieben, um das Herz Europas und das Schutzschild der Welt seit über zwei Jahrhunderten zu schwächen bzw. zu zerstören. Nichts anderes kann ich von der äußeren Belagerung und inneren Zersetzung ableiten. Der Wahnsinn hat Methode und lässt sich ein weiteres Mal steigern. Man studiere nur die Inhalte des Koalitionsvertrages. Stellt sich die Frage: Wer hat seinen Nutzen davon, wenn selbst die scheinbar materiell Reichen nichts mehr zu melden haben?