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Der Psychologieprofessor Rainer Mausfeld zeichnet die Entwicklung der Demokratie von der Antike bis in die Gegenwart nach
Grenzenlose Macht führt zu grenzenlosem Machtmissbrauch. Das hat die Geschichte schon oft gezeigt. Deshalb entwickelten die Menschen vielfältige soziale Mechanismen zur Einhegung der Macht. Als besonders wirksam erwies sich bereits in der Antike die egalitäre Leitidee der Demokratie. Allerdings wurde Letztere in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt. Deswegen ist die heutige Gesellschaft durch eine besonders starke Entzivilisierung von Macht gekennzeichnet, die zunehmend in den Abgrund führt. Hierüber berichtet der emeritierte Psychologieprofessor Rainer Mausfeld in seiner brillanten Schrift „Hybris und Nemesis“, welche die Entwicklung des Ideals der Demokratie in den vergangenen 5000 Jahren wie auch der tatsächlichen Machtverhältnisse von der Frühgeschichte bis in die Gegenwart rekonstruiert.
Die wichtigste und aktuell relevanteste These des Buches ist, dass Monopolkapitalismus und Demokratie grundsätzlich unvereinbar seien: Die derzeitige Demokratie stelle eine reine Scheindemokratie dar, die von Großkonzernen und der globalen Finanzelite sowie deren willigen Handlangern in Politik und Medienlandschaft dergestalt gemanagt werde, dass jede Form von Gleichheit zur Illusion gerate. Das ist erst das Thema im dritten und brisantesten Teil des Werkes, in dem Mausfeld zeigt, wie tiefgreifende und gezielte Angriffe auf das menschliche Bewusstsein beziehungsweise kollektive Gedächtnis die Agenda der Mächtigen unter dem Deckmantel der Demokratie vorantreiben sollen.
Dem geht ein erster Teil voraus, in dem der Autor anhand vieler Beispiele schildert, dass der Macht schon immer die Tendenz innewohnte, sich zu festigen und zu erweitern. Darauf folgt der zweite Teil, der beschreibt, wie parasitäre machtausübende Eliten zu allen Zeiten versuchten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden oder gar vollends zu zerstören. Vermutlich wird Mausfeld wie auch schon im Fall seiner vorausgegangenen Publikationen „Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören“ sowie „Angst und Macht – Herrschaftstechniken der Angsterzeugung in kapitalistischen Demokratien“ der Vorwurf gemacht werden, er argumentiere „populistisch“ und „verschwörungstheoretisch“. Aber jeder mündige Leser weiß inzwischen, dass solche Bezeichnungen eher ein Qualitätssiegel sind.
Rainer Mausfeld: „Hybris und Nemesis. Wie uns die Entzivilisierung von Macht in den Abgrund führt. Einsichten aus 5000 Jahren“, Westend Verlag, Neu-Isenburg 2023, gebunden, 510 Seiten, 36 Euro