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Erklären, dass Nation und Staatsangehörigkeit etwas anderes ist

Über die schwierige Trennlinie zwischen Deutschen und oberschlesischen Regionalisten

Chris W. Wagner
16.03.2023

Anfang März diskutierten Regionalisten im Kattowitzer Kino „Kosmos“ über „Regionen als Zukunft Europas“. Eingeladen hatten der Verein Regios und die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen der Woiwodschaft (Ober-)Schlesien. Regios fordert die Anerkennung der (Ober-)Schlesier als ethnische Minderheit und des slawisch-oberschlesischen Dialekts als Regionalsprache.

In Oberschlesien gibt es neben Regios und der Minderheit weitere Organisationen, die Anliegen des Regionalismus vertreten. Dazu gehören die Bewegung für die Autonomie Schlesiens (Ruch Autonomii Śląska), der Schlesische Verein (Ślōnskŏ Ferajna), der Verband Schlesische Perlen (Śląskie Perły), der Oberschlesische Verband (Związek Górnoślaski) und der Verband der Bürger Schlesischer Nationalität (Stowarzyniy Ôsobōw Nŏrodowości Ślōnskij). Für sie alle wolle man eine Plattform zum Gedankenaustausch schaffen, so die Gastgeber.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich Aktivisten der deutschen Volksgruppe – zumindest offiziell – schwertun, eine (ober-)schlesische Nationalität und Sprache zu propagieren oder gar die Autonomiebestrehbungen zu unterstützen. Dies liegt in der Natur der Sache, denn wer sich zum Beispiel in der Volkszählung der (ober-)schlesischen Nationalität zugehörig deklariert, kann sich schwer zugleich als Deutscher definieren. Schließlich hängen Subventionen für Sprach- und Kulturpflege auch von der Größe einer Minderheit ab.

Doch die Regionalistenkonferenz in Kattowitz sollte zeigen, dass man ähnliche Interessen hat: „Viele Angehörige der deutschen Minderheit sind oft auch in anderen regionalen Organisationen aktiv“, sagt Eugen Nagel, stellvertretender Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen der Woiwodschaft (Ober-)Schlesien. Ein Beispiel dafür ist Lukas Giertler. Der Aktivist der Deutschen Minderheit in Bielitz-Biala (Bielsko-Biała) ist zugleich stellvertretender Vorsitzender des Vereins Regios. „Die deutsche Minderheit ist gewillt, die Hand zu reichen, zu sprechen und gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen, wie eben diese wissenschaftliche Konferenz“, so Giertler. Dies bestätigte auch EU-Parlamentarier Łukasz Kohut. Er habe gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Deutschen Minderheit im Vorfeld der letzten Volkszählung (2021) gemacht. „Wir haben Hand in Hand gearbeitet, Aufklärungsarbeit geleistet. Was uns verbindet, ist eine andere als die Warschauer Perspektive“, sagt er.

Für Tomasz Hutsch vom Verein Regios ist eine nationale Stärkung der Minderheiten – auch der ethnischen – als Gegenpool zur Folklorisierung wichtig, die nur zu einer Assimilation führen könne. Er bedauert, dass in der polnischen Sprache bereits das Wort „regional“ eine folkloristische Konnotation hat: „Man spricht von regionalen Trachten, Speisen oder Traditionen. Das Wort ,regional' hat aber keine politisch-soziale Bedeutung, wie es im Westen der Fall ist“, bedauert Hutsch. Łukasz Kohut meint, sowohl die Deutschen in Oberschlesien als auch die Regionalisten hätten eine Mamutaufgabe zu bewältigen. „Menschen in Polen haben ein Verständnisproblem der Begriffe ,Nationalität' und ,Staatsangehörigkeit'. Vor uns steht die Aufgabe, diesen gravierenden Unterschied jedem begreiflich zu machen“, sagt er. Was Deutsche und Oberschlesier verbinde, so Kohut, sei eine ausgeprägte Heimatverbundenheit. „Wir lieben unsere Heimat, wir kehren in die Heimat zurück. Das macht uns im Vergleich zu anderen Regionen Polens so besonders. Der Moment ist gekommen, diese Besonderheit politisch umzuschmieden, um anerkannt zu werden. Dass es bislang keine Anerkennung gibt, zeugt von einer Schwäche des polnischen Staates, der Angst vor ein paar Tausend Menschen hat, die eine andere Sprache sprechen und sich nicht als Polen fühlen“, sagt er.

„Was die Anerkennung des slawisch-oberschlesischen Dialekts als Sprache angeht, will sich die deutsche Minderheit nicht einmischen“, betont Eugen Nagel, aber: „Es gibt gemeinsame historische oder kulturelle Elemente, bei denen wir Raum für eine Zusammenarbeit sehen.“ Als Beispiel nennt er den „Marsch nach Zgoda“ (Eintrachthütte). Diese Kundgebung wird alljährlich im Januar von der Schlesischen Autonomiebewegung zum Gedenken an die Opfer des Nachkriegslagers Zgoda in Schwientochlowitz [Świętochlowice] organisiert. An dieser Kundgebung nimmt die Deutsche Minderheit auch als Institution teil.


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