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Bertha Benz

Erste Autofahrerin und Erfinderin der Bremsbeläge

Die Ehefrau des Erfinders des Benz-Patent-Motorwagens wurde vor 175 Jahren in Pforzheim geboren

Jörg Koch
03.05.2024

Nicht nur in ihrer südwestdeutschen Heimat ist sie bis heute ein Begriff, als couragierte Frau der Gründerzeit ist sie in ganz Deutschland bekannt: Bertha Benz, die im Mai vor 175 Jahren geboren wurde und die ebenfalls im Mai vor 80 Jahren verstarb.

Kaum eine Erfindung hat den Alltag der Menschen so sehr verändert wie das Auto. Doch für sein erstes Automobil, den „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“, ein „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“, mit dem Carl Benz am 3. Juli 1886 die erste öffentliche Probefahrt durch Mannheim unternahm, erntete der geniale Konstrukteur zunächst nur Spott und Hohn. Schließlich war es seine Frau Bertha, die zum Erfolg des Unternehmens beitrug.

Geboren wurde Cäcilie Bertha in Pforzheim am 3. Mai 1849 als Tochter des Zimmermeisters Karl Friedrich Ringer und seiner Frau Auguste Friederike. Bertha war das dritte Kind des Ehepaares und „leider wieder nur ein Mädchen“, so der Eintrag der enttäuschten Eltern in der Familienbibel. Diese Wörter entdeckte Bertha als Zehnjährige. Sie müssen für sie eine bittere Enttäuschung gewesen sein, doch mehr noch Ansporn und Motivation. Das wissbegierige Mädchen wuchs in einem wohlhabenden Haushalt auf und ging bis zur Konfirmation auf die Höhere Töchterschule. Schon früh interessierte sich Bertha für Technik, und gerne begleitete sie ihren Vater auf Baustellen.

Im Juni 1869 lernte sie Carl Benz kennen, der seit Anfang des Jahres in Pforzheim lebte und Konstruktionsentwürfe für Eisenbahnbrücken zeichnete. Der studierte Maschinenbauer stammte aus bescheidenen Verhältnissen, war früh Halbwaise geworden, verfügte über kein Vermögen, aber dafür über jede Menge Ideen, und er träumte von einem motorgetriebenen, also pferdelosen Wagen. Bertha verliebte sich nicht nur in den fünf Jahre älteren Visionär, sondern sie war auch von seinem Ideenreichtum begeistert. Im Juli 1872 heirateten beide in Pforzheim.

Die Braut hatte sich vorzeitig ihr Erbteil auszahlen lassen, um ihren Mann finanziell unterstützen zu können. Dieser hatte ein Jahr zuvor in Mannheim eine Eisengießerei gegründet, die den Grundstock für sein späteres Unternehmen, die „Benz & Cie. Rheinische Gasmotorenfabrik“, bildete. Diese Firma gilt als erster Automobilhersteller in Deutschland. Dort entstand das legendäre dreirädrige Fahrzeug mit einem Viertaktmotor, das im November 1886 vom Kaiserlichen Patentamt in Berlin die Nummer 37435 erhielt.

Nicht nur ihr Erbanteil war hilfreich
Der Aufstieg des Unternehmens aus bescheidenen Anfängen zu einem Weltkonzern ist nur dank Bertha möglich gewesen. Sie hatte das nötige Kapital, aber auch Verständnis, Interesse und Zuversicht mit in die Ehe gebracht, aus der zwei Jungen und drei Mädchen hervorgingen. Da das erste zum Verkauf angebotene Fahrzeug, der Benz Patent-Motorwagen Nummer 3, nicht den gewünschten Absatz erzielt hatte, unternahm Bertha Benz am 5. August 1888 mit ihren Söhnen Eugen und Richard ohne Wissen ihres Mannes eine Fernfahrt. Ziel waren ihre Eltern im 106 Kilometer entfernten Pforzheim.

Dies war nicht im Sinne des Erfinders, es war auch verboten, denn die Fahrerlaubnis für das motorisierte Dreirad galt nur für Mannheim. Zudem war die Reise gefährlich, denn die Wege waren für vierrädrige Pferdekutschen angelegt, dem Vorderrad fehlte folglich die notwendige Bodenhaftung. Da die heute üblichen Verkehrsschilder und ein gut ausgebautes Straßennetz noch nicht vorhanden waren, fuhren die drei Abenteurer entlang der Bahnstrecke.

Südlich von Heidelberg ging ihnen zum ersten Mal der Sprit aus. Das Benzin, damals Ligroin genannt und als Reinigungsmittel verwendet, kauften sie in der Wieslocher Stadt-Apotheke, die seither als erste Tankstelle gilt. Es mag verwundern, dass eine Frau das Steuer lenkte, doch Bertha war geübt, hatte sie doch ihrem Mann jahrelang assistiert und bei den zahlreichen Probefahrten das Steuer gelenkt.

Auf der Fahrt durch Nordbaden hatten die mutigen Abenteurer weitere Schwierigkeiten zu meistern, so das häufige Kühlen des Motors und das Bremsen beim Bergabfahren. Unterwegs verursachten sie große Aufmerksamkeit. Eine solche „Hexenkutsche“ hatte die Landbevölkerung noch nicht gesehen. Nach 13 Stunden, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, erreichten die Fahrer Pforzheim. Der Erfolg wurde dem Mann und Vater telegraphisch nach Hause gemeldet.

Fahrt von Mannheim nach Pforzheim
Selbst innovativ, ließ Bertha Benz auf der Rückfahrt bei einem Schuster die Bremsklötze mit Leder beschlagen, die verstopfte Benzinleitung reinigte sie mit ihrer Hutnadel und das abgewetzte Zündkabel reparierte sie mit einem Strumpfband. Carl Benz, zunächst alles andere als begeistert, zollte seiner Frau bei der Rückkehr Respekt. Mit ihrer Pioniertat demonstrierte sie die Alltagstauglichkeit der drei PS starken, „pferdelosen Kutsche“.

Nach der Fahrt erteilte sie ihrem Mann Verbesserungsvorschläge, die in die Konstruktion eines vierrädrigen Wagens mit besserer Lenkbarkeit eingingen. Auch soll von ihr die Idee stammen, einen dritten Gang einzubauen. So verhalf Bertha Benz den von ihrem Mann konstruierten Wagen zu mehr Popularität. In die Geschichtsbücher ging sie als erste Autofahrerin und Erfinderin der Bremsbeläge ein.

Hoch geehrt verbrachte das Ehepaar Benz seine letzten Lebensjahre in der Stadt Ladenburg im heutigen Rhein-Neckar-Kreis. Dort verstarb Carl mit 84 Jahren 1929. Bertha war eine umjubelte Zeitzeugin und Gesprächspartnerin. Am 3. Mai 1944 ernannte die Technische Hochschule Karlsruhe, an der Carl Benz studiert hatte, Bertha Benz anlässlich ihres 95. Geburtstages zur Ehrensenatorin. Zwei Tage später verstarb sie in Ladenburg. Dort wurde sie an der Seite ihres Mannes beigesetzt.

Die Erinnerung an eine außergewöhnliche Frau lebt weiter. Ihr Wagen befindet sich seit mehr als 100 Jahren im Science Museum in London. Ihren Namen tragen Schulen in Wiesloch und Sigmaringen sowie einige Straßen. Zudem bietet das Automuseum Dr. Carl Benz in Ladenburg Einblicke in ihr privates Leben. Und die „Bertha Benz Memorial Route“ ist eine Ferienstraße, die weitgehend der historischen Strecke der ersten Autofahrt folgt.

Die jüngste Ehrung ist das Sonderpostwertzeichen „175. Geburtstag Bertha Benz“. Die Gestaltung des Postwertzeichens und der Ersttagsstempel stammt von Susanne Stahl aus Berlin. Die Briefmarke hat einen Wert von 70 Cent und ist seit Donnerstag in den Verkaufsstellen der Deutschen Post AG erhältlich.

Dr. Jörg Koch ist Autor des in diesem Jahr in Tübingen erschienenen Buches „Zeitreise Kurpfalz. Menschen, Orte und Ereignisse, die Geschichte schrieben“. Darin hat er Wiesloch als Ort der ersten „Tankstelle“ ein Kapitel gewidmet. In diesem Zusammenhang hat er sich mit Bertha Benz beschäftigt.


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Kommentare

Lothar Liedtke am 03.05.24, 20:23 Uhr

Eine bemerkenswerte Leistung von Frau Bertha Benz, was beweist das gute Ideen auch von der selbstbewussten Ehefrau des Erfinders Carl eine Platz in der Geschichte haben. Es bleibt die Frage wieso steht der Motorwagen in London und nicht in Deutschland?

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