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Der Wochenrückblick

Es klingelt

Warum uns der Vorwurf „Verschwörungstheorie“ so wach macht, und was Seymour Hersh aufbietet

Hans Heckel
18.02.2023

Das hätte sie nicht sagen dürfen: Die US-Reporterlegende Seymour Hersh habe zwar große Verdienste erworben mit der Enthüllung des US-Massakers im südvietnamesischen My Lai oder des Folterskandals von Abu Ghraib im Irak. In den vergangenen Jahren sei ihm jedoch „vorgeworfen worden, Verschwörungstheorien zu verbreiten“. Deshalb hätten sich die großen US-Medien auch geweigert, seine Geschichte zu Nord Stream abzudrucken.

„Verschwörungstheorien“? Der Begriff war einst ein taugliches Mittel, um unwillkommene Nachrichten wegzuwischen. Klebte das Etikett erst einmal fest genug drauf, rührte die Geschichte keiner mehr an. Dann aber sollten sich immer mehr „Verschwörungstheorien“ oder „Falschnachrichten“ durchaus als Wahrheit entpuppen. Ihre Etikettierung als Lüge oder Unsinn flog als Vertuschungsversuch auf. Die Corona-Zeit hat uns eine ganze Reihe solcher Vorgänge serviert: Weitere Maßnahmen (wie etwa ein Lockdown) seien nicht geplant, verlautete es Anfang März 2020 aus dem Gesundheitsministerium. Wer etwas anderes sage, verbreite „Falschnachrichten“. Später hieß es, eine allgemeine Impfpflicht, von der nur „Schwurbler“ fabulierten, sei nicht geplant (die Pflicht kam bekanntlich nur deshalb nicht zustande, weil sich die Fraktionen im Bundestag rettungslos ineinander verkeilt hatten). Von gefährlichen Nebenwirkungen der Vakzine könne keine Rede sein, und die Theorie, bei dem Virus könnte es sich um eine Labor-Kreation handeln, die sei ja wohl so was von ...

Nach diesen Erfahrungen wirkt der Vorwurf „Verschwörungstheorie“ wie ein lauter Wecker, der selbst den Gutgläubigsten aus dem Schlaf des Vertrauens reißt. So auch jetzt. Die sind also selber schuld.

Und wir sind umso hellhöriger: Was hat Hersh anzubieten für seine Behauptung, die USA steckten hinter dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines? Eine anonyme Quelle, die exzellent vernetzt sein soll, sagt er. Viel ist das nicht, monieren seine Kritiker. Indes: Wer wissen will, wie es bekennenden, nicht anonymen Quellen ergeht, sollte sich bei Edward Snowden oder Julian Assange erkundigen. Snowden hat sich 2013 nach Moskau abgesetzt und besitzt seit vergangenen September sogar die russische Staatsbürgerschaft. Assange sitzt in England in Haft, während Washington seit Jahren seine Auslieferung in die USA betreibt, wo ihm bis zu 175 Jahre Haft oder gar die Todesstrafe drohen. Da bleibt man doch lieber anonym, oder?

Das ändert aber nichts daran, dass ein anonymer Zeuge im Dunkeln verharrt und dessen Glaubwürdigkeit daher nicht überprüft werden kann. Knifflige Lage.

Die andere Seite kommt allerdings auch nicht sonderlich vertrauenswürdig daher. Beispielsweise mit dem erwähnten Hinweis auf die Weigerung großer US-Medien, auf Hershs Geschichte einzusteigen. Soll heißen: Wenn die das nicht haben wollen, kann auch nichts dran sein. Indes: Hershs My-Lai-Reportage haben die großen Häuser auch zunächst abgelehnt, er musste sie über eine klitzekleine Nachrichtenagentur publizieren. Erst nach einem Jahr zogen die Platzhirsche nach, und dann gab's den Pulitzerpreis – so kann es gehen von „krude Verschwörungstheorie“ zu „Jahrhundertenthüllung“.

Ex-BND-Chef August Hanning sagte nur wenige Tage nach den Explosionen, dass die Ostsee eines der am besten überwachten Gewässer der Welt sei, weshalb die Täter wohl rasch ermittelt werden könnten. Was wir immer weniger verstehen ist daher der merkwürdige Befund, dass wir trotzdem immer noch nichts wissen, fast fünf Monate danach. Doch, wir wissen was, erklärt die Bundesregierung auf Anfragen aus der AfD und der Linkspartei. Aber wir sagen euch nichts! Warum? Weil dies das „Staatswohl“ gefährden könnte, da dadurch unsere Ermittlungsmethoden publik würden.

Und dann der „auffällige“ Zeitpunkt

Könnte es sein, dass man uns auf diese Weise darauf vorbereiten möchte, dass wir es niemals erfahren werden? Und außerdem: Wieso war Hanning dann anfangs so zuversichtlich, dass die Urheber zügig ans Licht gezerrt werden können? Hatte er den Aspekt der Geheimhaltung der Ermittlungen schlicht vergessen? Er, der erfahrene und sicherlich immer noch bestens vernetzte Ex-Geheimdienstchef? Fragen über Fragen.

Ein Mann namens Anders Puck Nielsen vom Royal Danish Defense College in Kopenhagen wies in der britischen Zeitung „Sun“ noch auf etwas Weiteres hin, nämlich den seiner Meinung nach „auffälligen“ Zeitpunkt der Explosionen. Zur selben Zeit sei nämlich die Gasleitung von Norwegen nach Polen gerade eingeweiht worden, um die Abhängigkeit vom russischen Gas zu beenden. Zufall?

Wir können nur abwarten und uns die Zeit mit Dingen vertreiben, von denen wir kurzzeitig dachten, dass so etwas Ernstes wie ein richtiger Krieg in Europa sie in ihrer Nichtigkeit entlarven und somit aus der Weltgeschichte schmeißen würde.

Von wegen: Die „Bundesstiftung Gleichstellung“ hat ganz große Geschütze aufgefahren und fordert die massive Erweiterung des im Volksmund so genannten Antidiskriminierungsgesetzes, das offiziell „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) heißt. Laut der Stiftung soll der „Erwerb von und die Weiterbildung in Diversity-Kompetenz“ für alle Arbeitnehmer „sichergestellt“ und für Führungskräfte aller Art „verpflichtend“ gemacht werden. Und wer gegen das AGG verstoße, dem soll künftig sogar „die Gewerbeerlaubnis entzogen werden können“.

Als Verstoß gegen das AGG soll auch „der diskriminierende Gebrauch von Sprache in Bezug auf das (nicht binäre) Geschlecht“ gelten. Mit anderen Worten: Wer keine Gendersprache benutzt, verstößt gegen das Gesetz und kann bestraft werden. Wobei die Autoren den Anwendungsbereich des AGG erheblich erweitert sehen wollen, beispielsweise auf „Geselligkeitsvereine wie Schützen- oder Schrebergartenvereine“. Es dürfte kein Zufall sein, dass sich die Autoren ausgerechnet diese beiden Vereinstypen herausgepickt haben, die als besonders traditionell gelten und den Gender-Erzwingern daher wohl besonders verdächtig erscheinen.

Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, derzeit ist es Ferda Ataman, soll zudem nicht mehr verpflichtet werden, in ihrem Amtseid zu erklären, ihre „Kraft dem Wohl des Deutschen Volkes (zu) widmen“. Dafür möchten wir schon fast wieder Verständnis aufbringen. Man kann der Frau Ataman ja nicht zumuten, ständig ihren Amtseid zu brechen. Was sie vom deutschen Volk hält, hat sie kundgetan, als sie es einen Haufen „Kartoffeln“ schimpfte.

Erst eben noch beteuerten die Kämpfer der Gender-Front, dass niemand zum Gendern gezwungen werden solle. Es sei alles nur eine „Empfehlung“, die niemanden in seiner Freiheit einengen werde, so zu sprechen, wie er will. Wer ein drohendes „Gender-Diktat“ an die Wand male, verbreite daher genderfeindliche „Verschwörungstheorien“. Heißt: Der hat den Wecker gehört.


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Kommentare

Max Müller am 03.03.23, 11:19 Uhr

Die uns so "wohlgesonnenen" Polen, die gerade den Ölzufluss zur Ölraffinerie Schwedt blockieren, hätten natürlich auch gerne weiter einen Daumen auf die Pipeline durch ihr Land nach Deutschland gehabt. Um dieses Erpressungspotential zu vermindern wurde ja NS2 überhaupt gebaut.

Berlin 59 am 20.02.23, 21:40 Uhr

Nord Stream, ein Projekt der Ausgrenzung, jetzt hat man einen Haufen Schrott. Hätte man damals die Polen mit ins Boot genommen, wäre heute vieles anders. Aber vorbei ist vorbei. Selber Schuld. Diese Kleinkarierte Ursachenforschung und Schuldzuweisung ist einfach lächerlich.

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