20.05.2024

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Peterswalde

Exkursion in die Vergangenheit

Zum 14. Europäischen Tag der Archäologie: Auf der Suche nach dem Hügelgrab im geographischen Nichts

Uwe Hahnkamp
30.10.2023

Zu den 14. Europäischen Tagen der Archäologie organisierte für die Gemeinde Osterode deren Beauftragter für Fragen des kulturellen Erbes, Wiesław Skrobot, in Kooperation mit der Geologin Alicja Szarzyńska vom Ermländisch-Masurischen Zentrum für Lehrer-Fortbildung im Juni eine archäologisch-historische Arbeitsgruppe unter freiem Himmel. Ihr Ziel war das Hügelgrab an der Straße zwischen Peterswalde und Rhein in den Kernsdorfer Höhen.

Pünktlich zur Exkursion ins scheinbare Nirgendwo kam nach wochenlanger Trockenheit endlich der ersehnte Regen. Aus der Freiluft-Werkstatt wurde eine Expedition in die Vergangenheit in mehreren Schritten. Von der Autobahn A7 südlich von Hohenstein ging es auf die Landstraße in Richtung der Kernsdorfer Höhen. Durch den Schleier des Regens ging es nur langsam und tastend durch immer schmalere, von Büschen und Bäumen gesäumte Wege voran. Plötzlich stand man auf einer mehr als hundert Jahre alten, mit Kopfsteinen gepflasterten Straße, der man ins Ungewisse Richtung Westen folgte. Hinter einer Kuppe bot sich der Blick in ein Tal, und zur linken Hand der Straße tauchte das Hügelgrab der ersten Siedler dieses Fleckchens Erde auf.

Neu entdeckt und gerettet
Wer den weitesten Weg hat, kommt als Erster an. Doch bald gesellten sich zum einsamen Fahrer weitere, dem Regen trotzende, am Hügelgrab Interessierte: die Organisatoren, Mitarbeiter der Forstverwaltung, die den Wildwuchs am Grab im Vorfeld etwas beseitigt hatten, sowie der stellvertretende Gemeindevorsteher von Osterode, Grzegorz Kostrau, mit durchnässter Jeans auf seinem Motorrad. Vor allem aber eine tapfer durch die fallenden Wassermassen stapfende Gruppe Schüler von der Grundschule in Peterswalde in farbenfrohen Regenponchos.

Das Hügelgrab war so gut wie unbekannt, sodass der Bauer, dem das Feld gehört, es fast eingeebnet hätte, so Skrobot zur Einführung: „Dabei war es keine neue Entdeckung von mir, sondern eine Wiederentdeckung. Bereits vor 90 Jahren, im Juni 1933, erkundeten es Carl Engel und Friedrich Baumhauer vom Prussia-Museum in Königsberg.“ Mit Alicja Szarzyńska zusammen gelang es ihm, dieses Zeugnis der Urgeschichte zu erhalten und wieder im Bewusstsein der Menschen zu verankern, unter anderem mit einer Informationstafel am Standort und der Sicherung der Sichtbarkeit des Hügelgrabs.

„Ein Hügelgrab ist übrigens Stätte der Beerdigung nicht einer Person, sondern von vielen Menschen eines Clans“, erklärte Skrobot den aufmerksam lauschenden Teilnehmern im nachlassenden Regen, „wenn jemand starb, wurde er verbrannt, die Grabkammer seitlich geöffnet, die Urne hinein- und der Abschlussstein wieder davorgeschoben.“

Das heutige Hügelgrab sei etwa die Höhe eines „Skrobot“ niedriger als ursprünglich, ergänzte er selbstironisch und zeigte mit der Hand die vermutliche Obergrenze des früheren Hügels.

Bei den für die Kammer verwendeten Steinen handelt es sich um Findlinge aus dem skandinavischen Raum, so Szarzyńska: „Sie wurden von dort mit dem Inlandeis transportiert, was bis heute an den einzelnen Steinen erkennbar ist. Zwei Gletscher stießen hier aufeinander und schufen die Kernsdorfer Höhen sowie das Tal mit dem Hügelgrab.“ Und diese gegen heftige Witterung geschützte und leicht gegen Feinde zu verteidigende Mulde bot sich für eine Besiedelung geradezu an.

Das Nirgendwo als Lebensraum
„Heute liegt Peterswalde weitab von Städten, vor 100 Jahren gab es nahebei ein Gut, was die gepflasterte Straße erklärt, aber ganz früher war es hier ideal“, erläuterte Skrobot weiter. Um das zu verdeutlichen, hat er mit Szarzyńska landschaftliche Elemente auf Basis einer lokalen Legende benannt: „Vom Eulenberg fließt der Silberbach am Hügelgrab vorbei unter der Straße hindurch neben dem Findling der Dämmerung und mündet in den Mondsee.“ Bei Letzterem handelt es sich heute um Feuchtwiesen in Form eines Sichelmonds.

Genug Wasser und Land
Es gab also genug Wasser und fruchtbaren Boden, Fischfang war möglich und im Wald gab es Tiere zu jagen, das haben die ersten Einwohner, dann die Goten, dann die Sassen und später die Ritter des Deutschen Ordens erkannt, die Peterswalde gegründet haben.

Für die Verpflegung der durchnässten Teilnehmer hatten die Förster zum Abschluss ein Lagerfeuer mit Würstchen auf die Beine gestellt. Zum Wärmen, Trocknen und Sattwerden. Auch die heutigen „Siedler“ erkannten: hier lässt es sich aushalten.


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