26.04.2024

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Energiewende

„Fakepower schwächt das Stromnetz“

Der Energieexperte Hans-Günter Appel äußert sich gegenüber der PAZ zum jüngsten „Beinahe-Blackout“ wegen eines Stromausfalls in Siebenbürgen

26.01.2021

Nach einem Stromausfall im rumänischen Siebenbürgen ist es am Nachmittag des 8. Januar im europäischen Stromversorgungssystem zu einem massiven Leistungs- und Frequenzeinbruch gekommen. Schlagartig fehlten in Europa 3,8 Gigawatt an Leistung. Um zu verhindern, dass auf dem Kontinent die Lichter ausgehen, trennten die Netzbetreiber Südosteuropa vom gemeinsamen Stromnetz und drosselten die Versorgung von Großverbrauchern in Italien und Frankreich.

Unter anderem durch das Hochfahren von Kraftwerken in Österreich gelang es den Versorgern schließlich, nach rund einer Stunde wieder den Normalbetrieb im europäischen Stromnetz herzustellen. Die PAZ hat Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel vom Verein NAEB Stromverbraucherschutz zum Risiko befragt, dass eine solche Störung eines Tages in einem langandauernden Stromausfall in ganz Deutschland mündet.

Herr Appel, das europäische Stromverbundnetz ist am 8. Januar offenbar nur knapp an einem großflächigen Zusammenbruch vorbeigeschrammt. Wie ernst war die Lage an diesem Tag aus ihrer Sicht?

Es gab einen Abfall der Frequenz im Europäischen Verbundnetz unter die kritische Grenze von 49,8 Hertz (Schwingungen/Sekunde). Das bedeutet, es war plötzlich zu wenig Strom im Netz. Die Momentan-Reserve, die Rotationsenergie der großen Generatoren der Kraftwerke im Verbundnetz, konnte einen stärkeren Abfall der Frequenz verhindern, bis die Regelkraftwerke durch mehr Dampf wieder die Sollfrequenz erreicht hatten. Die Lage war kritisch. Die Momentan-Reserve war jedoch ausreichend für einen sicheren Netzbetrieb.

Nach Plänen der EU-Kommission sollen 800 Milliarden Euro in den Ausbau von Windkraftanlagen vor den Küsten Europas fließen. Kann dieses Mammutprojekt die Versorgungssicherheit verbessern?

Es sollen vermehrt Windkraftanlagen auf See gebaut werden, weil der Widerstand der Bevölkerung gegen die Verspargelung unserer Landschaft wächst. Anlagen auf See erzeugen doppelt so viel Strom wie Landanlagen.

Ihr Bau kostet aber das Vierfache. Off-Shore-Strom ist also doppelt so teuer wie Landstrom. Hinzu kommen noch die Kosten für den Transport an Land, der von Insidern mit etwa fünf Cent pro Kilowattstunde angegeben wird.

Unsere Regierung und die EU-Kommission wollen in Zukunft mit diesem teuren und wetterabhängigen Strom unsere Energieversorgung sicherstellen. Das ist technischer und wirtschaftlicher Unsinn. Solche Behauptungen sind eine Täuschung (englisch: Fake) der Verbraucher. Um das deutlich zu machen, bezeichnet der Stromverbraucherschutz NAEB, ein Zusammenschluss von Fachleuten, die über Jahrzehnte maßgeblich an einer sicheren und bezahlbaren Stromversorgung mitgewirkt haben, den Wind- und Solarstrom als „Fakepower“.

Seit einiger Zeit fällt im Zusammenhang mit der Zukunft der Energiewende auch immer öfter der Begriff „Spitzenglättung“. Worum geht es dabei?

Es wird immer schwieriger und teurer, die stark schwankende Fakepower auf den Verbrauch zu regeln. Daher sollen bei hoher Stromnachfrage Geräte und Anlagen, die ohne größere Nachteile zeitverzögert laufen können (Wassererhitzer, Waschmaschinen und so weiter) abgeschaltet und bei wenig Nachfrage wieder zugeschaltet werden. Dies soll mit „intelligenten“ Stromzählern erfolgen, die mit den Geräten und mit der Netzschaltzentrale vernetzt sind. Grundsätzlich ist das ein vernünftiges Vorhaben, das aber den Strompreis weiter in die Höhe treibt, denn die gesamte „intelligente“ Infrastruktur muss bezahlt werden.

Welche Auswirkungen sind nach Ihrer Meinung zu erwarten, wenn es statt Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren künftig nur noch Elektroautos gibt?

Mit der Aufgabe der Kohle- und Kernkraftwerke wird Deutschland bereits auf Stromimporte angewiesen sein. Die stark schwankende Fakepower fällt bei nächtlicher Flaute vollkommen aus. Das gilt auch, wenn die Anlagen verdreifacht werden. Bei einer kompletten Umstellung auf Elektroautos brauchen wir 20 weitere Großkraftwerke mit je 1000 Megawatt Leistung.
Die Versorgungsleitungen reichen nicht für die hohen Ladeleistungen. Sie müssen verstärkt werden. Elektroautos führen zu höheren Strompreisen.

Der österreichische Stromversorger EVN hat nach dem jüngsten „Beinahe-Blackout“ im europäischen Stromverbundnetz Konsequenzen gefordert. EVN fordert unter anderem neue gesetzliche Rahmenbedingungen für den Weiterbetrieb bestehender Gaskraftwerke und Anreize für schnellstartfähige Gasturbinen. Welche Schlussfolgerungen zieht NAEB aus dem Frequenzabfall im europäischen Stromnetz am 8. Januar?

Die Momentan-Reserve der Großkraftwerke ist für ein sicheres Netz mit stabiler Frequenz unerlässlich. Als Faustregel gilt: Ein stabiles Stromnetz braucht mindestens 45 Prozent Grundstrom aus solchen Kraftwerken. Wind- und Solarstromanlagen liefern keine Momentan-Reserve.

In Deutschland wird bei Starkwind und Sonnenschein durch den Ausbau von Fakepower-Anlagen der Grundstrom-Mindestanteil immer häufiger unterschritten. Das ist möglich, weil vor allem die Kernkraftwerke in Frankreich über den Verbund auch das deutsche Netz stabilisieren.

Schnellstartfähige Gasturbinen können Lastspitzen abdecken. Sie haben aber kaum Momentan-Reserve, und ihr Wirkungsgrad ist deutlich geringer als Gas- und Dampfkraftwerke. Fakepower schwächt das Netz bis zum Blackout und ist viel zu teuer. Für eine sichere und bezahlbare Stromversorgung brauchen wir weiterhin Kohle- und Kernkraftwerke. Wir haben heute schon den höchsten Strompreis aller Industriestaaten. Das Abschalten dieser Anlagen verdoppelt den Strompreis. Deutschland ist dann nicht mehr wettbewerbsfähig.


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Kommentare

Stefan Harke am 02.02.21, 16:11 Uhr

Mittlerweile kann man die Ereignisse deutlich präzisieren. Angefangen hat es damit, dass in Frankreich ca. 13 Atomkraftwerke abgeschaltet waren, die aufgrund der Coronakrise verspätet gewartet wurden, gleichzeitig war in Frankreich erhöhter Strombedarf aufgrund kalten Wetters. Deshalb produzierten osteuropäische Kraftwerke bedeutend mehr als dem eigenen Bedarf entsprach. Offensichtlich aber wurde gesamteuropäisch zu viel produziert, so dass die Frequenz stieg. Dies führte zu einem Abschalten von Leitungen in Kroatien und einer automatischen Trennung der Netze in Ost- und Westeuropa. Dies wiederum führte in Osteuropa zu einer katastrophalen Überspannung von 50,6 Hz und in Westeuropa zur berichteten Unterspannung. In Osteuropa konnten gerade noch 3 Kraftwerke in Rumänien abgeworfen werden (die Rumänen waren also Retter in der Krise und nicht der Verursacher), in Frakreich und Italien konnte gerade noch ca. 3,5 GW Last abgeworfen werden (Industrie). Gleichzeitig war noch glücklicher Umstand, dass in Deutschland mit besonders hoher Momentanreserve produziert wurde (57 GW konventionell, darunter alle 8 GW Kernkraft), so dass die im Sekundenbereich wirkende Unterfrequenz durch eben diese Momentanreserve (Schwungmassen) abgefangen werden konnte. Hätte der Wind geblasen, wäre definitiv "gute Nacht" gewesen, und das in ganz Westeuropa für die folgenden 14 Tage. Deshalb meine Forderung:
Sofortiges Abschalten aller dreckigen deutschen Kraftwerke inkl. der Kernkraft, anders kriegen wir den Kontinent nie kaputt.

Micha Hausmann am 29.01.21, 02:18 Uhr

Die meisten Menschen scheinen den großen Stromausfall im Kältewinter 78/79 schon vergessen zu haben. Viele begreifen auch nicht ansatzweise, was uns da bevorsteht: Kein Strom- kein Wasser, Internet, kein Aldi, kein Gesundheitssystem....
Die Stromversorgung unserer Handynetze endet nach 4 Stunden. Nur wenige deutsche Krankenhäuser haben für 3 Tage Notstromdiesel.
Nur 2 Tankstellen in D. besitzen überhaupt Notfallpumpen. (In Slowenien übrigens Alle)
Wenn dann regional noch mehrere Problemkreise zusammenkommen wie Corona, Stromausfall und vielleicht noch Frühjahrshochwasser, wird es richtig Tote geben. Aber kaum Einer sorgt vor...

Siegfried Hermann am 26.01.21, 11:18 Uhr

Tja,
wie beim Kollegen in HH, hier heißt das Datteln, das modernste Kohlekraftwerk weltweit mit den geringsten Schadstoffaustoß. Und in China hauen die im Monats-rhythmus neue Dreckschleudern raus.
Wieso kommt Greta, Neubauer und Konsorten nicht einmal auf die Idee in Peking zu demonstrieren und die Welt zu retten???
Nochmal zur Meer-Fake-Power.
Die Briten sind da weiter und haben schon jahrelange Erfahrung mit dem Nordsee-Wind und sind zu den Entschluss gekommen, die Windparks wieder abzureißen, weil sie weder wirtschaftlich vertretbar, noch ökologisch Sinn machen, da bei Flaute Dieselgeneratoren wuppen, um Korrosion und Abnutzung zu verhindern, als auch bei Sturm die Dinger abgestellt werden müssen und im Betrieb der Strom dermaßen schwankt, das nur die britischen Atomkraftwerke das ausgleichen können.
Sinnvoll wären Windräder und Sonnenkollektoren in ländlichen Gegenden, wo sehr hohe Installationskosten für Leitungen gegeben sind. Bei den häuslichen privaten Haushalten machen Kollektoren nur Sinn, wenn sie als Insellösung ausgelegt werden, heißt sehr teure zusätzliche Regel-elektronik.
Dieser Schwachsinn mit dem Elektroauto für alle scheitert nicht nur an der Erzeugung der Energiemengen, sondern in erster Linie an den Transport zu den Verbraucherstellen!!! Soviel Kupfer wie da gebraucht wird, bei den "Tesla-Power-Anschlüssen" gibt es gar nicht auf den Planeten!
Und wenn dann die Austria-Grünen noch generelles Benzinverbot ab 2025 FORDERN, zeigt nur was für total bekloppte Kita-Randalierer und Traumtänzer das sind, es sei, diese Schwachxxx wollen unbedingt und ++mit Vorsatz++ ins Postkutschen-Zeitalter zurück, um ihren bunten Goldstücken einen dringend benötigten Facharbeiterplatz für Eseltransporte anbieten zu können.
Mahlzeit!

89 erlebt Schlömmer am 26.01.21, 08:15 Uhr

Hier in Hamburg ist die weltrettende Energiewende Dank der bundespolitischen und lokalen rot-grünen Weitsichtigkeit schon maximal vorangekommen. Seit 1.Jan. darf das modernste Kohlekraftwerk in Moorburg keinen Strom mehr produzieren (davon ist ja stets ausreichend vorhanden). Dafür machen die beiden Stadteigenen Kohlewerke in Wedel (Bj.1961 und Tiefstack Bj.1991 Überstunden, um die Wählerschafft in HH mit warmem Wasser zu versorgen. Um die rot-grüne Verhöhnung noch zu unterstreichen wurde am Freitag der Einzug des Heilsbringers Wasserstoff nach Moorburg ab 2025 verkündet, immerhin mit geplanten 100 MW wo man gerade 1.600 MW sichere Leistung der Welt Klima Rettung geopfert hat. Irrenhaus ist der neue Zusatz am Ortseingangsschild von Hamburg.

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