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Der Wochenrückblick

Falsche Party

Warum Wünsche nicht immer wahr werden sollten, und wie sich die CDU von ihren Wählern befreite

Hans Heckel
15.10.2022

Greta Thunberg ist so glücklich wie nie zuvor, sagt die mittlerweile 19-jährige Ikone der „Klimabewegung“. Dazu hat sie auch allen Grund. Es ist ja kaum zu glauben, wie schnell und radikal eine zentrale Forderung ihrer Bewegung in die Tat umgesetzt wurde. Nämlich, dass Energie so drastisch verteuert werden müsse, bis die „Klimasünder“ den vollen Preis für ihre Sündhaftigkeit zu zahlen haben. Wer dann pleitegeht, erfriert oder sich zumindest im Wohlstandsniveau halbiert sieht, der hat eben selber Schuld, denn er trägt ja nur die Last seiner eigenen Vergehen.

Drücken wir die Daumen, dass Gretas Glück von Dauer ist. Andere Kampfgefährten im Geiste, denen die Preise für Energie bis vor Kurzem ebenfalls nicht hoch genug sein konnten, sind nicht so froh, weil sie gerade einen Realitätsschock erleiden.

Der WDR-Journalist Lorenz Beckhardt sorgte für Aufsehen, als er in der „Tagesthemen“-Sendung vom 29. Juli 2019 forderte: „Macht Fleisch, Auto fahren und fliegen so verdammt teuer, dass wir davon runter kommen. Bitte! Schnell! Dann wählen wir auch Euch alle!“

Ein Blick in den Supermarkt oder auf die Tankstellen-Anzeige beweist: Die Forderung wurde umgesetzt, beim WDR – einem Sender, wie er grüner und „klimabewusster“ kaum sein könnte – müssten also die Tränen der Freude und Zufriedenheit in Strömen fließen. Tun sie aber nicht. Stattdessen jault man dort wegen der rasanten Inflation und bläst zum Streik. Forderung: Fünf Prozent mehr Gehalt und zusätzlich ein „angemessener Inflationsausgleich“. Zu den Unterstützern der Kampfmaßnahme zählt: Lorenz Beckhardt.

Der Widerspruch ist pure Komödie. Was kommt als Nächstes? Radikal-vegane „Tierrechtler“, die protestieren, weil sie sich Spanferkel nicht mehr leisten können? Pazifisten, die Waffenlieferungen fordern? Ach, die haben wir ja schon.

Am meisten beeindruckt einen bei den WDR-Streikern die völlige Selbstverständlichkeit, mit der sie ihre Worte von gestern essen. Der Gedanke, dass sich da jemand unglaubwürdig machen könnte, der scheint ihnen gar nicht zu kommen. Ebenso wenig Winfried Kretschmann. Nachdem er den Deutschen geraten hatte, statt zu duschen lieber den Waschlappen zu nehmen, brach er nun zu einer mehrtägigen USA-Reise auf, im Schlepptau eine 100-Mann-Delegation.

Mag ja sicher wahnsinnig wichtig und sinnvoll gewesen sein, der Trip. Aber nach der Waschlappen-Nummer kommt das doch etwas merkwürdig rüber. Man denke an den „ökologischen Fußabdruck“, den enormen Energieverbrauch eines solchen Fluges über etliche tausend Kilometer. Indes, derlei Unebenheiten gleichen solche Leute umstandslos wieder aus durch ihr besonders hoch entwickeltes Problembewusstsein, ihre enorme klimapolitische Sensibilität. Und die fehlt dem dummen Durchschnittsdeutschen eben, weshalb er mit Waschlappen statt Duschen und Pullovertragen im kalten Wohnzimmer bestraft gehört.

Die Wut des Wählers braucht man nicht zu fürchten. Kretschmanns Grünen geht es – ganz im Gegenteil – gerade richtig super. Zwar wird deren Niedersachsen-Resultat nicht gar so schön, wie es geredet wird. Aber sei's drum: Noch eine Regierungsbeteiligung, noch mehr Posten, noch mehr Moneten in Reichweite, um parteifreundliche NGOs mit Steuergeldern zu päppeln.

Nicht so toll geht es der FDP, wie Sie vielleicht schon auf den Seiten 1 und 4 gelesen haben. Und im Windschatten der gelben Misere leckt auch die CDU ihre Wunden aus Hannover. Doch um Antworten, wie es nun weitergehen soll, ist man bei den Christdemokraten nicht verlegen.

Die Sache mit dem „Markenkern“

Der noch amtierende Generalsekretär der Niedersachsen-Union, Sebastian Lechner, hat den Kurs zum Wiederaufstieg aus dem tiefen Tal des schlechtesten Ergebnisses seit 1955 bereits abgesteckt: Die CDU müsse offener und weiblicher werden, weiß Lechner. Übersetzt heißt das heutzutage bekanntlich: noch grüner und noch linker. Vorbild, auch für die Union im Bund, seien die CDU-Ministerpräsidenten von NRW und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel Günther.

Wüst hat erklärt, dass „das Konservative nie der Markenkern der CDU“ gewesen sei, und Günther ließ schon vor Längerem verlauten, dass man sich bei der Zusammenarbeit mit der Linkspartei mal nicht so anstellen solle. Beim Bundesparteitag der CDU Anfang September im wahlkämpfenden Hannover konnte sich die Partei den dortigen Wählern in ihrer ganzen Pracht präsentieren. Sie beschloss die Frauenquote und ersetzte das Ziel der „Gleichberechtigung“ durch jenes der „Gleichstellung“. Ersteres gilt als „Markenkern“ der Freiheit, Letzteres als solcher des Sozialismus. Da wussten die Niedersachsen also, woran sie waren.

Und wählten entsprechend. Beispielsweise im Wahlkreis Cloppenburg: Schon der damalige CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht soll über den Süden des Oldenburger Landes, wo Cloppenburg liegt, gespottet haben: „Die sind so schwarz, dass sie selbst im Keller noch Schatten werfen!“ Die Gegend ist katholisch und offenbar auch insgesamt recht traditionell geprägt, was auch auf die Geburtenrate durchzuschlagen scheint. Der Babyboom hat dort eigentlich nie aufgehört. Kämen in ganz Deutschland so viele Kinder pro Frau zur Welt wie in jener Region, hätten wir von Problemen mit der Demographie noch nie etwas gehört – oder höchstens aus dem „Auslandsjournal“. Früher konnte sich die CDU in der Region darauf verlassen, zuverlässig zwischen 55 und 70 Prozent der Stimmen zu holen.

Im Wahlkreis Cloppenburg rauschte die CDU bei den Zweitstimmen nunmehr von 57,4 auf 44,5 Prozent hinunter, derweil sich die AfD von dünnen 5,1 auf 13,1 Prozent mehr als verdoppeln konnte. Es ist nicht zu übersehen: Der Wüst-Günther-Lechner-Kurs hat hier richtig eingeschlagen.

Ob „konservativ“ wirklich „nie zum Markenkern der CDU“ gehört hat, wie Wüst meint, wissen wir allerdings nicht. Wenn dem so sein sollte, waren viele Cloppenburger womöglich jahrzehntelang auf der falschen Party, was sie erst jetzt bemerkt haben. Wenn dem aber nicht so sein sollte, dann hat Angela Merkel mit dem „Konservativen“ gründlich Schluss gemacht. Dafür – genauer gesagt, für ihre Grenzöffnung von 2015 – wurde sie nun international belohnt mit dem Nansen-Preis, der höchsten Auszeichnung des UN-Flüchtlingshilfswerks.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, zitierte die Kanzlerin a. D. Erich Kästner in ihrer Dankesrede. Wie viel mehr Gutes aber hätte Merkel tun können, wenn nicht Ungarn und Co. die Grenzen geschlossen und damit den Strom unter Kontrolle gebracht hätten? Millionen weitere Asylsucher wären vielleicht zu uns gekommen. Was dann wohl jetzt in Sammelunterkünften und auf dem Wohnungsmarkt los wäre? Ja, Merkel hätte so gern noch so viel mehr getan. Und viele Wähler werden das der CDU auch nie vergessen.


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