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Der Wochenrückblick

Fiasko statt Wunder

Was Habeck von Erhard unterscheidet, und wo wir mit der Ampel nach 1948 gelandet wären

Hans Heckel
26.08.2023

Olaf Scholz scheint der einzige Mensch im Land zu sein, der sich die Laune nicht trüben lässt von den sich auftürmenden schlechten Nachrichten, die mittlerweile im Tagesrhythmus in allen Ecken und Sektoren des Landes aufpoppen. Auf die bemerkenswert schlichte Frage eines Bürgers beim „Tag der offenen Tür“ im Bundeskanzleramt „Lieber Bundeskanzler Olaf Scholz: Warum tust du nix?“ antwortete der Regierungschef selbstgewiss: „Ich mach' ja jeden Tag was!“

Dass er fleißig ist, der liebe Bundeskanzler, wollen wir ihm durchaus glauben. Nur erinnern seine Mühen mittlerweile an den Mann, der jeden Tag die Kieselsteine am Strand zählt oder im Herbst die Blätter wieder an die Bäume klebt. Das macht auch viel Arbeit, es kommt nur entweder rein gar nichts oder zumindest nichts Brauchbares dabei heraus.

Scholz' Ampel hat sich in einer Gründlichkeit und vor allem Geschwindigkeit festgefahren, wie es selbst die härtesten Kritiker dieser Koalition im Herbst 2021 nicht für möglich hielten. Warum ist es ausgeblieben, das „grüne Wirtschaftswunder“, das man uns beim Bundestagswahlkampf vor zwei Jahren versprochen hat? Statt dynamisch durchzustarten, trudelt Deutschland in ein ökonomisches Desaster hinein.

Der Grund ist eigentlich gar nicht so schwer zu finden. Bei „Wirtschaftswunder“ denkt man ja an Ludwig Erhard. Wenn man dessen Erfolg wiederholen wollte, sollte man sich allerdings auch an dessen Rezepte halten. Stattdessen hat die Ampel mit ihrem Wirtschaftsminister Habeck genau das Gegenteil getan – und daher auch das Gegenteil geerntet: Fiasko statt Wunder.

Erhard hob – ohne die Erlaubnis, ja sogar gegen den Willen der Besatzungsmächte – mit der Währungsreform 1948 auch alle Rationierungen auf und setzte den Markt frei. Das Resultat war ein marktwirtschaftlicher Urknall, der dafür sorgte, dass die entbehrungsreiche, harte Arbeit der Aufbaugenerationen Früchte trug, von denen die damaligen Zeitgenossen nicht zu träumen wagten. Die Mutter des Verfassers dieser Zeilen, 1948 knapp 20 Jahre alt, hat ihre Vision von damals so beschrieben: „Vielleicht werden unsere Kinder, wenn wir längst tot und die Kinder alt sind, mal wieder intakte Städte in Deutschland sehen.“ Tatsächlich ging es so weiter: Hamburg beispielsweise konnte schon 1953 die Beseitigung der letzten Trümmerfelder melden, und 1959 stieg die Bundesrepublik sogar zur zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Welt auf.

Die Ampel dagegen denkt sich ständig neue Gebote und Verbote aus und versucht dabei, immer tiefer ins Regelwerk der Wirtschaft und des täglichen Lebens der Bürger hineinzuregieren. Alles soll bis ins Kleinste gesteuert werden, weshalb das Gesamtwerk binnen kürzester Zeit derart kompliziert geworden ist, dass es niemand mehr durchschaut: Deshalb passieren ständig Sachen, mit denen keiner gerechnet hat.

Da hat man den Strom so teuer gemacht, dass die Industrie abzustürzen oder abzuwandern droht. Also kommt Minister Habeck mit dem Vorschlag, den Industriestrom zu subventionieren. Bei „Hart aber Fair“ beklagt sich nun eine Bäckerin, dass davon nur die Bäckerei-Großkonzerne profitieren würden, während die kleinen Betriebe, die ohnehin schon schwer zu kämpfen hätten, leer ausgingen. Was die tapfere Frau vergessen hat zu erwähnen: Sie würde mit ihren Steuergroschen die Stromsubventionen für die übermächtige Konkurrenz auch noch selbst bezahlen müssen.

Das Beispiel Cannabis zeigt alles
Das Beispiel steht für alles, was die grünrote Planwirtschaft ausmacht und anrichtet. Indes dämmern den Akteuren in der Regierung langsam die Grenzen der Finanzierbarkeit ihres ganzen Unsinns, weshalb sich Scholz auch gegen die Industriestrom-Subventionierung ausgesprochen hat. Der einfachste Weg wäre es laut einem Experten, bloß die Stromsteuer aufs EU-Minimum zu senken. Aber auf eine solche Idee kämen grünrote Planwirtschaftler nicht im Traum.

Wie es wohl 1948 weitergegangen wäre, wenn damals schon die Ampel die Weichen gestellt hätte? Um sich das vorstellen zu können, müssen wir uns nur angucken, wie es aussieht, wie diese Regierung etwas „freisetzt“ wie Erhard damals die Preise. Wir reden von der Legalisierung von Cannabis. Dabei wollen wir die medizinischen Aspekte mal ganz außen vor lassen.

Was der zuständige Minister Lauterbach hier vorgelegt hat, ist ein bürokratischer Albtraum (siehe auch Seite 5). Wenn Sie verstehen, was denn nun wem und in welchem Umfang und im Rahmen welcher Einrichtungen und Strukturen erlaubt sein soll und was nicht, gehört Ihnen meine uneingeschränkte Bewunderung.

Heißt: Hätte die Ampel nach dem Zweiten Weltkrieg das Ruder übernommen, müssten die Hamburger und mit ihnen Millionen weitere Deutsche wohl heute noch Steine kloppen. Wenn sie das überhaupt dürften und die neueste Feinstaubverordnung die Trümmerbeseitigung nicht längst verboten hätte.

Und was hätte die Klopperei auch gebracht? Die Bauvorschriften von heute hätten den Wiederaufbau sowieso vereitelt, weshalb man die Steine gar nicht gebraucht hätte. Dass die Aufbaugeneration trotzdem gekloppt, gebaut und den Wohlstand geschaffen hat, den andere heute verjuxen, hat ihr am Ende nichts als das Etikett „Alte Umweltsau“ eingetragen.

Wir wollen die Flinte aber nicht ins Korn werfen. Immerhin reden verantwortliche Politiker immerzu von „Bürokratieabbau“. Daher dürfen wir doch hoffen, dass zumindest der Vorschriftendschungel, der sich immer dicker und schwerer auf das ganze Land legt und jede Entwicklung zu ersticken droht, bald gelichtet wird.

Selbst Markus Söder hat das Thema für sich entdeckt. Der CSU-Chef will bayerischer Ministerpräsident bleiben und hat daher versprochen, für Bürokratieabbau zu kämpfen. In der Theorie zumindest, also im Wahlkampf für die Landtagswahl am 8. Oktober.

Die Praxis sieht so aus: Im Mai, also mitten in der diesjährigen Bewirtschaftungssaison, schneite den bayerischen Bauern eine neue Verordnung zum Erosionsschutz auf den Tisch. Danach müssen auch Flächen, die hinsichtlich möglicher Bodenerosion bislang als völlig ungefährdet galten, durch neue Maßnahmen wie zusätzliche Grünstreifen geschützt werden. Wie in der Bürokratenhölle üblich, müssen die geplagten Landwirte jeden Arbeitsschritt sorgfältig dokumentieren, wie der „Merkur“ aus München berichtet.

Auch will ihnen die Bürokratie künftig detailliert dreinreden, was sie in welcher Reihenfolge anbauen, wann sie pflügen und so weiter, als wenn Bauern das nicht selbst wüssten. Wir erweitern also unsere hypothetische Erwartung: Bei der heutigen Praxis wären wir 1948f. nicht nur obdachlos geblieben, sondern auch längst alle verhungert. Wenigstens die Schmerzen hätten wir mit einem schönen Joint, ganz legal, lindern können.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 26.08.23, 08:13 Uhr

Ja, die Ampel bewegt sich, nur in die falsche Richtung. Wie dieser Tage der Soziologe Werner Patzelt schon die Lage beschrieb, sehen auch Sie, Herr Heckel, was wir alle sehen: Irrsinn, man wähnt sich ob der täglichen Nachrichten im Irrenhaus, etliche haben Sie aufgezählt, ich könnte noch die jährliche Geschlechtsumwandlungsmöglichkeit hinzusetzen und einiges mehr.
Hier stimmt gar nichts mehr, eine Reform des Ganzen würde nicht mehr helfen, der tote Patient bRD muß auf die Halde. Wer kann/darf/soll ihn entsorgen, warten wir auf die Besatzer?
Hatte Ludwig Ehrhard mehr Spielraum? Wer die Erdgasleitung gesprengt hat, darf auch nicht ans Tageslicht. Ich sehe noch den Olaf vor Biden stehen und vor sich hingrinsen. Peinlich für uns alle.
Das Maß ist wirklich voll!!!

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