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Ornithologie

Flinker Frühlingsbote

Leider ein immer seltenerer Gast auf den deutschen Wiesen – Der Kiebitz ist Vogel des Jahres 2024

Silvia Friedrich
15.01.2024

Seinen Namen bekam der taubengroße Vogel aus der Familie der Regenpfeifer, wie unschwer zu erraten ist, aufgrund seines markanten Rufes: „Kie-wit“.

In diesem Jahr standen neben dem Kiebitz der Steinkauz, das Rebhuhn, die Rauchschwalbe und der Wespenbussard zur Wahl für den Titel „Vogel des Jahres“. Es wurden knapp 120.000 Stimmen in der vierten öffentlichen Vogelwahl vom Naturschutzbund (NABU) und dem bayrischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) abgegeben, wovon der Kiebitz 33.289 erhielt und somit, wie bereits 1996 schon einmal, „Wahlsieger“ wurde. Anfang des Jahres löste er damit das Braunkehlchen ab, das nun das – menschengemachte – symbolische Zepter an den Frühlingsboten und Luftakrobaten weiterreicht.

War der am Boden brütende Kiebitz (Vanellus vanellus) früher ein Vogel, den man auf feuchten Wiesen und Weiden häufig sehen konnte, so vor 30 Jahren noch auf fast allen Feldern in Deutschland, gingen die Bestände seit 1992 um dramatische 88 Prozent zurück. Die Gründe sind fast immer ähnlicher Natur wie bei anderen gefährdeten Arten: hochintensive Landwirtschaft, Trockenlegung der Feuchtwiesen und deren Umwandlung in Ackerland und zunehmend trocknere Böden.

Abhilfe könnten sogenannte „Kiebitz-Inseln“ von 0,5 bis einen Hektar Größe schaffen, die im Feld vom Bauern kurzzeitig angelegt werden müssten, also Kurzzeitbrachen innerhalb der landwirtschaftlich genutzten Flächen, in denen für eine gewisse Zeit auch kein Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen darf. Diese Nistplätze sollten zwischen Mitte März bis Mitte Juli weder befahren noch gedüngt werden. Die Vögel verfügten dann über einen gewissen Schutzraum, der auch der Feldlerche und anderen bedrohten Vögeln helfen könnte, ihre Eier auszubrüten. Diese Gelege müssten dann mit den landwirtschaftlichen Nutzgeräten allerdings umständlich umfahren werden.

Natürlich sind Fördermaßnahmen dringend nötig, um den ohnehin bereits gebeutelten Landwirten entsprechende Ausgleichszahlungen zu finanzieren. Bisher wurde dieses nur in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. In anderen Bundesländern versucht man mit weiteren Naturschutzmaßnahmen dem Rückgang des Wiesenvogels entgegenzuwirken, allerdings bislang nur mit mäßigem Erfolg.

Auffällig sind beim Kiebitz die aufrichtbare Federholle (Haube) am Kopf und die breiten gerundeten Flügel, mit denen sie zur Balzzeit akrobatische Flugmanöver durchführen. Sie drehen Schleifen und stürzen sich dann, laut rufend, in Richtung Boden. Auch versuchen die Männchen durch sogenanntes „Scheinnisten“, indem sie kleine Mulden in den Boden scharren, potentielle Partnerinnen von ihren Nist-Qualitäten zu überzeugen.

Die jeweils vier Eier sind vielen Gefahren ausgesetzt. Nicht nur, dass früher die Menschen diese als Delikatesse einsammelten, was jetzt zum Glück der Vögel verboten ist, so finden auch Füchse und Waschbären Geschmack daran. Doch Kiebitze verteidigen ihren Nachwuchs vehement und aggressiv. Die Insekten, Regenwürmer, Getreidekörner und Samen fressenden Vögel sind Teilzieher. Ein Teil überwintert in milden Wintern in Deutschland, ein anderer zieht in Gebiete nach Frankreich, Spanien, Großbritannien und in die Niederlande.


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Kommentare

Walter Schulz am 21.01.24, 15:34 Uhr

Der Kiebitz ist ein wundervoller Vogel, der an die "gute, alte Zeit" erinnert, als es die extrem intensive Landwirtschaft noch nicht gab, und auf extensiv bewirtschafteten Agrarflächen, viel Lebensraum für seinesgleichen und andere Vogelarten bestand. Der Lebensraumverlust infolge hochintensiver Landwirtschaft - übrigens auch auf modernen Biobetrieben -, infolge Zersiedelung, Straßenbau u.v.m. ist ursächliche für die dramatisch zurückgegangenen Zahlen vieler Arten verantwortlich. Allerdings ist dazu zu sagen: Wer hier mit einem Finger auf die Bauern zeigt, der zeigt mit vier Fingern auf sich selbst. Denn jeder will möglichst billig Nahrungsmittel, ohne moderne, intensive Methoden sind bäuerliche Betriebe nicht überlebensfähig ... vor allem im Wettbewerb mit ausländischen Kollegen. Tatsächlich müsste man einen geringen Prozentsatz der Flächen ausgliedern, extensivieren, doch dann stimmt der Ertrag und somit die Wettbewerbskraft nicht mehr. Partielle Extensivierung würden nur zum Erfolg führen können, wenn dies europaweit obligatorisch wäre, ansonsten würden ausländische Erzeuger die inländischen vom Markt fegen. Es wäre sicher möglich, für viele Arten bessere Verhältnisse zu schaffen, doch dabei muss klar sein, dass das nur unter gleichen Bedingungen europaweit geschehen kann und bei überseeischer Konkurrenz Schutzmechanismen für die heimische Landwirtschaft bestehen müssten. Die Ausgestaltung solcher Maßnahmen ist sicher nicht einfach, bisher meist gescheitert an zu viel Ideologie und Inkompetenz bei einem Teil der Teilnehmer bei Erzeugern, Behörden, Politik und Wissenschaft. Ich bin aber überzeugt, da wäre viel möglich, wenn jeder die ideologischen Scheuklappen ablegt ... einfach ist es aber sicher nicht.

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