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Radtour zur größten Grablege der Hohenzollern. Im beschaulichen Heilsbronn liegen einst mächtige Herrscher begraben
Pflasterzoll muss man in Heilsbronn nicht mehr entrichten. Noch bis 1935 musste jeder, der durch das Untere Tor zum Marktplatz fuhr, diese 1724 eingeführte Maut zahlen. Den Radwanderern, die auf dem Hohenzollernradweg in diesem mittelfränkischen Flecken zwischen Nürnberg und Ansbach ankommen, soll es nur recht sein.
Auffälligstes Bauwerk ist hier das 1132 erbaute Zisterzienser-Kloster am Münsterplatz. Durch Heirat und Erbschaft ging es von den Abenbergern auf die Hohenzollern über. Als 1578 sein letzter Abt verstarb, wurde das Kloster aufgelöst. In seiner Blütezeit besaß das Kloster rund 300 Städte und Dörfer. Einen Eindruck dieser Wirtschaftskraft vermittelt die Klostermühle mit ihren sieben Schüttböden. In guten Jahren wurden hier 10.000 Zentner (500 Tonnen) Getreide gemahlen.
Der Münsterplatz wurde schon vor zehn Jahren zum idyllischen Garten mit plätscherndem Brunnen. Wo einst der Kreuzgang lag, laden jetzt Sitzpoller und breite Sitzstufen dazu ein, zu verweilen und in friedlicher Stille die Stullen auszupacken. Zuvor aber verlangt das schlichte romanische Münster die volle Aufmerksamkeit. In über 300 Jahren wurde es zur größten Grablege der Hohenzollern.
Als erster wurde Burggraf Friedrich III., der Enkel des ersten zollerschen Burggrafen, 1297 in der Chorgruft bestattet, als letzter Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach († 1625). Sein mächtiger Körper beherrscht das mittlere der drei Hochgräber im Hauptschiff. Davor liegt Markgraf Georg Friedrich d. Ä. († 1603), der die Cadolzburg zum Renaissance-Schloss werden ließ. „Schweren Leibes“ auch er, soll die Obduktion dieses Genießers fünf Liter Mageninhalt ergeben haben.
Die Gruft unter den Tumben beherbergt die zusammengewürfelten Gebeine von 21 Mitgliedern der Hohenzollern, darunter die der ersten drei Kurfürsten: Friedrich I. († 1440) , Friedrich II. († 1471) und Albrecht Achilles († 1486). Da auch immer mehr Adelige anderer Häuser hier ihre letzte Ruhe suchten, gilt die Kirche mit ihren fast 500 Gräbern als „christliche Schlafkammer Frankens“. Aus Platznot war ab 1412 ein Seitenschiff als Mortuarium zur gotischen Halle ausgebaut worden. Bestattungen gab es noch bis ins 19. Jahrhundert.
Neben den Gräbern ergänzen Epitaphe und Gedenktafeln die dynastische Memoria. Kniend vor dem Gekreuzigten erscheinen die Markgrafen Georg der Fromme († 1543) und sein Vater Friedrich d. Ä. († 1536). Nichts verrät, dass letzterer von seinen Söhnen Kasimir und Johann 1515 für geistesgestört erklärt und mit Zustimmung ihres Bruders Georg zur Abdankung gezwungen wurde. Nach zwölf Jahren Kerkerhaft auf der Plassenburg in Kulmbach befreite Georg den Vater. Die letzten neun Jahre seines Lebens verbrachte er auf der Burg in Ansbach.
Völlig anders präsentiert eine Gedenktafel den Neffen Friedrichs des Frommen, Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach († 1557). In vollem Harnisch steht er lebensgroß auf sein Schwert gestützt in der Mitte eines Triptychons zwischen 18 Ahnenwappen. Der „fürstliche Mordbrenner“ hatte keinen Kampf gescheut, seine Vorstellung vom Herzogtum Franken unter der Herrschaft der Hohenzollern zu realisieren. Körperlich zermürbt, politisch gescheitert, starb er geächtet in Pforzheim im Exil.
Nach diesem Ausflug in die Familiengeschichte verlässt man den beschaulichen 9000-Einwohner-Ort über die Hauptstraße gen Süden. Das sieben Kilometer entfernte Neuendettelsau beherrscht das weitläufige, von Wilhelm Löhe 1854 gegründete Diakoniewerk. Mit Krankenhaus, Behinderten- und Seniorenheimen, Schulen und diversen Wirtschaftsbetrieben, darunter ein Drei-Sterne-Hotel und Terrassencafé, gehört es mit über 10.000 Arbeitsplätzen zu den fünf größten Diakonischen Unternehmen in Deutschland. Leckeren Proviant findet man in der Bäckerei und Metzgerei am Diakoneo Marktplatz, etwa Fränkische Brotzeit im Glas.
Die vielfältigen Aufgaben und weit auseinanderliegenden Herrschaftsgebiete der Zollernfürsten machten vertrauenswürdige Berater, Diplomaten und Amtsleute nötig. Sie stammten über Generationen aus dem fränkischen Niederadel, wie ihn etwa die Familien Seckendorff und Eyb verkörperten. 1518 hatte Sebastian von Eyb das Rittergut Neuendettelsau von den Ansbacher Markgrafen erworben. Bis 1955 durften die Schlossherren den Pfarrer der Dorfkirche berufen, so 1837 auch Wilhelm Löhe. Das Gut gehört bis heute der Familie von Livonius Freiherren von Eyb und ist nicht zugänglich. Der Blick über das Gartentor an der Hauptstraße 30 gibt ein Stück von dem Adelssitz frei.
• Infos: www.diakoneo.de; Übernachtung: Vier-Sterne-Hotel Sonne, Hauptstraße 43, 91564 Neuendettelsau.