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Mit einem programmatischen Kursschwenk versucht Präsident Emmanuel Macron, seiner größten Konkurrentin Wählerstimmen abzujagen
Als der junge Emmanuel Macron erstmals für das Präsidentenamt kandidierte und im Jahr 2017 die rechtsstehende Konkurrentin Marine Le Pen schlug, versprach er, „weder links noch rechts“ zu sein. Inzwischen bewegt sich Macron aber deutlich von links nach rechts. Der Präsident steht unter immensem Druck. Seine schwächelnde Partei „Renaissance“ liegt in Umfragen zur Europawahl gut zehn Prozentpunkte hinter Marine Le Pens „Rassemblement National“ (RN). Dass Le Pen das nächste Staatsoberhaupt wird, ist keineswegs unrealistisch. Französische Medien beschreiben schon jetzt Macrons Albtraum, wie er ihr nach der Wahl 2027 den Schlüssel zum Pariser Élysée-Palast übergeben muss.
Um das zu verhindern, versucht er jetzt mit einer rechts-konservativen Wende Wähler zurückzugewinnen. Im Dezember hat die Nationalversammlung für ein verschärftes Immigrationsgesetz gestimmt. Das Einwanderungsgesetz sieht schnellere Abschiebungen für abgelehnte Asylbewerber und Straftäter vor, der Familiennachzug wird erschwert, der Bezug von Sozialleistungen verzögert. Tatsächlich war das Gesetz ein Sieg für Le Pen, deren Partei schon seit Jahrzehnten fordert, dass Ausländer (auch EU-Ausländer) nicht sofort dieselben Sozialleistungen wie Franzosen bekommen. „Nationale Präferenz“ nennt sie das. Da Macron keine eigene Mehrheit mehr im Parlament hat, kam das Gesetz nur mithilfe der 88 RN-Abgeordneten durch.
Macrons Bewegung war konsterniert und gespalten. Dass der Verfassungsrat Teile des Einwanderungsgesetzes Ende Januar kassiert hat, lässt Links frohlocken. Macron steht aber wie ein doppelt begossener Pudel da.
Macron bewegt sich nach rechts
Mit der Regierungsumbildung und der Berufung von Gabriel Attal zum Ministerpräsidenten Anfang Januar hat Macron eine deutliche Wende hin zu konservativen Positionen vollzogen. Unter anderem strebt er eine „zivile Wiederbewaffnung“ des Landes an, das durch gescheiterte Integration verunsichert ist. In den von Schwarzen und Arabern dominierten Vorstädten brodelt es. Macron will ein neues nationales „Wir-Gefühl“ für die Nation schaffen. Im Zentrum der Werteoffensive stehen die Schulen. Kinder sollen die Marseillaise, die Nationalhymne lernen. Macron will Schuluniformen einführen. Gegen den demographischen Niedergang will er eine „demographische Aufrüstung“ durch Geburtenförderung setzen, unter anderem mit einem reformierten Elternurlaub.
Viele dieser Maßnahmen – die Einwanderungsbremse und die Patriotismus-Offensive – fordert Le Pen seit Langem. Die Chefredakteurin der linksliberalen Zeitung „Le Monde“, Sylvia Kauffmann, kritisiert am Präsidenten daher einen „fundamentalen Widerspruch“: „Er benennt Rechtsaußen als den Feind, aber legitimiert einige der Träume der Rechten.“ Die Linken, Sozialisten und Grünen werfen Macron jetzt eine „reaktionäre Politik“ vor. Doch das ist ihm egal. Der viel stärkere Gegner, der ihm zu schaffen macht, steht rechts.
Als personelle Geheimwaffe gegen den RN-Aufschwung wird „Wunderkind“ Attal gehandelt, der 34-jährige neue Premierminister. Er soll gegen den erst 28 Jahre alten, sehr populären RN-Vorsitzenden Jordan Bardella punkten. Bardella (mit mehr als einer Million Followern auf TikTok) ist es gelungen, die etwas angestaubte Rechtspartei, einst von Jean-Marie Le Pen unter dem Namen „Front National“ gegründet, zu modernisieren. Der jetzt 95 Jahre alte Le Pen, der sich in einem rechtsextremen Eck verrannt hat, musste die Partei verlassen.
Als bewusste Abkehr von antisemitischen Ausfällen und Holocaust-Verharmlosung des Alten war auch die demonstrative Teilnahme der Tochter bei Kundgebungen gegen Antisemitismus zu verstehen. „Der Tag, an dem Marine Le Pen für Juden wählbar wurde“, schrieb „Spiegel online“ entgeistert. Marine Le Pen hat sich klar auf der Seite Israels positioniert, im scharfen Kontrast zum Linkspolitiker und Hamas-Versteher Mélenchon. Und auch die vorige Russland-Nähe des RN hat Bardella revidiert. Die Partei sei „naiv gewesen gegenüber Putins Absichten“, sagte er nach dem Angriff auf die Ukraine.
Marine Le Pen wurde gemäßigter
Das Gespann Marine Le Pen und Bardella führt den RN sehr erfolgreich gemeinsam. Einige extreme Positionen – etwa den „Frexit“ (Austritt Frankreichs aus der EU) – haben sie fallengelassen. Die mütterliche blonde RN-Fraktionsvorsitzende mit der rauchigen Stimme kommt im Volk gut an, Bardella hat gerade beim jüngeren Publikum viele Anhänger. Sie arbeiten daran, die Partei zu „entdämonisieren“. Der Schwefelgeruch des Rechtsextremismus, den ihnen die Linken anhängen wollten, verfängt immer weniger. Auch wenn die französische Presse unverdrossen und stereotyp noch immer „l'extrême droite“ (extreme Rechte) schreibt, nehmen immer mehr Bürger die Partei als wählbar und gemäßigt wahr. Immer mehr Franzosen sehen den RN als potentielle Regierungspartei.
Das birgt auch eine Lektion für die deutsche RN-Schwesterpartei Alternative für Deutschland, die im Europaparlament in derselben Fraktion „Identität und Demokratie“ sitzt. Durch strategische Mäßigung kann man größere Wählergruppen erreichen als durch Radikalisierung. Die Idee eines „Dexit“, eines deutschen EU-Austritts, ist nicht populär. Sogar unter den AfD-Wählern unterstützt das nur eine Minderheit von 45 Prozent laut jüngster Umfrage.
Marine Le Pen hat erkannt, dass sie nur dann mehrheitsfähig wird bei den nächsten Wahlen, wenn sie konsequent den Kurs der Mäßigung geht. Sie erreicht immer mehr Wähler der Mitte, Angestellte, Selbstständige, kleine Unternehmer, die von Massenimmigration und Globalisierung verunsichert sind. Radikalere Wähler, die vor allem gegen die Islamisierung kämpfen wollen, machen ihr Kreuz bei der Partei „Reconquête!“ (Rückeroberung) von Eric Zémmour und Le Pens Nichte Marion Maréchal. Diese kommt laut Umfragen zur Europawahl auf sieben Prozent. Der RN liegt aber bei gut 30 Prozent. Die rechtskonservativen Republikaner kommen auf etwa neun Prozent. Insgesamt tendiert die Mehrheit der Franzosen inzwischen klar nach rechts. Macron, der Le Pen zweimal besiegt hat, muss fürchten, dass sie das nächste Staatsoberhaupt wird. Für Europa wäre das ein Erdbeben.