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Christoph Rohde: „Das Kreuz und der Krieg. Prämissen einer realistischen katholischen Friedensordnung“,  Lepanto-Verlag, Rückersdorf bei Nürnberg 2021, broschiert, 386 Seiten, 18,50 Euro
Christoph Rohde: „Das Kreuz und der Krieg. Prämissen einer realistischen katholischen Friedensordnung“, Lepanto-Verlag, Rückersdorf bei Nürnberg 2021, broschiert, 386 Seiten, 18,50 Euro

Religion

Friedensethik als Leitlinie

Christoph Rohde zeichnet einen Gegenentwurf zu linken Globalisierungsidealen

Bernd Kallina
06.11.2021

In dem Buch „Das Kreuz und der Krieg“ von Christoph Rohde geht der Autor auf grundlegende Elemente einer katholischen Friedensethik ein. Sie sind aus christlich-anthropologischen Prämissen abgeleitet. Rohde, ein Vertreter der realistischen Münchener Schule der Politikwissenschaft, signalisiert gleich im Einstiegskapitel mit einem Leitzitat seine realpolitische „Marschrichtung“, denn: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie und Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“

Das Diktum stammt vom Architekten der „Neuen Ostpolitik“ der 1960er und 70er Jahre, von Egon Bahr. Damit ist eine „Präambel“ vorgegeben, weil nach den verheerenden Weltkriegserfahrungen in Deutschland bis heute die Tendenz dominiert, „Realitäten gegen Ideale einzutauschen und lange Papiere gewünschter Weltzustände zu produzieren“, so Rohde.

Einem Großteil der postnational orientierten deutschen Intellektuellen schreibt er ins Stammbuch, dass die von ihnen häufig als Quelle allen Übels attackierten Nationalstaaten in Krisenzeiten eine echte Renaissance erfahren, sie also keineswegs bei globaler Betrachtung als Auslaufmodell zu betrachten sind. Im Gegenteil: Für die Bibel ist ein globalistisches „Weltethos“, gar die Errichtung eines „Weltstaates“ eine Illusion. Es gelte vielmehr in den Völkern und Nationen Gerechtigkeit zu üben und aktiv für deren äußere und innere Sicherheit zu sorgen. Dazu gehört auch die bewaffnete Selbstbehauptung eines Staates.

Zum Aufbau des in zwölf Hauptkapiteln gegliederten Buches: Ausgehend von der erwähnten sicherheitspolitischen Sonderproblematik in Deutschland präsentiert der Autor erfahrungsgesättigte Beispiele, worauf es in der internationalen Politik wirklichkeitsnah ankommt. Im Kapitel 3 wird eine geistesgeschichtlich bedeutsame Idee weiterverfolgt, die in biblisch-augustinischer Tradition steht und sich „Christlicher Realismus nennt“, wie Rohde hervorhebt und ihn so erläutert: „Dieser Ansatz geht von der Unmöglichkeit der Realisierung einer vollkommenen Ethik im Bereich des Politischen aus und basiert auf den anthropologischen Annahmen, die der Kirchenvater (Augustinus) in seinem Hauptwerk ‚Vom Gottesstaat' sorgfältig formuliert hat“, das heißt, „die Lehre postuliert die Unmöglichkeit, individualethisch anwendbare normative Positionen einfach auf die kollektive Ebene zu heben.“

Diese Sicht kann als Zentralaussage gewertet werden, die allerdings von vielen Christen, vornehmlich im Land der Dichter und Denker, häufig auf Unverständnis stößt. Der christlich-grundierten Neigung, die ganze Menschheit gesinnungsethisch von allen Übeln zu befreien, stehen verantwortungsethischen Lösungen (Max Weber) dann oftmals im Wege. Das saloppe Motto dieser Art von „universalistischen Friedensfreunden“: „Mal' eben kurz die Welt retten“ – greift zu kurz.

Die folgenden Beiträge des flüssig geschriebenen Buches widmen sich der Entstehung und Entwicklung der Theorie des „gerechten Krieges“, wobei das katholische Denken der dabei relevanten „Ethik der Kriegführung“ jahrhundertelang eine zentrale Rolle spielte. Rohde: „Die Kategorien der Legitimation des Krieges (jus ad bellum) wurden dabei in Richtung auf die Art der Kriegführung und deren Humanisierung hin (jus in bello) transformiert. Auch in heutigen Zeiten der High-Tech-Kriegführung sind derartige Überlegungen aktueller denn je, Stichwort ,Drohnenkriegführung'“.

Ein weiterer Abschnitt des Werkes macht auf die nur Wenigen bekannte „Rolle der Diplomatie in der römisch-katholischen Kirche“ aufmerksam. Sie sei in vielfacher Hinsicht, so der Autor, als „Mutter“ der modernen Diplomatie zu betrachten. Ein anschließendes Kapitel beleuchtet die von Päpsten bewirkten Friedens-Akzente nach dem Ende des 2. Vatikanischen Konzils in der internationalen Politik. So kann zweifellos Papst Johannes Paul II. als hervorragende Figur in diesem Zusammenhang gesehen werden. Seine Rolle als Pole, der einen erheblichen Beitrag zum Ende des Ostblock-Kommunismus geleistet hat, dürfte unbestritten sein.

Welch friedensstiftende Rolle eine katholische Laienorganisationen spielen kann, wird am Beispiel der Gruppe Sant'Egidio verdeutlicht. Die von Andrea Ricciardi gegründete Vereinigung, inzwischen mit über 50.000 Mitgliedern in mehr als 70 Ländern, spielte beispielsweise eine Schlüsselrolle bei der Beendigung des Bürgerkrieges in Mosambik im Jahre 1992. Dies gelang ihr vor allem durch eine vertrauenswürdige und faire Vermittlungsposition zwischen den streitenden Parteien unter Führung des katholischen Erzbischofes Dom Jaime GonÇalves.

In den letzten Kapiteln geht der Autor unter anderem auf die Idee eines katholischen Kommunitarismus ein. Dabei handelt es sich um eine liberalismuskritische Denkrichtung, welche die Notwendigkeit beziehungsorientierter Gemeinschaftsformen betont und zu einem bürgerschaftlichen Engagement beitragen soll. Es geht vor allem um die Förderung moralisch verbindlicher Standards, denn Recht allein, so die Akteure der Kommunitaristen, „kann den Zusammenhalt von Gesellschaften und die Loyalität von Individuen zu Gesellschaften allein nicht garantieren“.

Das empfehlenswerte Buch schließt mit zehn Aspekten zu einer katholischen Friedensethik, die anstelle eines Epilogs in knapper Form und ungewissen Zeiten des Umbruchs als Leitlinie gelten könnte.


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