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Obere Galerie des Neuen Palais nach drei Jahrzehnten wieder für das Publikum zugänglich – Eine Meisterin steht im Mittelpunkt
Einem Irrtum Friedrichs des Großen ist es zu verdanken, dass im Potsdamer Neuen Palais zwei Gemälde der bedeutenden römischen Renaissancekünstlerin Artemisia Gentileschi (1593–1654) zu sehen sind. Hätte er geahnt, dass die damals einem Mann zugeschriebenen Werke von einer Frau stammten, hätte er vielleicht die Nase gerümpft und die Finger davon gelassen. Erst im frühen 20. Jahrhundert wurde die wahre Herkunft nachgewiesen.
Neben jeweils zwei Gemälden von Guido Reni und Luca Giordano sind Gentileschis Bilder nach drei Jahrzehnten wieder in der Oberen Galerie des Neuen Palais' zu besichtigen. Voraussetzung für die Öffnung der Galerie war ein partieller Fußbodenschutz, denn das wertvolle historische Parkett aus der Erbauungszeit des Hauses darf weiterhin nicht betreten werden. Die zur originalen Ausstattung des Raumes gehörenden Bilder wurden alle von Friedrich dem Großen erworben und 1768 fest in die Wandvertäfelung eingebaut. In den vergangenen 256 Jahren hat man sie nur in Ausnahmefällen entnommen und sehr lange nicht restauriert. Dies hat man nun nachgeholt.
Das Interesse für das Œuvre Artemisia Gentileschis ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Obwohl sie eine der ersten europaweit bekannten Malerinnen war, wurden viele ihrer Gemälde lange Zeit unter männlichen Namen geführt. Inzwischen konnten ihr zahlreiche Werke wieder eindeutig zugeordnet werden. Die feministische Epoche hat sie als Malerstar entdeckt, um deren Werke man sich auf Auktionen reißt. Vor sieben Jahren erzielte ihr Ölbild „Lucretia“ einen Preis von knapp fünf Millionen Euro.
Artemisia wurde maßgeblich von ihrem Vater, dem Maler Orazio Gentileschi, sowie vom Schaffen Michelangelo Merisi da Caravaggios geprägt. Auf dieser Grundlage entwickelte sie eine ganz eigene Ausdrucksform. Ihre Laufbahn wurde jedoch auch von persönlichen Umständen beeinflusst. Mit 17 Jahren war sie Opfer eines Verbrechens: Ein Lehrer vergewaltigte sie. Nach einem demütigenden Prozess wurde sie verheiratet und zog von Rom nach Florenz, wo sie ihr Talent entfalten konnte. Für eine Frau ihrer Zeit außergewöhnlich, ernährte sie ihre Familie mit ihrer Kunst und arbeitete für Königinnen, Fürsten, Kirchenleute und Intellektuelle. Die Gemälde in der Oberen Galerie stammen ursprünglich aus der umfangreichen Sammlung der bedeutenden Adelsfamilie der Farnese. In Deutschland gibt es außer den zwei Gemälden in der Oberen Galerie nur noch eines von ihr in Schloss Weißenstein im bayerischen Pommersfelden.
Ihr Zeitgenosse Guido Reni (1575–1642) aus Bologna war einer der einflussreichsten und begehrtesten Künstler seiner Zeit und des 18. Jahrhunderts. Er arbeitete – immer wieder auch in Rom – mit den Carraccis zusammen, entwickelte bald einen eigenen idealisierenden, eleganten Stil mit klarer Farbgebung. Friedrich der Große erwarb eine Reihe von Bildern von ihm und seiner Werkstatt.
Der Neapolitaner Luca Giordano (1634–1705) zeichnete sich durch seinen sicheren und schnellen Malstil aus, der ihm zu außerordentlicher Produktivität verhalf und ihm den Spitznamen „Luca Fa Presto“ einbrachte. Neben Werken in Neapel hinterließ er auch in Florenz und in Spanien eine Vielzahl von häufig großformatigen Fresken und Ölgemälden. Auch von Luca Giordano besaß der preußische König mehrere Werke.
„Die Rückkehr der Bilder. Schätze des Barock“ in der Oberen Galerie des Neuen Palais in Potsdam, geöffnet Mittwoch bis Montag von 10 bis 17.30 Uhr, Eintritt: 14 Euro. www.spsg.de