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Ein früher Besucher der Prußen: Ibrāhīm ibn Yaqūb. Seine Reisebeschreibungen sind nicht als Einheit erhalten geblieben, sondern in Schriften anderer Autoren enthalten. So auch seine Notizen über die „Brus“
Foto: InternetEin früher Besucher der Prußen: Ibrāhīm ibn Yaqūb. Seine Reisebeschreibungen sind nicht als Einheit erhalten geblieben, sondern in Schriften anderer Autoren enthalten. So auch seine Notizen über die „Brus“

Den Prußen auf der Spur

Frühe Quellen der Prußen

Die weitgehend unbekannte Geschichte des westbaltischen Volkes bleibt Forschungsinhalt der Wissenschaft

Wolfgang Kaufmann
10.02.2021

Die Prußen – oder wie sie sich selbst nannten, Prusai – waren ein westbaltisches Volk, das im Gebiet zwischen der unteren Weichsel und der Memel siedelte und später dann auch den Namenspaten für die geographische Bezeichnung „Preußen“ abgab. Die ursprüngliche Bedeutung von „Prusai“ ist dabei genauso unklar wie die konkreten Wurzeln der prußischen Sprache. Diese hat aber auf jeden Fall Ähnlichkeiten mit dem Lettischen und Litauischen, welche auf eine gemeinsame Herkunft aus dem indoeuropäischen Sanskrit hindeuten.

Archäologischen Befunden zufolge lebten bereits vor rund 5000 Jahren, also während der Jungsteinzeit, Menschen im späteren Preußenland. Und da es weder im Zuge der Völkerwanderung noch bei anderen Gelegenheiten zu einem größeren Exodus aus der Region gekommen ist, müssten das auch die Ur-Prußen gewesen sein. Späterhin bildeten sich dann elf Stämme heraus, nämlich die Samen, Warmier, Natanger, Barter, Pogesanen, Pomesanen, Sassen, Galinder, Sudauer, Nadrauer und Schalauer.

Tacitus, Ptolemaios und Jordanes
Der älteste Text in der Sprache der Prußen stammt aus dem 14. Jahrhundert und berichtet nichts über die frühe Geschichte dieses Volkes. Wer etwas hierüber erfahren will, muss auf römische, griechische, gotische, angelsächsische, deutsche und arabische Quellen zurückgreifen. So zum Beispiel auf die ethnographische Schrift „Germania“ von Publius Cornelius Tacitus, der um 100 n. Chr. über den Bernstein-Handel im Bereich der südlichen Ostseeküste berichtete. Rund 50 Jahre später erwähnte das antike Universalgenie Claudius Ptolemaios in seiner „Geographischen Anleitung“ erstmals zwei prußische Stämme, nämlich die Galinder und die Sudauer. Das nächste Zeugnis entstand dann zur Mitte des 6. Jahrhunderts und stammt aus der Feder des gotischen Gelehrten Jordanes, der die Bewohner des späteren Ostpreußen in „Der Ursprung und die Taten der Goten“ als friedfertige Bauern charakterisierte. Aber auch das war letztlich nur Wissen aus zweiter oder gar dritter Hand.

Wissen aus erster Hand
Einen Augenzeugenbericht lieferte erst der angelsächsische Händler Wulfstan von Haithabu, welcher um das Jahr 890 herum im Auftrag von König Alfred dem Großen bis nach Truso segelte. Das war eine Handelsniederlassung der Prußen am Frischen Haff. Seine Erlebnisse während der Reise und die Bräuche der Menschen in Truso schilderte Wulfstan in einigen Texten, die später in die von Alfred initiierte Übersetzung von Paulus Orosius' Geschichtswerk „Historiae adversum Paganos“ ins Altenglische eingingen und dadurch der Nachwelt erhalten blieben. Ungefähr zur gleichen Zeit verwendete der anonyme Geographus Bavarus in seiner Auflistung der Völker und Stämme von der Donau bis zur Ostsee erstmals die Bezeichnung „Bruzi“.

Ein weiterer früher Besucher des Landes der Prußen war der jüdischstämmige Ibrāhīm ibn Yaqūb, welcher als Gesandter des Kalifen von Córdoba al-Hakam II. fungierte und um 965 von Magdeburg aus ins spätere Ostpreußen reiste. Dessen Notizen über die „Brus“ gelangten nachfolgend in die Hände des andalusischen Geographen Abū Ubaid al-Bakrī, der sie in seiner 1068 beendeten Schrift „Buch der Königreiche und Wege“ verarbeitete.

Christliche Quellen
Mit Beginn der christlichen Missionierung der Prußen ab dem Jahre 997, in dem der böhmische Bischof Adalbert von Prag irgendwo östlich von Danzig an der Ostseeküste landete und dort getötet wurde, tauchten weitere Berichte über das Volk im Raum zwischen Weichsel und Memel auf, die allerdings nach wie vor sehr knapp ausfielen. So finden sich in der Hamburgischen Kirchengeschichte „Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum“ des Domscholasters Adam von Bremen vom Ende des 11. Jahrhunderts lediglich ein paar Sätze über die Ernährungsgewohnheiten der Samen. Deshalb stellen auch die Ausführungen des arabischen Gelehrten Muhammad al-Idrisi noch eine wertvolle frühe Quelle über die Prußen dar. In dem 1154 fertiggestellten Werk „Reise des Sehnsüchtigen zwecks Durchquerung der Horizonte“, das im Auftrag des normannischen Königs Roger II. von Sizilien entstand, schilderte der vorgebliche Nachfahre des Propheten Mohammed den Feuerkult der „Burus“.

Mehr über die Prußen erfuhr die übrige Welt erst im Zuge der Kolonisation ihrer Heimat durch den Deutschen Orden zwischen 1234 und 1283. Dabei blieb die prußische Geschichte der Jahrhunderte zuvor aber trotzdem weitgehend im Dunkeln. Diesbezügliche Erkenntnisse sind daher praktisch nur noch von der Archäologie zu erwarten.


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