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Berichtete über erfolgreiche Jugendarbeit: Die Projektkoordinatorin Andzelika Wolny sprach über das Projekt „Jugendpunkt“
Foto: MRKBerichtete über erfolgreiche Jugendarbeit: Die Projektkoordinatorin Andzelika Wolny sprach über das Projekt „Jugendpunkt“

14. Deutsch-Polnischer Kommunalpolitischer Kongress

„Für ein gemeinsames Haus Europa“

In Allenstein kamen Vertreter der Landsmannschaft Ostpreußen, der Deutschen Minderheit und der polnischen Gebietskörperschaften zusammen

Manuela Rosenthal-Kappi
18.10.2023

Es ist 23 Jahre her, dass die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) ihren ersten Deutsch-Polnischen Kommunalpolitischen Kongress durchführte. Am Wochenende 7./8. Oktober lud die LO zum 14. Kongress ein. Der Einladung waren etwa 60 Teilnehmer aus dem Bereich der Kommunalpolitik, der Vereine der Deutschen Minderheit sowie Kreisvertreter, Wissenschaftler und Kulturvertreter gefolgt. Zweck der Veranstaltung war von Beginn an, Menschen zusammenzubringen, die sich für Frieden, Freiheit und Wohlstand einsetzen und die Netzwerke schaffen, welche auch in Zukunft tragen. Das ist angesichts der aktuellen Lage wichtiger denn je.

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte LO-Sprecher Stephan Grigat die Vertreter der Deutschen Minderheit und besonders Stefan Migus, den Vertreter der ukrainischen Minderheit, sowie die aus Danzig angereiste Konsulin Iris Wolff vom dortigen Generalkonsulat. „Nach der ,Zeitenwende': Deutsche, Polen und die Deutsche Minderheit im Zeichen des Ukrainekriegs“ lautete das Motto des diesjährigen Kongresses. Grigat verglich die Situation in der Ukraine mit der in Ostpreußen in den Jahren 1944/45. Dass es einen solchen Krieg in Europa noch einmal geben könnte, habe er nicht für möglich gehalten. Umso wichtiger sei es, die Kommunikation aufrecht zu erhalten, das Vertrauen zu wahren. Die europäische Einheit sei wichtig für Frieden und Sicherheit.

Ulf Püstow, Mitglied des Bundesvorstands der LO und Kreisvertreter von Treuburg, moderierte die Veranstaltung. Zu Beginn verurteilte er mit klaren Worten den Ukrainekrieg, warnte jedoch auch davor, das russische Volk zu hassen.

„Dialog der Taubstummen“
Nach den Grußworten des Goldaper Politikers Jaroslaw Sloma, des Lokalpolitikers Jacek Piorunek und Migus' eröffnete Professor Arkadiusz Zukowski vom Politischen Institut der Universität Ermland-Masuren in Allenstein die Vortragsreihe zum Thema „Aktuelle deutsch-polnische Beziehungen“. Bezüglich der deutsch-polnischen Beziehungen auf Regierungsebene sprach er von einem „Dialog der Taubstummen“, da es kaum einen solchen gebe. Er stellte die These auf, dass der Neoliberalismus der Nachwendezeit einem Neorealismus gewichen sei. Eskalierende Konflikte weltweit brächten sich wandelnde internationale Beziehungen mit sich. Als Beispiel nannte er die Spannungen zwischen den USA und China.

Man müsse nun gemeinsam an der Lösung der Probleme arbeiten, doch das habe Polen versäumt. „Welche nachbarschaftlichen Beziehungen hat Polen? – Mit keinem Nachbarn“, stellte Zukowski fest. Die Zuhörer quittierten dies mit zustimmendem Lachen. Die Zusammenarbeit mit Deutschland werde für Polen auch künftig eine Schlüsselrolle spielen. Jedoch finde seit etwa zehn Jahren kaum noch wissenschaftliche Kooperation oder auch kirchliche Zusammenarbeit statt.

Wirtschaftlich ist Polen ein wichtiger Handelspartner für die Bundesrepublik und auch umgekehrt bleibe Deutschland für Polen attraktiv. Zuletzt betrugen die deutschen Investitionen rund 35 Milliarden Euro. Und dennoch seien die Beziehungen so schlecht wie in den 1950er Jahren, so der Professor. Dabei könne man sich die deutsch-französischen Beziehungen zum Vorbild nehmen. Die gegenseitige Achtung sei tief verankert, auch wenn die Regierungen sich ändern.

In Polen aber werde gegen Deutsche gehetzt und der Eindruck vermittelt, sie seien neue Ordensritter, die Polen erobern wollten. Als Erklärung hierfür sieht Zukowski in der bundesdeutschen Presse verbreitete Stereotypen, die meist ein negatives Bild zeichneten. Doch diese passten nicht mehr, da Polen sich gewandelt habe. Das Land verfüge über eine moderne Infrastruktur, nicht zuletzt infolge des EU-Beitritts. Eine deutsch-polnische Zusammenarbeit wäre möglich, doch es fehle der politische Wille, so Zukowski. Dass eine gute Zusammenarbeit dennoch möglich sei, zeige sich auf kommunaler Ebene. Hier werde viel geleistet, etwa im Jugendaustausch. Das sollten sich die Regierungen zum Vorbild nehmen.

Kommunen als Vorbild
Die Projektkoordinatorin Andzelika Wolny stellte das Projekt „Jugendpunkt“ vor, das vom Bundesministerium des Inneren und vom polnischen Innenministerium gefördert wird. Es bietet einen Raum für Jugendliche der Deutschen Minderheit, in dem sie ihre Ideen realisieren können. Ganz gleich, ob die Jugendlichen sich mit Sport, Musik oder Kunst beschäftigen – oberstes Ziel ist immer die Förderung der deutschen Sprache. Die Vision des Projekts ist, Klubs dort zu eröffnen, wo es eine Deutsche Minderheit gibt. Im vergangenen Jahr wurden 15 Jugendpunkte eröffnet, die meisten davon in Schlesien, aber zwei auch im südlichen Ostpreußen. Insgesamt nahmen 150 Jugendliche an den Treffen teil. Es gab auch 25 Miniprojekte wie „Breslau entdecken“ oder „Laternenbasteln zu St. Martin“. Wolny zeigte an die Leinwand projizierte Fotos von diesen Aktivitäten.

Neben den „Jugendpunkten“ gibt es auch Kinderklubs für Drei- bis Sechsjährige, als Organisation das „Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit“ sowie die Schulungsreihe ELOm. Beim „Archiv der erzählten Geschichte“ hat der Nachwuchs die Möglichkeit, mit Zeitzeugen zu sprechen und dazu beizutragen, deren Erinnerungen zu bewahren. Bei „Bilingua“ geht es um Zweisprachigkeit. Die herausgegebenen Bücher werden gerne von Schulen, aber auch von Eltern genutzt. Es gibt auch eine Zusammenarbeit mit Ukrainern, daneben sind Jugendaustausche geplant.

Der Vortrag von Michal Schlueter vom Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) über die „Zukunftsperspektiven und Strategie der Deutschen Minderheit für die Jahre 2023 bis 2028“ war dagegen sehr zahlenlastig. Er sprach über die Struktur des Verbandes und die Anzahl der Mitglieder. Ein großes Problem für die Deutsche Minderheit stellt die Kürzung des Deutschunterrichts dar. In der Folge mussten private Schulen schließen, die nur wegen des Deutschunterrichts existierten, Lehrer verloren ihre Stellen. Diese Diskriminierung sieht der VdG als einen Grund dafür, dass sich bei der Volksabstimmung 2021 mehr Menschen als früher, nämlich 144.000, zur Deutschen Minderheit bekannten. In Zukunft will der VdG die Jugendarbeit fördern, um dem Mitgliederschwund entgegenzutreten, und sich um ein moderneres Erscheinungsbild kümmern. 2024 soll eine eigene Marketingabteilung eröffnet werden.

Chantal Stannik war erst seit einer Woche als Kulturmanagerin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) in Allenstein tätig. Lebhaft stellte sie das Institut und seine Arbeit vor, die in erster Linie aus Jugendarbeit besteht. Daneben treffen sich die Kulturassistenten regelmäßig und hospitieren bei deutschen Minderheiten in anderen Staaten wie zum Beispiel Kasachstan, Rumänien oder Georgien.

Zitterpartie Parlamentswahlen
Wichtiges Thema waren die damals bevorstehenden Parlamentswahlen, von deren Ausgang die Zukunft der Deutschen Minderheit beeinflusst wird. Wiktor Marek Leyk, der langjährige Minderheitenbeauftragte des Marschalls, begann die Vortragsreihe am zweiten Tag des Kongresses mit der Aussage, dass die PiS-Regierung den Vereinen Steine in den Weg gelegt und die deutsch-polnischen Beziehungen gestört habe. Die 90er Jahre bezeichnete er als reiche Jahre der Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und er dankte denjenigen, die weitermachen. Bezüglich der Zusammenarbeit mit dem nördlichen Ostpreußen sagte er, dass diese komplett abgebrochen sei wegen des katastrophalen Ukrainekriegs. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Russland einmal ein demokratischer Staat werden könne, machte sich aber keine Illusionen, dass dies nach Putin geschehe. Er lobte die Flüchtlingshilfe der polnischen Regierung.

Bernard Gaida, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten und Vizepräsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten, referierte über die „Deutsche Minderheit im Angesicht des Krieges in der Ukraine. Solidarität und politische Unterstützung“. In der Verzögerung des Aufnahmeprozesses der Ukraine in die EU sieht er einen großen Fehler. Die ehemaligen Warschauer-Pakt-Länder seien EU-begeistert, weil sie unterdrückt worden seien. Es habe eine große Welle der Hilfsbereitschaft seitens der Deutschen Minderheit in der Slowakei, Rumänien, Kasachstan und Georgien gegeben. Viele ehemalige Flüchtlinge hätten geholfen, da man sich als Schicksalsgemeinschaft empfinde.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag von Weronika Kordaczuk, Mitglied des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit (BJDM), der sein 30. Jubiläum feiert. Mit 200 Mitgliedern ist er die größte und älteste Jugendorganisation der Deutschen Minderheit. Sie gibt die Zeitschrift „Antidotum“ heraus, organisiert Stadtrallyes zur Geschichte einer Stadt, unternimmt einen jährlichen Ausflug nach Berlin, organisiert Sprachcamps und unterstützt andere Jugendorganisationen.

Lebhafte Diskussionen schlossen sich an, und in den Pausen sowie beim gemeinsamen Essen gab es in lockerer Atmosphäre einen regen Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Zum Schluss der Veranstaltung lobte Püstow die bemerkenswerte Hilfe für die Ukraine und betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit sei. „Das Miteinander ist wichtig für ein gemeinsames Haus Europa.“

Der Kongress wurde durch das Bundesministerium des Inneren und für Heimat gefördert.


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Kommentare

warheit wanda am 18.10.23, 09:03 Uhr

Nein für ein völkerrechtliches Deutschland in seinen völkerrechtlichen Grenzen, und ein Europa der Vaterländer souveräner Staaten.

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