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Fussball unter Greif und Adler

Pommersche Fußballvereine einst im Wettstreit mit Vereinen im gesamten deutschen Ostseeraum

Thorsten Seegert
08.07.2024

Sie hießen Viktoria Stralsund, Greifswalder SC, Comet Stettin, Sturm Lauenburg oder Fortuna Stolp – Pommersche Fußballvereine. Obgleich sie nicht unter den Gründungsmitgliedern des Deutschen Fußball Bundes (DFB) am 28. Januar 1900 in Leipzig zu finden sind, so fanden sich doch auch an der Küste Rasenfreunde zusammen, um schon bald das runde Leder ins Tor zu kicken.

Wahrscheinlich ist, dass neben dem 1900 gegründeten FC Sport auch der Stettiner Fußballclub Titania (19. Juli 1902) zu dem pommerschen Fußball-Pionieren zählte. Um einen Ligabetrieb aufzubauen, gründete er 1903 mit drei weiteren Clubs – dem bereits erwähnten FC Sport, dem FC Saxonia sowie dem SC Comet – zunächst die Stettiner Fußball-Vereinigung (SFV) und wurde in der Spielsaison 1903/1904 erster Stettiner Fußballmeister.

Allerdings gab es parallel zu diesen Mannschaften noch den FC Greif, den FC Preußen, den FC Hohenzollern, den SC 1903 Stettin sowie den FC Urania, die sich etwa zeitgleich im Verband der Stettiner Ballspiel-Vereine organisiert hatten. Interessant ist auch, dass Titania zu jener Zeit mit dem FC Urania fusioniert war, dann aber wieder eigene Wege ging. Es ist anzunehmen, dass es in den ersten Jahren der Gründungswelle von Rasensportvereinigungen auch zu einigen Querelen zwischen den Vereinen kam.

Kein einfacher Start
Schließlich raufte man sich doch noch zusammen, um den Verband Pommersche Ballspiel-Vereine (VPBV) am 2. Juni 1905 in Stettin zu gründen. Keinem Regionalverband zugeordnet, wurde man zunächst als „Ortsgruppe Stettin“ beim Verband Berliner Ballspielvereine geführt, während die Mannschaften des Verbandes ihre Meisterschaften in Eigenregie austrugen – die erste 1905/1906.

1906 zählte der Pommersche Fußballverband dann bereits 9 Vereine und viele offene Streitpunkte, so dass diese regelmäßig durch Vermittler aus Berlin geschlichtet werden mussten. Mit dem Zusammenschluss der Berliner Verbände endete auch die Mitgliedschaft der „Ortsgruppe Stettin“ . Am 18. Juli 1912 erfolgte die Neugründung des Pommerschen Fußballverbandes. Nun wurden die Fußballer Mitglied im Verband Pommerscher Sportvereine und 1913, nachdem die Gründung eines eigenen regionalen Verbandes gescheitert war, schließlich Mitglied des Baltischen Rasen- und Wintersportverbandes (BRWV). Dies wiederum ermöglichte nicht nur den sportlichen Wettbewerb mit Mannschaften aus Danzig, Westpreußen, Ostpreußen und dem Memelland, sondern auch eine regionale Zuordnung zum Deutschen Fußballbund (DFB).

Baltenmeisterschaft erspielt
Dabei spielte der mehrfache Stettiner Meister Titania nun auch überregional – in Konkurrenz mit dem Lokalrivalen Stettiner SC – sein Können aus. 1920 setzten sich die „Löwen von Zabelsdorf“ mit einem 1:0 gegen den VfB Danzig und mit 2:1 gegen den SV Prussia-Samland aus Königsberg durch und wurden Baltenmeister.

Titania, die in dieser Saison auch an der Endrunde der Deutschen Meisterschaft teilnahm, siegte im Viertelfinale gegen den SV Arminia Hannover im Holstein-Stadion Kiel am 16. Mai 1920. Nach einem Rückstand von 1:0 zur Halbzeit konnte sich Titania nach dem Ausgleich in der Verlängerung dank des zweifachen Torschützen Richard Grapow mit 1:2 vor 4.000 Zuschauern durchsetzen, unterlag aber im Halbfinale am 30. Mai 1920 in Berlin dann dem späteren Deutschen Meister 1. FC Nürnberg deutlich mit 3:0. Auch in den Folgejahren spielte die Titania erfolgreich Fußball. So wurde die Mannschaft in der Spielsaison 1926/1927 erneut Baltenmeister und stand noch weitere fünf Mal in der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft.

Spielsystem anders
Interessant ist auch das System, das damals gespielt wurde: Titania trat bei der Deutschen Meisterschaft gegen den HSV (1921/1922) neben Torwart Walter Haupt mit 2 Verteidigern, 4 Mittelfeldspielern und 4 Stürmern (1-2-4-4) an.

Die Vereine aus Vorpommern – zu ihnen zählten erfolgreiche Mannschaften wie der VfB Swinemünde oder Stralsund 07 – gehörten bis zur Saison 1925/1926 übrigens noch zum Norddeutschen Fußball-Verband (NFV) und spielten dann ab 1928 im Baltenverband mit. Titania, einst Aushängeschild des pommerschen Fußballs im Verband, geriet zunehmend ins Hintertreffen – auch seinen Lokalrivalen gegenüber. Der Einsatz von mehr Geld endete 1930 im Konkurs, sodass die verbliebenen Fußballer zum blau-weißen VfL Stettin wechselten.

1933 wurde der Baltenverband aufgelöst. Nun wurden die pommerschen Vereine in der Gauliga mit einer Staffel „Ost“ und „West“, beziehungsweise der zweitklassigen Bezirksliga Pommern organisiert. Meister dieser neuen Liga waren mehrfach Victoria Stolp sowie der Stettiner SC, der 1922 schon als Baltenmeister Erfolge feiern konnte. Auch der Stettiner VfL konnte in der Saison 1939/1940 noch einmal Erfolge feiern: Die Blau-Weißen wurden durch einen Sieg über Germania Stolp im Entscheidungsspiel (2:5), nachdem Hin- (1:2) und Rückspiel (1:0) keinen klaren Sieger brachten, Pommern-Meister.

Die Kriegsjahre wurden durch Einberufungen, Treibstoffmangel, Bombenangriffe bestimmt. In der Gauliga gab es nur noch 10 Mannschaften, die zudem durch Militärsportvereine und Betriebssportgemeinschaften dominiert wurden. Zunächst eingeschränkt, kam der Spielbetrieb 1944 endgültig zum Erliegen.

Torschützenkönige dabei
Wie schon oft vor 1933 scheiterten die pommerschen Fußballvereine bereits in der ersten Runde der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft, einzige Ausnahme war der Heeressportverein Groß Born, der seinen Ursprung 1933 in Kolberg hatte. In der Saison 1943/1944 gewann der Militärsportverein alle 10 Spiele der Gauliga Ost-Pommern mit einem Torverhältnis von 83:2. Wen wundert es? Bei dem Verein spielte unter anderem Edmund „Ed“ Conen (1914-1990), genannt „Rolly“ – der Mittelstürmer wurde 1934 als einer der drei Torschützenkönige bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Italien geführt. Und an seiner Seite spielten in Groß Born bei Neustettin damals vier weitere Nationalspieler: Torwart Alexander Martinek (1919-1945), Wilhelm Sold (1911-1995), Ernst Plener (1919-2007) und Otto Rohwedder (1909-1969).

Das Halbfinale der Deutschen Meisterschaft in Hannover gegen den Luftwaffen-Sportverein Hamburg ging 2:3 verloren Auf das Spiel um Platz 3 gegen den 1. FC Nürnberg wegen der Kriegslage verzichtet.


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