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Gebhard Leberecht Fürst Blücher von Wahlstatt

Martin Stolzenau
30.08.2019

Gebhard Leberecht von Blücher ist in allen aktuellen Lexika aufgeführt, wird in zahlreichen Geschichtswerken zur napoleonischen Zeit behandelt und kann zudem auf eine umfangreiche Blücher-Literatur verweisen, die sich besonders zum 200. Todestag ausschließlich mit dem Leben, Wirken und der Bedeutung des Kriegshelden beschäftigt. Er erlangte im Befreiungskampf gegen Napoleon I. den Nimbus eines „Volkshelden“, wurde in den Fürstenstand erhoben und gehörte als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der preußischen Truppen zu den maßgeblichen Siegern der legendären Schlacht von Waterloo mit dem endgültigen Sieg über Napoleon I.

Sein Wirken trug ihm den Beinamen „Marschall Vorwärts“ ein und eine große Nachwirkung, die bis heute reicht. Weit weniger bekannt ist allerdings, dass Preußens Kriegsheld eigentlich aus Mecklenburg stammte, wegen seines ausschweifenden Lebens als junger Offizier in Pommern einst vom Dienst suspendiert wurde und außer mit Mecklenburg und Pommern auch mit Ostfriesland engeren Kontakt hatte.

Blücher entstammte einer alten Adelsfamilie, die seit Ulrich von Blücher, einem Ministerialen, seit 1214 bei Boitzenburg an der Elbe nachgewiesen ist und sich im 14. Jahrhundert in zwei Linien teilte. Vater Christian Friedrich von Blücher gehörte zum Rosenower Familienzweig und ist als Gutsbesitzer und Rittmeister überliefert.

Die Mutter war eine Tochter von Hans Barthold von Zülow, Herr auf Pätrow und Toitenwinkel bei Rostock. Sohn Gebhard Leberecht wurde am 16. Dezember 1742 in Rostock geboren. Er wuchs über 15 Jahre in Rostock und den nahen elterlichen Gütern auf, besuchte die Rostocker Stadtschule und trat bei einem Aufenthalt bei seinem Schwager auf Rügen zusammen mit seinem Bruder 1758 als Junker in eine Husarenschwadron der schwedischen Armee ein. 1760 kam er in preußische Kriegsgefangenschaft, wo er in die preußische Armee wechselte und schnell zum Premierleutnant aufstieg. Nach dem Friedensschluss von 1762 verbrachte er sieben Jahre in den pommerschen Garnisonen von Stolp und Bütow. Er erlangte dabei mit seinem ausschweifenden Leben überregionale Bekanntheit. Seine Spielsucht, die ihn oft verschulden ließ, begleitete ihn auch später.

In der pommerschen Phase lernte Blücher auch Caroline von Mehling kennen. Ihr Vater war Oberst und besaß einige Güter. Pommern gedieh für den jungen Offizier zur ersten Zäsur. 1772 wurde er wegen seiner strittigen Lebensweise und einer dienstlichen Verfehlung von Friedrich dem Großen entgegen seiner Erwartungen nicht zum Schwadronchef erhoben. Auf diese Zurückstellung reagierte Blücher recht schroff und wenig untertänig. Das ließ sich König Friedrich II. nicht bieten: „Der Rittmeister von Blücher soll sich zum Teufel scheren!“. Der aufmüpfige Offizier wurde im Januar 1773 aus dem Dienst entlassen. Das war es dann erst einmal mit der Offizierskarriere. Blücher heiratete danach in Pottlitz Caroline von Mehling und zog sich enttäuscht auf die vom Schwiegervater übernommenen Pachtvorwerke zurück. Sein Hochzeitsort Pottlitz, ein Besitztum seines Schwiegervaters, lag im Landkreis Flatow, das mit der ersten polnischen Teilung 1772 an Preußen gefallen war.

In Blüchers Besitz kam durch die Heirat eine größere Mitgift. Damit kaufte der entlassene Offizier das Rittergut Groß Raddow bei Labes im Landkreis Regenwalde in Hinterpommern, das heute den polnischen Namen Radowo Wielkie trägt. Der nunmehrige pommersche Landjunker Blücher brachte die Güter in die Gewinnzone, wurde Deputierter der Landschaftsdirektion in Stettin und fungierte zusätzlich als pommerscher Regionalpolitiker. Doch letztlich war er trotz der Erfolge mit seinem zivilen Landleben unzufrieden. Allein die Jagd und die Teilnahme in der Freimaurerloge in Stargard boten Abwechslung. Deshalb setzte Blücher spätestens ab 1785 alle Hebel in Bewegung, um seine Offizierskarriere fortzusetzen. Aber Friedrich II. ließ sich nicht eweichen. Erst nach des Königs Tod und zahlreichen Bittschriften wurde Blücher 1787 vom neuen König Friedrich Wilhelm II. wieder in preußische Militärdienste übernommen. Der Preußenkönig ernannte ihn zum Major sowie Schwadronchef. Während der Kämpfe gegen das französische Revolutionsheer zeichnete sich Blücher als Kavallerieführer aus. Er legte nun so richtig los, offenbarte seine militärische Begabung und stieg zum Generalmajor auf. Mehr noch. Blücher residierte als Regimentskommandeur in Emden in Ostfriesland, wo er nach dem Tod seiner ersten Frau im Jahre 1791 im Verkehr mit Peter von Colomb in Aurich auch dessen Familie kennenlernte. Colomb, der einer bürgerlichen Hugenottenfamilie entstammte und im preußischen Staatsdienst aufgestiegen war, fungierte in Aurich als Präsident der preußischen Kriegs- und Domänenkammer und galt über Jahrzehnte als die maßgebliche Schlüsselgestalt Preußens für Ostfriesland. Für seine Verdienste um die Erneuerung der Region wurde er in den Adelsstand erhoben.

Blücher und Colomb verstanden sich wohl gut. Dazu kam die Zuneigung des Witwers zur Tochter, die allerdings 30 Jahre jünger war. Für den General war das kein Hindernis. Im Gegenteil. So kam es 1795 zur Heirat in Sandhorst, heute ein Ortsteil von Aurich, dem Verwaltungszentrum von Ostfriesland. Damit wurde die junge Frau von Blücher auch die Stiefmutter der Blücherkinder aus dessen erster Ehe. Mehr noch, Peter von Colomb, ihr Bruder, wurde in der Folge bei seiner Karriere als preußischer Offizier durch Blücher gefördert und brachte es später zum General der Kavallerie.

Nach Ostfriesland wurde Münster die nächste Hauptwirkungsstätte für Blücher, wo er ab 1803 als Gouverneur wirkte. Mehr noch. Er trat für eine Reform des preußischen Heeres und gegen die Prügelstrafe auf. Vergebens. Preußen schlitterte mit einer unfähigen Führung in die Niederlage vom Oktober 1806 gegen Frankreich. Blücher leistete im Unterschied zu den Versagern der Hofkamarilla auch nach Jena und Auerstedt noch über drei Wochen auf der Flucht Widerstand gegen Napoleon I. und gelangte über Havelberg und das neutrale Mecklenburg nach Lübeck, wo er schließlich kapitulierte. Nach einem halben Jahr in Gefangenschaft wurde er bei seiner Rückkehr nach Preußen 1807 zum Generalgouverneur der Provinz Pommern ernannt. Die Region war inzwischen seine zweite Heimat. Blücher gehörte hier in der Folge zu den Reformern, war ständig bereit zum Losschlagen gegen den französischen Usurpator und bekam zu Beginn der Befreiungskriege 1813 den Oberbefehl über die Schlesische Armee. An deren Spitze setzte er in den Schlachten bei Groß Görschen, bei Bautzen, an der Katzbach und vor allem in der Völkerschlacht bei Leipzig Akzente für die Befreiung Deutschlands. Damit gedieh er zum Mythos.

Der König beförderte ihn zum Generalfeldmarschall und nach weiteren Siegen sowie dem Frieden von Paris als Fürst von Wahlstatt in den Fürstenstand. Aber der greise Haudegen, der sich nicht schonte, war mit seinen Kräften am Ende. Er legte den Oberbefehl nieder und zog sich zurück. Blücher war mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses allerdings unzufrieden. Er erlebte die Rückkehr Napoleons I. von der Insel Elba und wurde sofort zum Oberbefehlshaber der preußischen Feldarmee ernannt, die unter seiner Führung den letzten Waffengang mit dem Kaiser austrug. Er war es, der den bedrängten englischen Befehlshaber Wellington bei Waterloo rettete, dessen Spruch in die Geschichte einging: „Ich wollte, es wäre Nacht und die Preußen kämen.“ Blücher kam gerade noch rechtzeitig und sorgte für den Sieg von Waterloo.

Der Marschall Vorwärts erhielt in Paris ein Eisernes Kreuz mit goldenen Strahlen, dann das Gut Krieblowitz mit einem repräsentativen Schloss in Schlesien und ein Haus am Pariser Platz in Berlin. Dazu wurde er Mitglied im Staatsrat. Die Berliner Universität und die englische Universität in Oxford erhoben ihn zum Dr.h.c. Auch England wusste um den Anteil Blüchers am Sieg von Waterloo bis dahin, dass George Stephenson eine seiner ersten Lokomotiven nach Blücher benannte.

Der greise Generalfeldmarschall hatte Großes geleistet, wurde mit Auszeichnungen vieler Länder überschüttet, galt als Volksheld und lebte nun abwechselnd in Karlsbad, Berlin und Krieblowitz, wo er am 12. September 1819 starb und in einem eigens dafür errichteten Mausoleum bestattet wurde. Diese Gruft erlitt aber 1945 nach der Besetzung durch die Rote Armee arge Beschädigungen. Dazu ist das Grab seitdem leer. Neben seiner jungen Frau, die ihn um 31 Jahre überlebte, hinterließ Blücher sieben Kinder, die aus seiner ersten Ehe stammten. In Rostock, Berlin sowie Breslau und Stolp entstanden repräsentative Denkmäler zu seinen Ehren. Deutschlandweit tragen Straßen, Plätze und auch Schiffe seinen Namen. Dazu sind einige Gemälde, die ihn im Porträt und als Schlachtenlenker darstellen, und seine Totenmaske überliefert.


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