Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Thomas Hartwig erzählt anhand der Geschichte eines Heimatrückkehrers dessen Suche nach der eigenen Identität
Mit dem Roman „Hoywoj“ hat der Schriftsteller und Regisseur Thomas Hartwig einmal mehr sein Engagement gegen Diskriminierung und Ausgrenzung zum Ausdruck gebracht. Der Titel des Buches bezieht sich auf das Kürzel Hoywoj für Hoyerswerda, gebildet aus den Anfangssilben des deutschen Ortsnamens und des sorbischen Ortsnamens Wojerecy. Zu trauriger Berühmtheit kam die Stadt im Braunkohlerevier der Oberlausitz durch die ausländerfeindlichen Ausschreitungen von 1990/91, die im September 1991 in dem Pogrom gegen Flüchtlinge in einem Asylheim kulminierten. Die Tatsache, dass die feindselige Gesinnung der damaligen Täter heute noch ihre Blüten treibt, bildet den immanenten Rahmen dieser Familiengeschichte über drei Generationen.
Protagonist ist der Cellist Patrick Scado, ein Musiker aus Köln, der nach 20 Jahren erstmals wieder nach Hoyerswerda reist, wo er aufgewachsen ist, um seinen schwerkranken Großvater zu besuchen. Dort erhält er die erschütternde Mitteilung, dass seine sorbische Großmutter Waltraud geborene Schiebschick 1993 von einem rechtsradikalen Jugendlichen erschlagen wurde. Weder seine Mutter und noch sein Großvater hatten den damals Sechsjährigen über die schreckliche Ursache des Todes der geliebten Großmutter aufgeklärt.
Von seinen Verwandten Schiebschick im sorbischen Dorf Sollschwitz erfährt Scado, dass die katholische sorbische Minderheit in der sächsischen Oberlausitz nach wie vor mit Einschüchterungsversuchen rechtsradikaler Jugendgruppen konfrontiert ist. In der NS-Zeit war die Sprache der sorbischen Minderheit in der Lausitz verboten und es kam zu Strafaktionen.
Die junge Marja Schiebschick aus Sollschwitz war 1942 als Hauswirtschafterin auf Schloss Steinort in Masuren dienstverpflichtet. In einem Flügel des als kriegswichtig eingestuften Schlosses wohnte Heinrich Graf von Lehndorff mit seiner Familie, der Mitverschwörer des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944. In der anderen Hälfte war das Feldquartier von Reichsaußenminister Ribbentrop eingerichtet. Marja wird ein Jahr später die Mutter von Waltraud, Patrick Scados Großmutter. Der Vater, ein Soldat, bleibt im Krieg verschollen.
Ein paar Fehler in dem unterhaltsam geschriebenen Roman fallen auf. So kann Scado, der mit einer Französin verheiratet ist, mit dem Begriff „Croissant“ nichts anfangen. Schwerer wiegt die Panne des für den Klappentext verantwortlichen Lektorats, das Schloss Steinort „in den Masuren“ verortet hat.
Thomas Hartwig: „Hojwoj“, LiteraturVERLAG, München 2023, gebunden, 578 Seiten, 25,50 Euro