Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Nach dem Raphaelswerk, das sich auf Auswanderer beschränkt, entstand vor 125 Jahren der Deutsche Caritasverband
Zunächst sah die Kirche in der durch die Industrialisierung erzeugten Massenarmut eine Folge des sittlichen Verfalles und der Entchristlichung. Doch vertraten zunehmend christliche Stimmen die Ansicht, dass es auch Aufgabe der Kirche sei, mit ihren karitativen Mitteln der sozialen Not zu begegnen und vorzubeugen. Massenarmut und Arbeitslosigkeit begünstigten die Massenauswanderung der Deutschen nach Übersee.
Während sich um die verarmten Arbeiter und Arbeitslosen Pfarreien, Ordensleute und Bruderschaften kümmerten und vereinzelte Unternehmer in Eigenregie erste Sozialkassen für ihre Arbeiter einführten, die ab den 1880er Jahren vom deutschen Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck als Modell übernommen wurden, kümmerte sich um die Auswanderer, die Deutschland für immer verließen, fast niemand mehr.
Die beiden Gründer verband vieles
Am 26. Juni 1865 sank auf dem Atlantik nach einem Brand der Dreimaster „William Nelson“ mit deutschen Auswanderern an Bord. 438 Menschen kamen in den Fluten ums Leben, weitaus weniger konnten sich retten. Die Geretteten wurden nach Le Havre in Frankreich gebracht.
In Le Havre wirkte damals ein junger deutscher Kaufmann, Peter Paul Cahensly (1838–1923) als Mitglied der Gemeinschaft der Vinzenzbrüder. Cahensly hörte sich die Schilderungen der 62 in Le Havre angekommenen Überlebenden der „William Nelson“ an und machte sich zum Anwalt der Auswanderer. Er forderte nicht nur bessere materielle Bedingungen auf den Auswanderungsschiffen, die eigentlich Frachtschiffe für den Transport von Tabak und Baumwolle von Amerika nach Europa waren und von Europa aus Auswanderer als Fracht mitnahmen. Denn Cahensly schockierten mehr noch als die materiellen die psychischen und seelischen Bedingungen der Auswanderer auf den Schiffen. Sechs Wochen nach dem Schiffsuntergang berichtete er den Teilnehmern der Generalversammlung des Katholikentages in Trier von den dramatischen Ereignissen.
1868 gründete er auf dem Katholikentreffen in Bamberg das „Comité zum Schutze deutscher Auswanderer“ und 1871 den nach dem als Schutzengel der Reisenden geltenden Erzengel Raphael benannten St.-Raphaels-Verein, das heutige Raphaelswerk. Auch in den Vereinigten Staaten, Algerien und in Australien wurden Raphaels-Vereine zur Betreuung der Auswanderer nach ihrer Ankunft gegründet.
Cahensly stammte aus Limburg an der Lahn. Ebenfalls aus dem Bistum Limburg stammte der junge Priester Lorenz Werthmann (1858–1921). In ihm fand Cahensly einen Mistreiter und Freund. Der konservative Sozialpolitiker war wie Cahensly Migrationsexperte. Beide hatten zunächst bei ihrer Fürsorge vor allem Auswanderer im Blick. Für Werthmann und Cahensly war dabei zentral, dass die auswandernden Katholiken neben ihrer Würde auch ihre Kultur und ihren Glauben behielten, beides hing für sie zusammen. Aus dieser Sorge machten Kritiker beiden später den Vorwurf der Deutschtümelei.
Am 9. November 1897 gründete Werthmann in Köln den „Charitasverband für das katholische Deutschland“, den heutigen Deutschen Caritasverband (DCV). Er wurde der erste Präsident dieses Verbandes, der seinen Sitz später nach Freiburg i. Br. verlegte. Werthmann erweiterte den Fokus der Betreuten über die Armen und deutschen Auswanderer hinaus auf fast alle Notleidenden in Deutschland. Dazu gehörten Saisonarbeiter, Seeleute, Obdachlose, Waisen, Alkoholiker sowie körperlich und geistig behinderte Menschen.
Das Deutsche Reich war zu groß, als dass sich die Not im Lande bürgernah von einem einzigen Ort aus hätte bewältigen lassen. So entstanden ab 1901 auf Diözesenebene die ersten Diözesanverbände der Caritas, der erste in der Freiburger Nachbardiözese Straßburg, die damals zum Deutschen Reich gehörte. Der Deutsche Katholikentag von 1913 in Metz und der Beginn des Ersten Weltkriegs gaben den letzten Impuls zur Gründung von Diözesanverbänden überall in Deutschland.
Die Wohltaten zahlten sich aus
Der Erste Weltkrieg und die grassierende Spanische Grippe brachten neue Notsituationen für die Menschen, brachten Kriegsversehrte, Waisen und Witwen. Im Jahre 1916 legitimierten die deutschen Bischöfe den Caritasverband als Sozialdienst der katholischen Kirche und sicherten ihm ihre Förderung zu. Als der erste Präsident des Caritasverbandes fünf Jahre später starb, hatte dieser eine feste organisatorische Basis. Werthmanns Nachfolger Benedict Kreutz investierte in den 1920er Jahren in die Ausbildung der Mitarbeiter des Verbandes.
Ab 1933 führte der Monopolanspruch des NS-Staats auch im Sektor Wohlfahrtspflege zur Auflösung vieler kirchlicher Einrichtungen. Der Deutsche Caritasverband wurde jedoch als einziger solcher Träger nicht gleichgeschaltet. Dies gilt als Verdienst des unablässigen, zugleich mutigen und vorsichtigen Einsatzes des Präsidenten Kreutz, der im Ersten Weltkrieg Feldgeistlicher gewesen war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren der Caritasverband und sein protestantisches Pendant, das neu gegründete Hilfswerk der Evangelischen Kirche, als einzige überregionale Organisation sofort arbeitsfähig und kümmerten sich um die notleidende Bevölkerung. In dieser Situation halfen als erste die Nachkommen der deutschen Auswanderer in Brasilien und Argentinien dem am Boden liegenden Deutschland. Nun zahlte sich aus, dass man schon im 19. Jahrhundert die Auswanderer nicht alleingelassen hatte.
Aus dieser Hilfe aus Ländern, die teils selbst arm waren, entstand in den 1950er Jahren die Auslandshilfe des Deutschen Caritasverbandes. Heute leistet Caritas international als für Auslandseinsätze zuständige Abteilung des DCV in mehr als 80 Ländern weltweit Not- und Katastrophenhilfe. Mit fast 700.000 Mitarbeitern in 25.000 Einrichtungen ist die Caritas heute der mitgliederstärkste Wohlfahrtsverband in Deutschland.
• Bodo Bost studierte Theologie in Straßburg und Islamkunde in Saarbrücken. Seit 1999 ist er Pastoralreferent im Erzbistum Luxemburg und seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Public Responsibility an der kircheneigenen Hochschule „Luxembourg School of Religion & Society“.
sitra achra am 15.11.22, 15:47 Uhr
Man kann natürlich alles schlechtreden, wenn man keinen innere Beziehung zu den Menschen, Dingen oder Institutionen hat.
Pauschale Kritik verhallt im Nirgendwo und verbessert nichts.
Der aktuelle vorherrschende Nihilismus kommt bombastisch und großsprecherisch und rechthaberisch daher und hat noch niemals etwas Positives hervorgebracht.
Die Caritas hingegen hilft unter dem Einsatz von freiwilligen Helfern zumeist Menschen, die aufgrund ihrer Lebenssituation dringend auf Hilfe angewiesen sind. Kein Staat kann diese persönliche Zuwendung je ersetzen. Ohne einen tief empfundenen christlichen Glauben wäre solch ein Einsatz kaum denkbar. Ich bin daher gerne Katholik.
Kersti Wolnow am 09.11.22, 12:59 Uhr
Die Kirche hat sich die letzten 60 Jahre selbst entkernt, indem sie es zuläßt, daß Medien und Politik ihre 10 Gebote übertreten dürfen.
Ihre Feiertage dienen dem Mammon, seit September gibt es Pfefferkuchen, überall präsentert sich der Elch, der in unseren Breiten außer in Ostpreußen gar nicht vorkommt.
Kirchen wurden nach dem Bombenterror nicht wieder restauriert, so bis heute St. Nikolai in HH. Sie steht als Ruine.
An ihren Feiertagen kommen medialer Kitsch, Gewalt und Sex, zunehmend mit Kontinentfremden oder Gleichgeschlechtlichen aus der Glotzkiste. Die Kirche trennt eher Völker als daß sie verbindet. Alles mit ihr ist international, also global.