09.05.2025

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Auf dem Kirchhof von Alt-Teterin: Dieses bescheidene Denkmal erinnert an die Tragödie, die kurz vor Kriegsende in dem kleinen vorpommerschen Dorf geschah
Bild: Karl-Heinz EngelAuf dem Kirchhof von Alt-Teterin: Dieses bescheidene Denkmal erinnert an die Tragödie, die kurz vor Kriegsende in dem kleinen vorpommerschen Dorf geschah

Gedenken

Gepeinigte Frauen verloren alle Hoffnung

Unglaubliches Geschehen am Kriegsende erschüttert auch heute noch und darf nicht vergessen werden

Karl-Heinz Engel
08.05.2025

Mit der Einnahme Pommerns durch die Rote Armee erfuhren 1945 abertausende Zivilpersonen, zumeist Frauen und Kinder, unermessliches Leid. Und das nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land. Als schlimmes Beispiel gilt auch das Dorf Alt-Teterin bei Anklam im heutigen Kreis Vorpommern-Greifswald, das sowjetische Soldaten am 29. April 1945 besetzten. Es war der Anfang zu einem Martyrium, dem sich in der Folge die rund hundert Einwohner und ein am Tag zuvor eingetroffener Flüchtlingstreck ausgesetzt sahen. Ein Martyrium, das 32 Menschenleben kostete.

Was geschah, blieb allerdings über Jahrzehnte hinweg im Ungewissen, denn in der DDR rührte man ein solches Thema lieber nicht an. Und so wurde das Ausmaß der Geschehnisse erst nach 1990 bekannt. Verdient gemacht hat sich darum die Alt-Teteriner Ortschronistin Angela Krüger, von der im Anklamer Heimatkalender Jahrgang 2000 ein Aufsatz über die Zustände Ende April, Anfang Mai 1945 in dem abgelegenen Dorf erschien.

Danach durchstöberten Rotarmisten nach der Besetzung sogleich die Gehöfte nach deutschen Soldaten, Uhren und Wertsachen, trieben Pferde zusammen, spannten einige vor die beladenen Treckfuhrwerke und verschwanden damit. Die wenigen alten Männer, die jüngeren standen an der Front, saßen in Gefangenschaft oder waren gefallen, wurden indes unter den Furchtbares ahnenden Blicken der Zurückgebliebenen ins benachbarte Gutsdorf Stretense geführt. Wozu wusste niemand. In den Abend- und Nachtstunden fielen Rotarmisten dann gruppenweise über die entsetzten Alt-Teteriner Frauen und Mädchen her und vergewaltigten sie, wo sie nur greifbar waren.

Von Stretense drang derweil ein grässlicher Motorenlärm bis Alt-Teterin, für den die gepeinigten Frauen keine Erklärung fanden. Plötzlich soll sich unter ihnen das Gerücht breit gemacht, dass die Männer in Stretense durch einen Fleischwolf gedreht wurden. Fatal, denn was würde noch geschehen? „Überall herrschte rohe Gewalt, ständig wurden Gewehre auf unbewaffnete Frauen, Kinder und Greise gerichtet. Die Lage schien aussichtslos“, beschreibt die Ortschronistin die damalige Situation.

Völlig verzweifelt nach all dem Durchgemachten und wohl dem Wahnsinn nahe flüchteten einige Frauen mit ihren Kindern in ein Bruchgelände, ertränkten ihre Kinder in einem Wassergraben und erhängten sich selbst in den Bäumen. Andere setzten ihrem Leben auf Dachböden ein Ende. So starben 32 Menschen zwischen dem 30. April und dem 2. Mai 1945.

Nach einigen Tagen ließ man die nach Stretense gebrachten Männer frei. Den Totgeglaubten war befohlen worden, das dortige Gutsvieh zu schlachten. Den unerklärlichen Lärm hatte ein Stromgenerator erzeugt. Als Arbeitslohn sollen den Männern Schweineköpfe mitgegeben worden sein. Als sie ihr Heimatdorf betraten, offenbarte sich ihnen die unfassbare Tragödie.

Auf dem Kirchhof von Alt-Teterin erinnert seit 2009 ein bescheidenes Kreuz und eine Namensplatte an die erschütternden Geschehnisse kurz vor Kriegs­ende.


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Kommentare

Gregor Scharf am 08.05.25, 13:51 Uhr

Krieg kennt keine Moral. Das werden Schreibtischtäter, die Kriege anzetteln und sich später über die rohe Gewalt echauffierenn, nie begreifen. Weshalb nach meiner Auffassung jeder dieser Verbrecher im Nadelstreifenanzug in eine Uniform gesteckt gehört und anschliessend in die erste Reihe der ersten Angriffswelle.
Wer sich auf Krieg einlässt, muß damit rechnen, dass er verliert. Leidtragende sind allesamt, die Soldaten an den Fronten, in den Gefangenenlagern und Folterkellern wie auch die sich in Sicherheit Wiegenden tief im Hinterland.
Es ist die Schwäche der unorganisierten Volksmassen, dass sie immer wieder den Kriegstreibern auf den Leim gehen und am Ende dafür bezahlen, wie oben beschrieben. Nur zu leichtfertig werden auch heutzutage solche mahnenden Zeitzeugnisse in den Wind geschlagen. Wir müssen kriegstüchtig werden. Was für eine dämliche Aussage. Wir müssen wehrhaft werden und bleiben, hätte es heissen müssen.

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