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Den Hohenzollern innig verbunden – 500 Jahre „Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle“
Die Erzeugung von Siedesalz machte Halle an der Saale reich. Noch immer besteht dort die „Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle“. Sie hat um die 50 Mitglieder. Zwar betätigen sich die auch als „Halloren“ bezeichneten Brüder nur noch beim Schausieden als Salzwirker. Aber sie halten die Traditionen der Salzwirker-Brüderschaft lebendig. Das trug ihnen die Aufnahme ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes ein. Überdies hüten sie das materielle Erbe. Das verzeichnet noch immer Neuzugänge: So überreichte Halles der seinerzeit stellvertretende Oberbürgermeister Egbert Geier der Brüderschaft zum 500-jährigen Bestehen eine Fahne.
Das genaue Gründungsdatum der Brüderschaft ist unbekannt. Aber immerhin ist das Jahr überliefert. Der Königlich Preußische Geheime Regierungsrat und Salzgraf Johann Christoph von Dreyhaupt berichtet in seiner 1749 erschienenen Chronik, dass die Salzwirker mit Erlaubnis des Landesherrn Kardinal Albrecht von Brandenburg „Anno 1524 eine neue Brüderschafft zu Ehren der Jungfrau Marien angerichtet, und dazu allerley Ornat an silbernen Geschirren, Altar-Tüchern und Meßgewandten angeschafft“ hatten.
Aber schon bald sorgte Albrecht für grundlegende Veränderungen: Er ließ sich den Ornat aushändigen und wandelte die 1524 gegründete Betgemeinschaft 1525 in eine fromme Berufsgenossenschaft um, deren Mitglieder einander beistehen sollen. Das tun sie noch heute.
Der Salzgraf übte als Statthalter des Landesherrn die Aufsicht sowie die oberste Gerichtsbarkeit über die Salzarbeiter und deren „Pfänner“ genannte Dienstherren aus. Das Erzstift Magdeburg, zu dem Halle gehörte, fiel 1680 an das Kurfürstentum Brandenburg, das somit erstmals über eigene Solequellen verfügte. Allerdings waren die Methoden der Produktion von Siedesalz in den mehr als 100 „Kothen“ genannten kleinen Siedehütten im Thale zu Halle rückständig. Zwei in der Wunderkammer der Franckeschen Stiftungen aufbewahrte Modelle aus dem frühen 18. Jahrhundert überliefern uns das Aussehen der Siedekothen.
König Friedrich Wilhelm I. eröffnete in Konkurrenz zur Saline im Thale zu Halle 1721 auf einer Insel in der Saale die mit großen Siedehallen ausgestattete Königlich Preußische Saline. Sie wurde 1868 der Pfännerschaft übergeben, die nun die Salzproduktion im Thale zu Halle aufgab. Seitdem ist der heute „Hallmarkt“ genannte Platz unterhalb der Marktkirche bis auf den mit Figuren aus Halles Geschichte geschmückten Brunnen wie leer gefegt. Die mit szenischen Reliefs ausgestatteten Bodenplatten aus Messing markieren die Lage der fünf stillgelegten Solebrunnen.
Der Sitz des Salzgrafen war das „Thalamt“. Von dem sind das um 1616 ausgeschmückte Festzimmer und das 1594 vertäfelte Gerichtszimmer erhalten. Präsentiert werden sie im Kunstmuseum Moritzburg. In einer Vitrine des Gerichtszimmers sind historische „Hallorengläser“ zu sehen.
Geschenk vom Großen Kurfürsten
Die einst beim festlichen Umtrunk genutzten Gläser sind mit einem Hallorenumzug in bunten Festkleidern, Salzwirkern in leichter weißer Arbeitskleidung oder einem Leichenbegängnis in schwarzer Tracht bemalt. Bis heute kann man Mitglieder der Salzwirker-Brüderschaft zum Grabgeleit engagieren.
König Friedrich Wilhelm IV. verbriefte der Brüderschaft 1843 das Recht zum Tragen einer Festkleidung. Die besteht aus einem schwarzen Dreispitz, einer „Latz“ genannten Weste mit 18 kugelförmigen Silberknöpfen, deren unterster mit der schwarzen Kniebundhose verknüpft wird, und dem als „Pelz“ bezeichnetem blauen oder roten Mantel, den lediglich ein am Kragen sitzender Haken zusammenhält. Dazu werden weiße oder blaue Strickstrümpfe und schwarze Lederschuhe mit Silberschnalle getragen.
An Abwandlungen erkennt man Halloren mit besonderem Amt. Der Hauptmann zum Beispiel hat weiße Reiherfedern am Rand des Dreispitzes und trägt weiße Schnallenschuhe. Er behält seinen Rang auf Lebenszeit. Hingegen wird der Erste und Regierende Vorsteher alle zwei Jahr neu gewählt. Er trägt einen schwarzen „Pelz“, an dem der der Brüderschaft von König Friedrich Wilhelm III. 1814 verliehene Verdienstorden 1. Klasse hängt.
Die Wahl der Vorsteher erfolgt in ungeraden Jahren und wird sodann beim „Pfingstbier“ gefeiert. Bei diesem Fest führen blumenbekränzte Halloren den „Zappeltanz“ auf. Die Tanzpaare stemmen die Hände in die Hüften, hüpfen umeinander herum und versuchen, dem Gegenüber ein Bein zu stellen. Beim Umtrunk kommen die kostbaren Becher aus dem Silberschatz der Halloren zum Einsatz. Die 95 Becher sind Geschenke zum Dank für geleistete Hilfe oder vom neuen Landesherrn, nachdem die Halloren ihm gehuldigt hatten. Begründer dieser Sitte war 1681 der Große Kurfürst: Friedrich Wilhelm schenkte nach seiner Huldigung zwei mit Münzen gefüllte Silberbecher.
Öffentliche Auftritte hat die Brüderschaft alljährlich beim Laternenfest mit Fischerstechen und dem Salinefest mit Schausieden. In geraden Jahren feiern die Halloren das „Sonnen“. Dabei werden die Fahnen und historischen Waffen wie die ihnen von Friedrich dem Großen verliehenen Degen in die Sonne gelegt.
Mit dem Preußenkönig begann der Brauch, dass eine Abordnung der Halloren dem Landesherrn Neujahrsgrüße sowie geräucherte Wurst, „Schlackwurst“ genannt, und eine Pyramide aus Siedesalz mit hineingesteckten Soleiern überbringt. In unseren Tagen kommen die Neujahrsgrüße mindestens einmal dem amtierenden Bundespräsidenten sowie alljährlich Halles Oberbürgermeister und dem Rektor der Universität zu.
Nach Kräften trägt die Brüderschaft zum Erhalt der baufälligen gotischen Moritzkirche bei. Zu besonderen Anlässen wie der Wahl neuer Vorsteher versammeln sich die Halloren mit ihren Familien in der Kirche. Am Sonnabend vor dem dritten Advent gedenken sie hier ihrer Verstorbenen. Früher bewahrten sie in der Sakristei ihre wertvolle Habe auf. Derzeit werden zwei große Hallen der 1967 stillgelegten Saline als Salinemuseum hergerichtet, das Ende dieses Jahres mit den Schätzen der Salzwirker-Brüderschaft eröffnet werden soll.
www.hallore.de, www.salinemuseum.de, www.kunstmuseum-moritzburg.de, www.francke-halle.de