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Der Kunstmäzen Eduard Arnhold ist vor 100 Jahren gestorben – Die Villa Massimo in Rom ist sein bleibendes Vermächtnis
Sehr langsam nur erinnert sich Berlin wieder seiner großen, meist jüdischen Mäzene, denen die Berliner Museen zahlreiche weltberühmte Kunstwerke verdanken. Es begann vor etwa zehn Jahren mit der Erinnerung an den „Baumwollkönig“ James Simon (1851–1932), zu dessen Gedächtnis 2019 die James-Simon-Galerie als Besucherzentrum der Museumsinsel eingeweiht wurde. Simons nobelstes Geschenk an Berlin war die Büste der Nofretete.
An einen anderen „König“, den „Kohlekönig“ Eduard Arnhold, wurde vor einem Jahr mit der Umbenennung der Piazetta am Kulturforum in Eduard-und-Johanna-Arnhold-Platz erinnert. In diesen Tagen, am 10. August, jährt sich Arnholds Todestag zum 100. Mal.
Arnhold gehört in die Riege großer deutscher Industrieller, die nach 1871 das junge Kaiserreich schon bald zu einem Konkurrenten des übermächtigen Kolonialreichs Großbritannien gemacht hatten. Sein Lebensweg war geprägt von einer seltenen Mischung aus wirtschaftlichem Sachverstand, Kunstsinn und sozialem Engagement.
1849 in Dessau geboren entstammte Arnhold einer jüdischen Arztfamilie. Als 14-Jähriger trat er eine Lehrstelle bei der Berliner Kohlegroßhandelsfirma Caesar Wollheim an. Hier fiel er dem Patriarchen schon bald durch seine Aufgeweckheit, seine Cleverness und sein Verständnis für Finanzaktionen auf. Mit 21 Jahren wurde Arnhold Prokurist, mit 25 Jahren Teilhaber, und als der alte Wollheim 1882 starb, bestimmte er testamentarisch den jungen Senkrechtstarter zum Inhaber des Unternehmens.
Für beide Seiten war es ein Glücksfall. Arnhold steigerte den Handel mit Kohle aus den oberschlesischen Kohlegruben, legte im Umkreis der Hauptstadt Lager an, die eine regelmäßige, auch im Preis gleichbleibende Versorgung garantierten. Den Grubenbesitzern, meist schlesischen Adligen, garantierte er die Abnahme ihrer Jahresproduktion, und um diese nach Berlin zu verschiffen, ließ er eigens Wasserstraßen bauen und eine Werft in Breslau, deren Lastkähne den Kohletransport übernahmen.
Sein Renommee führte ihn fast zwangsläufig in die Zentren der wirtschaftlichen Macht. So wurde er in den Aufsichtsrat der Reichsbank berufen, dann auch der Dresdner Bank und der Großen Berliner Straßenbahn. Sein Ansehen war so groß, dass ihn der Kaiser als einzigen Juden – er zählte zu den wenigen „Kaiserjuden“ – 1913 in das Preußische Herrenhaus berief, das heute der Sitz des deutschen Bundesrats ist.
Arnhold zählte mit einem Vermögen von 40 Millionen Mark zu den reichsten Bürgern Preußens. Im Tiergartenviertel baute er sich ein prächtiges Herrenhaus, bald auch eine Villa am Wannsee. Im brandenburgischen Werftpfuhl stiftete er ein Waisenhaus für Mädchen, die hier bis zu einer Berufsausbildung bleiben konnten. Prominenteste Elevin ist die durch Fritz Langs Stummfilm „Metropolis“ als Maschinenfrau berühmt gewordene Brigitte Helm.
Arnhold war Kunstkenner und Kunstsammler gleichermaßen. Gerade dem Impressionismus verhalf er durch Ankauf französischer Gemälde und solchen von Max Liebermann zur Anerkennung. Auch von ihm erhielten die Berliner Museen Werke, die längst zur Weltkunst zählen, so von Tizian oder Manet. Sein Haus im Tiergarten ließ er durch einen Anbau für seine Bilder erweitern. Bewundernd sprach man damals von der wertvollsten Privatsammlung Berlins. Im Krieg ist das Tiergartenviertel fast völlig zerstört worden, und auf dem Areal seines Hauses steht heute die Berliner Gemäldegalerie.
Sein bleibendes Vermächtnis ist die Villa Massimo in Rom. Die Idee, im Rom ein Domizil für deutsche Künstler zu schaffen, wurde in der Regierung schon lange erörtert, doch verhedderte man sich immer wieder in Zuständigkeiten. Arnhold machte im Jahr 1910 gewissermaßen Nägel mit Köpfen: Einer römischen Adelsfamilie kaufte er ein großes Areal nördlich der Stadt ab. Von dem Schweizer Architekten Maximilian Zürcher ließ er eine Villa im römischen Stil bauen, dazu ein Ateliergebäude, in dem jeweils zehn Künstler, ausgestattet mit einem Stipendium, leben und arbeiten konnten.
1913 wurde das Künstlerquartier eingeweiht, doch der Erste Weltkrieg machte vorerst alles zunichte. 1928 erhielt Deutschland die Villa zwar zurück. Sie geriet aber bald nach 1933 in die Verwerfungen der NS-Kulturpolitik, und 1943 wurde sie ganz geschlossen. Im Jahr 1957 wurde das Quartier erneut zurückgegeben und firmiert seitdem als Deutsche Akademie Rom der Bundesrepublik Deutschland. Vorrangig für Künstler aus Literatur, bildender Kunst, Musik und Architektur stehen jeweils zehnmonatige Aufenthalte zur Verfügung. Die Gästeliste liest sich wie ein Adels-Gotha zur deutschen Gegenwartskunst.
Das NS-Regime hat viele Spuren jüdischen Lebens in Berlin vernichtet, auch die von Arnhold. In der Verbindung von unternehmerischer Energie, wachem Kunstsinn und sozialer Sensibilität wird er heute mehr und mehr als große Persönlichkeit der Stadt gesehen, wie auch James Simon, Carl Fürstenberg oder Walter Rathenau. Sein Biograph Peter von Becker nennt Arnolds Leben „die Geschichte eines menschlichen und historischen Glücksfalls“.
Peter von Becker: Eduard Arnhold. Reichtum verpflichtet. Unternehmer und Kunstmäzen, Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin/Leipzig 2025, 74 Seiten, 14,90 Euro