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Ausstellung im Pei-Bau über Bildhauer und Maler, die sowohl im Dritten Reich als auch im kapitalistischen Teil Nachkriegsdeutschlands geschätzt wurden
Vor gut 77 Jahren, im August des Jahres 1944, wurde im Auftrag von Adolf Hitler und Joseph Goebbels eine Liste mit den Namen sogenannter Gottbegnadeter erstellt. Das waren mehrere Hundert Künstler, die dem Regime so unabkömmlich erschienen, dass sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von jeglichem Front- oder Arbeitseinsatz befreit waren. Zu den Musikern unter ihnen zählten die Komponisten Richard Strauss und Carl Orff sowie die Dirigenten Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan und Karl Böhm, zu den Schriftstellern Gerhart Hauptmann, Hans Carossa und Ina Seidel.
Doch auch 114 Bildhauer und Maler sind in der Liste aufgeführt. Ihnen gilt die etwa 300 Exponate zählende Ausstellung „Die Liste der ,Gottbegnadeten'. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik“ im Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin. Die von dem Historiker Wolfgang Brauneis kuratierte Schau vermittelt den Eindruck einer Kontinuität zwischen dem Dritten Reich und der Bundesrepublik anhand der Biographien von Künstlern, die sowohl im Dritten Reich als auch in der Bundesrepublik Wertschätzung genossen haben wie Arno Breker, Hermann Kaspar, Willi Meller oder Richard Scheibe. Die Ausstellung kommuniziert, was der Kunstkritiker Carsten Probst mit den Worten formuliert hat: „Diese Stunde Null im kulturellen Bereich gab es nicht.“
Für die Ausstellung haben Brauneis und das DHM zahlreiche Briefe, Empfehlungen und Danksagungen von Personen aus Politik und Wirtschaft, Zeitungsausschnitte, Plakate sowie besonders viele Fotographien und Bilder in zwölf „biographischen Stationen“ zusammengestellt, daneben zahlreiche Filmdokumente aus der NS-Zeit und aus Fernsehinterviews etwa ab 1960, als die Künstler sich stärker als in der unmittelbaren Nachkriegszeit einem gewissen Rechtfertigungszwang ausgesetzt sahen.
Etwa 300 Exponate
Optische Höhepunkte sind aber einige großformatige Kunstwerke. So sieht der Besucher gleich nach Eintritt dem 30 Quadratmeter großen Gobelin „Die Frau Musica“ des Malers sowie Mosaik- und Gobelinkünstlers Hermann Kaspar (1904–1986), den der bayerische Staat 1969 der Stadt Nürnberg zur Eröffnung der Meistersingerhalle geschenkt hat. Kaspar hat nach 1933 zahlreiche Staatsaufträge erhalten und große Mosaikenwände in Hitlers Reichskanzlei und im Haus der Deutschen Kunst in München gestaltet, was die Ausstellung in eindrucksvollen Bildern zeigt, war verantwortlich für die aufwändigen Festaufmärsche zum „Tag der Deutschen Kunst“, wovon alte Wochenschauen zeugen und eine Aufnahme, die ihn neben Hitler und anderen NS-Größen auf der Tribüne zeigt. Nach dem Krieg hat er unter anderem die schon 1935 begonnene Mosaikwand im Kongresssaal des Deutschen Museums München vollendet, ferner das Deckengemälde des Hofbräuhauses.
Großaufträge vor und nach 1945 hatte auch Arno Breker (1900–1991), der, wie eine andere biographische Station zeigt, die besondere Wertschätzung von Hitler und Goebbels genoss, was ihm Aufträge zu mehreren Großplastiken im Berliner Olympiapark einbrachte. Nach dem Krieg arbeitete er vor allem im Rheinland, etwa für den Gerling-Konzern in Köln, in Duisburg, in Höxter. Portraitbüsten schuf er unter anderem von Bundeskanzler Ludwig Erhard, von den Kunstmäzenen Irene und Ludwig – beide Büsten sind im Pei-Bau aufgestellt –, von Winifred Wagner und dem Bankier Hermann Josef Abs. Ein Fernsehinterview aus dem 70er Jahren zeigt ihn als selbstbewussten Mann mit angenehm rheinischen Tonfall. Als besonderen Blickfang zeigt das DHM Brekers Statue der „Pallas Athene“ (1971) vor einem Wuppertaler Gymnasium, das nach einigen Kontroversen zum Sinnbild gegen Krieg und Gewalt deklariert wurde.
Auch die anderen biographischen Stationen zeigen Kontinuitäten auf. Über Richard Scheibe (1879-1964) erfährt der Ausstellungsbesucher, dass er vor der Zäsur von 1945 zahlreiche NS-Aufträge ausführte und danach unter anderem das Ehrenmal für die Opfer des 20. Juli 1944 im Bendlerblock und die Erinnerungstafel an den Kennedy-Besuch 1963 am Schöneberger Rathaus schuf. Scheibe erhielt 1944 von Goebbels die Goethe-Medaille; 1954 verlieh ihm die Stadt Frankfurt die Goethe-Plakette.
Zwölf „biographische Stationen“
Auch zum Maler Werner Peiner (1897–1984), der großformatige Gobelins für Hitlers Reichskanzlei und Görings Landsitz „Carinhall“ gefertigt hat, gibt es eine biographische Station. Sein über zwanzig Einzelgemälde umfassender Zyklus „Dämonen“, an dem er über das Kriegsende hinaus arbeitete und in dem sich Heroismus und Grauen mischen, ist der wohl düsterste Teil der Ausstellung.
Der Bildhauer Willy Meller (1887–1974) hat Großplastiken für das KdF-Seebad Rügen geschaffen. Im Jahr 1952 entwarf er den Bundesadler am Palais Schaumburg in Bonn.
Unter anderem auf dem Reichssportfeld in Berlin hat auch der Bildhauer Adolf Wamper (1901–1977) mehrere Großplastiken in der NS-Zeit geschaffen. Nach dem Krieg gab ihm die Stadt Düren 1962 den Auftrag für die Plastik „Flammenengel“, die heute vor dem Rathaus steht und an die totale Zerstörung der Stadt 1944 erinnert.
Über die Bundesrepublik hinaus wirft die Ausstellung schließlich auch einen Blick in einen anderen Staat, dessen Territorium einst zum Dritten Reich gehört hat, allerdings nicht etwa in die realsozialistische DDR, sondern in die wie die Bundesrepublik ebenfalls kapitalistische Republik Österreich. Dort lebte der Maler Rudolf Hermann Eisenmenger (1902–1994), der sich erfolgreich am Kunstwettbewerb zu den Olympischen Spielen von 1936 beteiligt hat. Von ihm ist in der Ausstellung ein Brief aus dem Jahre 1944 an den damaligen Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien sowie vormaligen Reichsjugendführer Baldur von Schirach zu sehen, in dem er die „glühende Bereitschaft“ der Künstler bekräftigt, „dem Führer jeden in unseren Kräften liegenden Dienst zu leisten“. 1973 erhielt Eisenmenger das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Schon 1955 konnte er mit dem Motiv von Orpheus und Eurydike den Eisernen Vorhang der wiederaufgebauten Wiener Staatsoper schmücken.
Am Ende dokumentiert eine multimediale Präsentation rund 300 Arbeiten dieser „Gottbegnadeten“, die mit zahlreichen Werken in öffentlichen Parks, in Botanischen und Zoologischen Gärten sowie als Kunst am Bau noch heute in vielen deutschen Städten präsent sind.
• Die Sonderausstellung „Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik“ ist noch bis zum 5. Dezember freitags von 10 bis 18 Uhr sowie donnerstags zwischen 10 und 20 Uhr im Pei-Bau zu sehen. Nähere Informationen erteilt das Deutsche Historische Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin, Telefon (030) 20304-0, Fax (030) 20304-329, Internet: www.dhm.de
Siegfried Hermann am 14.09.21, 07:48 Uhr
Als "Kunstbanause" lass ich das mal so stehen, zeigt doch das Beispiel, das Künstler auch zwischen den Systemen wandeln können.
2 prominente Beispiele habta aber vergessen. Heinz Rühmann und Hans Albers, die 2 von der Tankstelle, wobei der erste NS-lienentreu bis in die Haarspitzen
war und der zweite es nicht lassen konnte, zwar versteckt, aber immer wieder komödiantische Spitzen gegen die NS-Größen zu schießen und wohl nur wegen seiner sehr große Popularität im Volke vor schlimmeren geschützt hat.