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Kultur

Griesgram mit Herz

In „Ein Mann namens Otto“ überzeugt Tom Hanks in der Neuverfilmung eines schwedischen Kinofilms – Deutscher Einfluss ist spürbar

Harald Tews
30.01.2023

Vorsicht: Warnhinweise. Solche bringt man neuerdings an viele kulturelle Produkte an, damit sich zartbesaitete Minderheitengruppen nicht ein Trauma fürs Leben zuziehen, wenn sie in Oper, Film oder Literatur etwas über Mord, Rassismus oder koloniale Gräueltaten lesen, hören oder sehen müssen. Der Kinofilm „Ein Mann namens Otto“, der am 2. Februar in unseren Kinos startet, verstößt mindestens gegen zwei solcher Vorgaben, ohne dass es vorab „Triggerwarnungen“ gibt.

Zum einen geht es um Selbstmord, zum anderen steht ein alter weißer Mann im Vordergrund, was allein schon für viele ein Anzeichen für strukturelle Gewalt ist. Ein dritter Warnhinweis hätte aber der Tatsache gelten müssen, dass es sich bei dem US-Film um das Remake eines schwedischen Originals handelt. Neuverfilmungen sind ein gängiges Übel, mit dem Hollywood-Produzenten aus einem häufig aus Europa übernommenen guten Stoff weiteren Profit schöpfen wollen. Das Ergebnis ist dann ein meist schlechterer, fürs US-Publikum mundgerecht servierter Mainstream-Film, der dann schnell in der Versenkung verschwindet.

Bei „Ein Mann namens Otto“ dürfte das anders sein. Der Film steht durchaus auf Augenhöhe mit der Vorlage „Ein Mann namens Ove“ von 2015, die ihrerseits auf einem Romanbestseller des schwedischen Autors Fredrik Backman basiert. Geschildert wird die Geschichte eines pedantischen Rentners, der in seiner mit einer Schranke abgesicherten Wohnsiedlung keinen Lebenssinn mehr sieht, nachdem seine Frau an Krebs gestorben ist. Seine Selbstmordversuche scheitern allerdings kläglich auch dank einer quirligen Immi­grantin aus Mexiko, die mit ihrem Mann, einem handwerklich unbegabten Trottel mit zwei linken Händen, und deren Kindern ins Nachbarhaus gezogen ist.

Ohne engelhafte Zuwanderer scheint heute nichts mehr zu gehen. So viel zeitgeistig angepasste Moral muss wohl sein. Wen das nicht stört, der wird an „Ein Mann namens Otto“ Gefallen finden. Der Mann, der den schrulligen Alten mit dem urdeutschen Namen Otto spielt, ist einer der ganz Großen Hollywoods: Tom Hanks. Der aber steckt gerade in der Krise: Für die Rollen als adipöser Manager im „Elvis“-Film (die PAZ berichtete) und als Geppetto in Disneys Neuproduktion von „Pinocchio“ ist er aktuell für den Anti-Oscar, die „Goldene Himbeere“, nominiert. Dafür rehabilitiert er sich jetzt als mürrischer Otto, der den Nachbarn mit seinem Ordnungswahn auf die Nerven fällt.

Früher hatte man solche gutherzigen Griesgrame dem Schauspieler Walter Matthau auf den Leib geschrieben. Verkörpert hatte er sie neben seinem Filmpartner Jack Lemmon in Klassikern wie „Ein seltsames Paar“ und „Ein verrücktes Paar“ nebst Fortsetzung. Tom Hanks, der üblicherweise auf die Rolle des ewigen Sympathieträgers abonniert ist, macht seine Sache jedoch auch als übellauniger Senior gewohnt routiniert und gut.

Regisseur stammt aus Ulm

Ihm kommt zugute, dass eines schnell klar wird: Otto ist keiner von diesen alten weißen rassistisch-vorurteilsbeladenen Männern, die ihrerseits von der jungen, „woken“ Generation oft nicht ohne Skepsis vorverurteilt wird. Dass er im Laufe des Films kurzerhand einer jungen Transperson eine Unterkunft in seinem leeren Haus anbietet, ist eine wohlmeinende, den Bogen jedoch überspannende Zutat.

Seine Stärken spielt der Film aus, wenn er Ottos Suizidversuche durch Erhängen per maßgeschnittenem Strang, durch Sturz vor den Zug oder durch Autoabgase auf tragikomische Weise scheitern lässt. Oder wenn in Rückblenden die Liebe zu seiner Ehefrau Sonya sowie ihr Unfall, durch den sie später auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird, auf rührend-herzbewegende Weise geschildert wird.

An solchen melancholischen Szenen, die nie ins Sentimentale abgleiten, stellt man die deutsche Handschrift dieser US-Produktion fest. Regisseur Marc Forster stammt aus Ulm, wuchs in der Schweiz auf und stieß in den USA zum Film. Dort drehte er Gefühlsdramen wie „Monster's Ball“, „Drachenläufer“ oder „Christopher Robin“, aber auch den Bond-Film „Ein Quantum Trost“, den Actionkracher „Machine Gun Preacher“ oder den Zombie-Grusel „World War Z“.

Neben solchen Blockbustern erscheint „Ein Mann namens Otto“ wie eine Fingerübung des Regisseurs. Aber eine, die herzbewegend ist. Das Herz spielt in dem Film, in dem Hanks' jüngster Sohn Truman in dessen erster Filmrolle in Rückblenden als der junge Otto mitwirkt, eine große Rolle. Denn dieser Nörgler, dessen Leben mit viel Witz aus dem Trott gerät, hat ein großes Herz, ein zu großes, wie sich herausstellen wird. Freude und Trauer sind daher gleichermaßen das Herzstück dieser anrührenden Neuverfilmung.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 03.02.23, 08:26 Uhr

Und so trägt auch dieser Film den Schleim der Agenda: Mexikanerin und Transperson. Es ist nur noch widerlich aufdringlich, zudem widernatürlich. Habe ich die DDR-Propaganda noch stumm ertragen, kann ich bei Werbung (Filme sehe ich keine mehr) oder sonstigen bunten Bildern in der Glotze, diese zusammenschlagen.

sitra achra am 30.01.23, 16:51 Uhr

Warum immer gewollt trübetümpelig?
Ich bevorzuge den Außerfriesischen. Man will ja nicht nur immer über die derzeitige Regierung lachen. So viele Lachsalven stören den Biorhythmus.

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