07.07.2025

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Für Ruch-Fans bleibt er unvergessen: Ernst „Ezi“ Wilimowski
Collage: WagnerFür Ruch-Fans bleibt er unvergessen: Ernst „Ezi“ Wilimowski

Östlich von Oder und Neiße

Größer als Miroslav Klose und doch oft vergessen

Oberschlesiens Fußballfans sorgen für die Umbettung von Ernst Willimowski

Chris W. Wagner
07.07.2025

Oberschlesien hat viele große deutsche Fußballer hervorgebracht – von Reinhard Schaletzki und Ernst Plener von Vorwärts-Rasensport Gleiwitz, Richard Malik von Beuthen 09 über Fritz Laband (u.a. Preußen Hindenburg, Hamburger SV), Gerard Cieślik (Ruch Bismarckhütte bzw. Königshütte), Ernst Pohl (Górnik Hindenburg) bis zu Miroslav Klose oder Lukas Podolski heute. Abgesehen vielleicht von Klose überragt einer jedoch alle – Ernst, genannt „Ezi“, Willimowski, der Star von Ruch Königshütte [Chorzów]. Für Ruch erkämpfte Willimowski viermal die polnische Meisterschaft (1934, 1935, 1936, 1938) und war viermal Torschützenkönig. Am 21. Mai 1939 schoss Willimowski in Königshütte bei einem 12:1-Ligaspielsieg gegen den Klub der dortigen deutschen Minderheit Union-Touring Lodsch (Łódź) unglaubliche zehn Tore.

Am 23. Juni 2025 – „Ezis“ Geburtstag – sollten nun seine sterblichen Überreste innerhalb des Karlsruher Hauptfriedhofs umgebettet werden, da dieser Teil des Friedhofs anderweitig genutzt werden soll. Doch die Exhumierung konnte zu seinem Geburtstag nicht stattfinden, sei aber nur verschoben, nicht aufgehoben, heißt es seitens der Initiatoren, des Ruch-Fanklubs Deutschland und der Gruppe „Historia Ruchu“ (Ruch-Geschichte). Sie sind es, die das Grab von Ernst Willimowski auf dem Karlsruher Hauptfriedhof seit 2006 pflegen.

Um die kostspielige Umbettung durchführen zu können, starteten die Ruch-Fans eine Spendenaktion. Gebraucht werden dafür 100.000 Złoty. „Bislang haben wir 80 Prozent dieses Betrags zusammengebracht. Einen Teil des Geldes haben Ruch-Fans vom Klub Deutschland gespendet, denn für seine Mitglieder ist Willimowskis Grab eine Kultstätte. Auch der Schlesische Fußballverband und private Sponsoren haben erhebliche Mittel beigesteuert“, sagte Grzegorz Joszko von „Historia Ruchu“ gegenüber der Zeitung „Dziennik Zachodni“.

„Ezi“ soll bei dieser Gelegenheit einen neuen Grabstein bekommen, den alten wollen sie nach Oberschlesien bringen, quasi zurück in die Heimat. „Offizielle Informationen über die Verlegung des Grabes werden bekannt gegeben, sobald alle verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für dieses Vorhaben erfüllt sind. Die einzig wahre Information wird ausschließlich von ,Historia Ruchu' und von uns kommen“, heißt es seitens des Ruch-Fanklubs Deutschland. Und wer glaubt, dass während der Beerdigung polnische patriotische Lieder gesungen werden, dem „empfehlen wir einen Arztbesuch, am besten eines Neurologen“, schreiben die Facebookbetreiber der Ruch-Fans. Sie räumen dabei auch mit anderen Gerüchten auf, zum Beispiel dass die Umbettungsinitiative von Politikern und anderen Aktivisten mitgetragen wird. „Ezis“ Biographie stehe für die vieler Oberschlesier, die zwischen Deutschland und Polen hin und hergerissen wurden.

Am 23. Juni 1916 erblickte Ernst Willimowski als Ernst Prandella in Kattowitz das Licht der Welt. Sein Vater kam aus dem Krieg nicht mehr heim, so dass seine Mutter Pauline Florentine der größte Fan ihres Sohnes wurde. Den Familiennamen Willimowski erhielt Ernst durch den Stiefvater, der nach Familienangaben ein polnischer Patriot gewesen sein soll. Es ist auch davon auszugehen, dass Ernst schon in jungen Jahren mit diesem Hintergrund neben Deutsch auch gut Polnisch sprechen konnte – auf den Bolzplätzen dominierte dagegen die oberschlesische slawische Mundart.

In der Kattowitzer Emmastraße (ul. Francuska) machte er seine ersten sportlichen Gehversuche. Bereits mit sechs Jahren trat er, kurz nachdem die Stadt an Polen gefallen war, 1922 dem 1. FC Kattowitz bei, der wegen der neuen Herren seinen alten deutschen Namen „Preußen 05“ hatte ablegen müssen. Für eine Ablösesumme von 1.000 Złoty und den Erlös aus den Ablösespielen wechselte er zu Bismarckhütte, heute Königshütte.

„Ezi“ Willimowski feierte nicht nur im Fußball, sondern auch im Handball und Eishockey Erfolge. Mit 17 Jahren wurde er erstmals in die polnische Fußballnationalmannschaft berufen. Berühmt wurde er durch seine Leistung bei der Fußball-WM 1938 in Frankreich, wo er im Achtelfinale gegen Brasilien fast im Alleingang einen 0:4-Rückstand drehte, Polen verlor letztlich hochdramatisch 5:6.

1940 wechselte „Ezi“ zum Chemnitzer Polizei-SV und später zum TSV 1860 München, mit dem er 1942 den Tschammer-Pokal (heute DFB-Pokal) gewann. Während seiner Zeit in der deutschen Nationalmannschaft erzielte er in acht Spielen 13 Tore. Trotz seines großen Talents blieb ihm echter Ruhm in Deutschland verwehrt – politisch neutral, aber zwischen den Fronten der Nationen stehend, wurde er in Polen hingegen als „Verräter“ gebrandmarkt.

Am 30. August 1997 verstarb Ezi 81-jährig. Sein Karlsruher Grab wird von seinen Ruch-Fans nach der Umbettung mit einem neuen Grabstein bedacht, und seine bisherige Grabplatte wird wohl auch in der Heimat zur Kultstätte aufsteigen. Er ist halt ein unvergessener Fußballheld Schlesiens.


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