Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Die Landtagswahl in Bremen belegte das Ende des grünen Zaubers – und die anhaltenden Selbstbeschränkungen im liberal-konservativen Lager
Natürlich ist Bremen zu klein, um aus dem dortigen Wahlergebnis Bundestrends ableiten zu können. Doch allgemeine Einsichten lassen sich hier fallstudienartig überprüfen, und zwar ziemlich gut.
Die SPD als klassische Regierungspartei Bremens verbesserte sich um rund fünf Prozentpunkte vom freilich schlechtesten Wahlergebnis, das sie je an der Weser erzielte, auf ihr nunmehr zweitschlechtestes. Jetzt liegt sie wieder auf dem ersten Platz, obwohl ihr dauerregiertes Land weiterhin die letzten Plätze belegt. Am meisten zu loben ist für das Bremer Wahlergebnis denn auch der populäre SPD-Spitzenkandidat. Gut eigentlich, wie sehr es immer noch auf Persönlichkeit und Persönlichkeiten ankommt!
Die mitregierende Linkspartei verlor nur wenig. Als Erfolg empfindet sie, dass sie diesmal nicht für bundesweite Zerstrittenheit zu büßen hatte. So richtig zufrieden machte sie das aber nicht, denn gewählt wurde im sowieso sehr linken Bremen. Dort gibt es, ganz umgekehrt, für die FDP keine Heimspiele. Noch ein wenig weiter zur nahenden Fünf-Prozent-Schwelle abgesunken, überlebte sie dennoch als Parlamentspartei. Solche Wahlabende sind für die FDP nichts Ungewohntes, denn Liberalismus wird in Deutschland allenfalls als Korrektiv nachgefragt. Tatsächlich lässt sich ohne bürgerlichen Koalitionspartner von der FDP allenfalls eine Verhinderung von größeren Übeln in Aussicht stellen. Für die jetzige Ampelpartei ist das freilich nur ein Mauerblümchen-Argument.
Grüner Hochmut – und Sinkflug
Die Grünen rutschten um gut fünf Prozentpunkte auf das Niveau der Linken. Mit der Volkspartei von Akademikern und Gutmenschen wird es wohl nichts werden. Hier kam auch noch Hochmut vor dem Sinkflug. Obendrein machte die grüne Bundespartei, zuständig in Berlin für alles Gute, Wahre und Schöne, ziemlich Schluss mit der Illusion, schöne Wortblasen würden Wirklichkeitsmauern verschieben, nicht aber an ihnen platzen. Doch wenn Pazifisten zu Waffenlieferanten werden und grüne Wirtschaftspolitiker stark energieabhängige Firmen ins Ausland vertreiben, dann sinkt eben die Bereitschaft von Wählern, grüne Ansagen für höhere Weisheit zu halten. Zwar werden grüne Regierungsbeteiligungen noch lange üblich sein, nicht zuletzt in Allparteien-Bündnissen gegen die AfD. Doch ihr Zauber ist verflogen – und nicht nur, weil Lobbyismus und Clanwirtschaft als Teil des grünen Geschäftsmodells ruchbar wurden.
Besonders aufschlussreich ist der Aufstieg der „Bürger in Wut“. Sie errangen fast jede zehnte Wählerstimme. Natürlich profitierten sie davon, dass sich Bremens AfD durch parteiübliche Torheiten selbst aus dem Rennen genommen hatte. Deutlich mehr zusätzliche Stimmen als von ihren bisherigen Wählern erhielten sie nun von jenen, die vor vier Jahren ihr Kreuz bei der AfD gemacht hatten. Obendrein kam gewichtiger weiterer Zuwachs von der CDU. Wieder einmal zeigt sich jenes Zehntel der westdeutschen Wählerschaft, dem die Union zu weit nach links gerückt ist, als dass man sie weiterhin wählen wollte. Im Osten ist das sogar gut ein Viertel.
Irgendwann werden Grüne und Linke, vielleicht sogar Deutschlands Intellektuelle und Politikwissenschaftler, womöglich doch noch erkennen, dass es nicht reicht, über die regelmäßig guten Wahlergebnisse von Parteien weit rechts der Mitte bestürzt oder entsetzt zu sein. Besser wäre es, die Gründe dafür zu begreifen. Die aber gehen weit über jenen „Rassismus & Faschismus“ hinaus, an dem Deutschlands Linke sich ebenso routiniert wie ergebnislos abarbeiten.
Die Selbstbeschränkung der CDU
Doch auch für die Union wird es erst noch kommende ostdeutsche Wahldesaster brauchen, bis sie einsieht: Es war politisch höchst ungekonnt, sich mit moralingeschwellter Brust ans Verscheuchen von so vielen Wählern und ans Ausgrenzen jener Partei zu machen, der man eigene Anhänger und Mitglieder einst selbstgefällig zutrieb. Auch in Bremen hat die CDU keineswegs um die rechte Wählerschaft gekämpft. Wie überall wollte man sich anschlussfähig für die Grünen machen – gerade so, als ob diese in der Union mehr sähen als einen Zweitkutscher zur Regierungsmacht, bei dem man nur einsteigt, wenn keine rote Droschke verfügbar ist.
Zwar hat die Union in Bremen nur wenig verloren. Sie liegt aber wieder sehr deutlich hinter der SPD. Weder wurde ihr ein „Regierungsauftrag“ erteilt, noch ergibt sich ihr Wahlergebnis aus einer „Wechselstimmung“. Eigene Gestaltungsmacht hat sie nicht errungen. Vielmehr müsste sie dankbar sein, wenn die SPD sie anstelle von Grünen und Linken zum Juniorpartner und Mehrheitsbeschaffer kürte. Vielleicht reicht der heutigen Union tatsächlich das Backen so kleiner Brötchen, gnadenhalber verzehrt an der Tafel links von ihr. Dann muss die CDU nur weitermachen wie bisher, kann also noch jahrelang ihr Heil in Vergrünung, Sozialdemokratisierung und dem Bestreben suchen, Journalisten links der Mitte zu gefallen.
Wie anders sähen ihre Chancen aus, hätte sie den in Westdeutschland üblichen Zehnerblock an Wählerstimmen nicht rechten Parteien überlassen, sondern – über einen starken Parteiflügel rechts der Mitte – wie ehedem an sich gebunden! Wie anders wären dann die Anreize für andere Parteien, sich anschlussfähig zu einer weiterhin auf dem politischen Spielfeld dominierenden Union zu machen. Dann entstünden eines Tages auch wieder Alternativen zu rot- und grün-schwarzen Bündnissen. Doch bislang wurde die CDU durch den sich selbst zugefügten Schaden durchaus nicht wieder klug.
Ob ihr das überhaupt gelingen wird, ist ebenso ungewiss wie die Fähigkeit der AfD zur Einsicht, welch große Gestaltungschancen sie durch Verbalradikalismus und unklare Verfassungstreue vergibt. Warten wir also weiterhin auf politisches Lernen aus solchen Wahlergebnissen.