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Der Wochenrückblick

Haben wir uns schon abgeschafft?

Wie es weitergeht – in „einem modernen Einwanderungsland“ mit Schwimmbadpolizei und Wärmehallen

Erik Lommatzsch
16.07.2022

Im Jahr 2010 erschien ein Buch mit dem einprägsamen Titel „Deutschland schafft sich ab“. Eine damals die Geschicke unseres Landes lenkende Frau hatte „Kern und Intention“ des Buches bereits anhand einiger Vorabdrucke erfasst und musste sich folglich nicht weiter mit dem doch recht umfangreichen und zahlenschweren Kompendium quälen. Mittels ihrer raschen Auffassungsgabe war ihr schnell bewusst geworden, dass dieses Werk „nicht hilfreich“ sei. Denn es war, wie der vielleicht unbedarfte und dem Wirken des Autors Thilo Sarrazin nicht vertraute Zeitgenosse im ersten Augenblick vielleicht hätte vermuten können, nicht als Anleitung zur Abschaffung, sondern als Bestandsaufnahme und Warnung für besorgte Bürger gedacht.

In dieser Hinsicht konnte die Frau beruhigt sein, denn obwohl das Buch eines der meistverkauften der Bundesrepu­blik werden sollte und es auch andere Querulanten und Schwurbler gab, hielten sich die Störungen bei der Umsetzung der von ihr verfolgten Politik in Grenzen, auch wenn sie lästig, eben „nicht hilfreich“ waren. Inzwischen kann sie ihren Ruhestand genießen, ihr Erbe ist in würdigen Händen, die Sache mit der Selbstabschaffung läuft gut, auf allen Ebenen. Aktuelle Momentaufnahmen gefällig?

Der Deutsche Beamtenbund (DBB) moniert zwar den FDP-Vorschlag, Englisch in Deutschland als zweite Amtssprache einzuführen, allerdings nicht aus grundsätzlichen, sondern allein aus praktischen Erwägungen, denn wenn „es um Verordnungen und Gesetze geht, gilt hierzulande schon aus Gründen der Rechtssicherheit die Amtssprache, und die ist Deutsch“. Mit der Einführung des Englischen befürchte man einen höheren bürokratischen Aufwand und man setze ja seit Langem auf interkulturelle Kompetenz.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, findet die Idee mit der zweiten Amtssprache gut: „Wir machen Deutschland zu einem modernen Einwanderungsland.“ Genauso hat der stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen den Vorschlag seiner Partei begründet: „Wir müssen neben attraktiven Arbeitsbedingungen auch die Regeln zur Einwanderung attraktiver machen.“

Ein Meilenstein auf diesem Weg ist sicher die nach einigen wohl unbotmäßigen Einwänden endlich erfolgte Wahl von Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes. Ataman verweist die von ihr gern als „Kartoffeln“ bezeichneten Deutschen schon mal auf ihre Plätze und ruft zur Bekämpfung des ihrer Meinung nach hierzulande offenbar verbreiteten „völkischen Nationalismus“ auf. Dabei gibt es durchaus Signale, die Frau Ataman ermutigen könnten. Denn mit Felor Badenberg hat es immerhin eine in Teheran geborene Frau zur zweithöchsten deutschen Inlandsspionin gebracht, zur Vizepräsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Dass sie unlängst in den Iran reiste, obwohl dieser zu den Ländern gehört, deren Besuch den BfV-Mitarbeitern streng verboten ist, mag nur auf den ersten Blick irritieren. Der Grund für das Verbot – drohende Verhaftung wegen Spionage – wiegt wohl kaum schwerer, als die Notwendigkeit, dringende Familienangelegenheiten im Herkunftsland zu regeln.

Es geht auch ohne Schule

Das BfV dementierte zwar gegenüber dem „Focus“, der darüber berichtete, mit dem Verweis, dass sich das Ganze auf eine fünf Jahre zurückliegende Reise von Frau Badenberg beziehe, für die eine Ausnahmegenehmigung vorgelegen habe, und dass seitdem keine weitere stattgefunden habe. Das Nachrichtenmagazin bleibt allerdings bei seiner Darstellung. Zumindest könnte man fragen, ob die Verbotsgründe vor fünf Jahren weniger gravierend waren. Oder was es mit der Meinung eines früheren Spitzenbeamten des Innenministeriums auf sich hat, Frau Badenberg hätte beim BfV niemals eingestellt werden dürfen, da ein Teil ihrer Familie in Teheran lebt und sie daher erpressbar sei. Aber gegen derartig unbotmäßige Ansinnen kann sich ja jetzt die neue Antidiskriminierungsbeauftragte ins Zeug legen.

Arbeit gibt es für Ataman reichlich. Zwar ist nicht anzunehmen, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Schar der begeisterten Sarrazin-Leser gehört (auch wenn der Autor bis vor Kurzem noch ihr Parteifreund war), aber diskriminierende Ausrutscher unterlaufen ihr schon einmal. Faeser hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Polizei in Freibädern präsenter sein solle, die Zahl der Meldungen über Gewalt bis hin zu Massenschlägereien hat in letzter Zeit deutlich zugenommen. Sie konstatierte überraschend „ganz offensichtlich Gewalt aus migrantischen Milieus“. Also mehr Ordnungshüter für die sommerlich Schwimmvergnügten, unter denen in der Regel auch viele Kinder zu finden sind. Gab es nicht auch mal Zeiten, in denen der Polizist, wenn er denn ins Schwimmbad ging, dies ausschließlich zu seinem Freizeitvergnügen tat, weil sein amtliches Wirken hier gar nicht gefragt war? Neue Lage, damit muss man sich abfinden, dann eben mehr staatliche Wachsamkeit. Oder wie es die Frau, die lange die Geschicke des Landes lenkte, in der ihr eigenen Rhetorik ausgedrückt haben soll: „... nun sind sie halt da“.

Zu den Dingen des Deutschlands der Vorzeit wird demnächst auch die Fünf-Tage-Schulwoche zählen. Vier Tage reichen auch, so sieht man es zumindest in Sachsen-Anhalt, wo dieses „Modell“ nach den Sommerferien an einigen Schulen ausgetestet werden soll. Offiziell geht es um „Freiräume in der konzeptionellen Unterrichtsplanung und Unterrichtsdurchführung“, mit Lehrermangel hat es selbstredend gar nichts zu tun.

Dass es im Prinzip auch ganz ohne Schule geht, hat die Ära der Corona-Maßnahmen gezeigt. Und wenn man einen Blick auf eine aktuelle Umfrage wirft, die ergeben hat, dass 49 Prozent der Deutschen glauben, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe, kann man schon die Frage stellen, was der bisherige Schulaufwand gebracht hat.

Die Veränderungen schreiten allerorten voran, auch im greifbar-materiellen Bereich. Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, erklärt, dass Prioritäten in der jetzigen Lage, Stichworte „Energie“ und „Klimakrise“, neu zu gewichten seien. Da soll man ruhig Windkraftanlagen in Naturschutzgebieten bauen, das sei „in der Interessen- und Zielabwägung vertretbar“. Dort, wo es zaghafte Versuche gibt, eventuell zu früher Bewährtem zurückzukehren, gibt es klare Absagen. So etwa erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck, er habe das Ansinnen prüfen lassen, die Laufzeit der verbliebenen drei Atomkraftwerke über den kommenden Jahreswechsel hinaus zu verlängern. Im Ergebnis sei dies „auch angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu empfehlen“. Dafür werden Planungen vorangetrieben, für die kommende kühlere Jahreszeit Hallen einzurichten, in den sich Menschen aufwärmen können, die Probleme mit den Heizkosten haben. Es geht immer noch um Deutschland, Deutschland im Jahr 2022. Oder hat es sich zwischenzeitlich vielleicht schon abgeschafft?


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Kommentare

Kersti wolnow am 20.07.22, 12:06 Uhr

Als Studienrätin a.D. und 3fache Oma mit Beschulung von insgesamt 3 Kindern konnte ich mich überzeugen, daß Schule nicht wirklich hilfreich ist. So wurde eine Enkelin mit 8 adverbialen Nebensätzen überschüttet. Geübt wurde nicht, sodaß sie jetzt die einzige ist, die sie bestimmen kann. Die Kleinste hat in Klasse 4 alle Satzglieder in einer Woche vorgestellt bekommen, jetzt in den Ferien sind wir immre noch am Üben. Dazu kam eine Freundin, 2. Klasse, die die Konjugation nicht aufsagen konnte in der richtigen Reienfolge. Ich sehe schwarz, wenn im Schulbereich nicht ein Umsturz passiert, reformieren lohnt nicht mehr. Es fängt schon mit dem neomarxistischen Lehrplan an, mit nicht lesbaren Namen, dem bösen CO² und den ebensolchen Männern.

Micha . am 16.07.22, 16:25 Uhr

Thilo Sarrazin wurde vor einiger Zeit einmal gefragt, wie er die jetzige deutsche Entwicklung bezügliche der eigenen Abschaffung im Kontext zu seinem damaligen Buch sehe.
Seine Antwort: Das ist das, was meinte, nur eben noch schneller!

sitra achra am 16.07.22, 11:16 Uhr

Meine Prognose lautet folgendermaßen: wenn die Vorräte aufgebraucht sind, werden auch die fetten Ratten verhungern. Gönnen wir ihnen die kurze Frist, in der sie sich vollfressen können. Danach die Sintflut.
Ach was, Deutschland ist doch nur noch ein Label, der Patient ist schon längst gestorben.
Außerdem sollte man nicht Englisch, sondern Türkisch, Arabisch und Russisch zu Amtssprachen erheben, letzteres in gespannter Erwartungshaltung.

Chris Benthe am 16.07.22, 11:13 Uhr

Die Grafik passt hervorragend. Mit dem Unterschied, dass die Folgen des schändlichen Tuns der deutschen Politik verheerend sind. Da bleibt kein Jota für Spaßraum übrig. Wir befinden uns erst am Anfang der Katastrophe, die wohl an die Folgen des 2. Weltkrieges heranreichen dürfte. Mit dem Unterschied, dass ein homogenes Volk, das die Ärmel aufkrempelt, um sich zwecks Wiederaufbau in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen, nicht mehr existiert. Mittlerweile arbeitet die Politik auf allen Feldern an der Zerstörung gesellschaftlichen Zusammenwirkens, egal, welche Bevölkerungsgruppe es betrifft. Die vermeintliche Förderung des einen bewirkt stante pede die Benachteiligung eines anderen. Junge gegen Alte, Radfahrer gegen Wanderer, Kinder gegen Eltern, Faule gegen Fleißige, Gebildete gegen Dumme, Schwule gegen Heteros, Unternehmer gegen Angestellte, Kranke gegen Gesunde, Bauern gegen Konsumenten, Windkraft gegen Landschaft, Sparer gegen Verschwender, Arme gegen Reiche, egal wohin man blickt, Hetze und Spaltung für alle gegen jeden. Alles eingebettet in eine moralisierende Weltenretter-Hybris, die ihresgleichen sucht. Nein, dieses Deutschland ist leider am Ende, in einer erschreckenden Totalität, die mich erschauern lässt wie der Gedanke an den 30jährigen Krieg. Uns stehen Jahrzehnte des Elends und Schreckens bevor.

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