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Umweltverbände erschweren der Stadt den Kampf um Elbvertiefung zusätzlich mit der Androhung von Klagen
Hamburgs offener Tidehafen an der Unterelbe in 130 Kilometer Entfernung von der Nordsee ist mit Abstand Deutschlands größter Seehafen. In Europa werden nur in Rotterdam und Antwerpen mehr Schiffscontainer umgeschlagen als in der Freien und Hansestadt, in der jährlich rund 8,6 bis 8,8 Millionen Standardcontainer gelöscht und geladen werden. Etwa ein Drittel der angelieferten Container bleibt in der Metropolregion, der Rest wird mit der Bahn und Zubringerschiffen in die gesamte Bundesrepublik, nach Mittel- und Osteuropa sowie Skandinavien weitertransportiert. Insbesondere für den Asienhandel ist die Elbmetropole als Schnittstelle nicht nur von deutschlandweiter, sondern auch von europäischer Bedeutung.
Bei zunehmenden Schiffsgrößen und Tiefgängen spielt die nautische Erreichbarkeit des Hafens eine entscheidende Rolle. Um den Vorsprung vor den Häfen der sogenannten Nordrange von Le Havre bis Göteborg zu wahren, hatte die Hansestadt ab 2019 nach einem fünfjährigen Gerichtsprozess eine weitere, nun schon die neunte Elbvertiefung durchgeführt. Mit knapp 800 Millionen Euro war es das wohl aufwendigste Infrastrukturprojekt in der jüngeren Geschichte der Stadt. Nach Abschluss der Baggerarbeiten im Januar dieses Jahres sollten Containerschiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Meter den Hamburger Hafen in tideunabhängiger und mit 14,50 Meter in tideabhängiger Fahrt erreichen können. Zuvor lag der maximale Tiefgang bei 12,50 Meter. Aufgrund der verstärkten Baggerarbeiten zur Erhaltung der Fahrrinnentiefe hatten Beobachter bereits vermutet, dass dieses Ziel verfehlt würde. Im gesamten Einzugsbereich der Tideelbe setzt sich deutlich mehr Schlick ab als prognostiziert.
Außerdem wurde bekannt, dass die bei der Verbreiterung der Fahrrinne entstandenen Unterwasserböschungen instabil sind. Die Lotsen auf den großen Containerschiffen müssen nach Anweisung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) immer mehr Mindertiefen mit stark reduzierter Geschwindigkeit und äußerster Vorsicht umfahren. Laut dem „Hamburger Abendblatt“ beschwerte sich darüber ein Lotse, der namentlich nicht genannt werden wollte: „Wir können aber nicht mit einem 400 Meter langen Schiff Slalom auf der Elbe fahren.“
Die Schiffe werden immer größer
Des Weiteren braucht die Hansestadt an der Elbe dringend eine weitere Verbringstelle mit hoher Aufnahmekapazität für die Verklappung der nach offiziellen Angaben jährlich anfallenden 5,6 Millionen Tonnen Schlick allein aus dem Hamburger Hafen bis zur Stadtgrenze. Bereits seit einigen Jahren bezahlt die Stadt für die Unterhaltungsbaggerei jährlich 150 bis 200 Millionen Euro. Nun besteht die Befürchtung, dass diese laufenden Kosten ausufern könnten.
Am 7. Oktober fand aufgrund der Problemlage im Bundesverkehrsministerium ein Krisentreffen mit Vertretern der WSV und der Hamburg Port Authority (HPA), dem Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) sowie Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) statt. Hamburg wünscht sich deutlich mehr Unterstützung vom Bund als bisher und kann dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „Volkswirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens“ verweisen. Zu den wichtigsten Erkenntnissen der Studie zählt, dass Hamburgs Hafen deutschlandweit insgesamt rund 607.000 Arbeitsplätze sichert, davon etwa 68.000 in Hamburg und weitere 56.000 in der Metropolregion, und damit weit mehr als bisher angenommen.
Wohin mit dem Schlick?
Monatelang befand sich der Hafen anscheinend auf einem guten Weg. Die Zahl der Anläufe von Großcontainerschiffen ab einer Kapazität von 18.000 Standardcontainern war seit Jahresbeginn um 9,3 Prozent gewachsen. In der Deutschen Bucht stauen sich seit dem Frühjahr wartende Containerschiffe. Auslöser der weltweiten Störungen im Lieferverkehr war die Corona-Pandemie. Zudem transportierten die Schiffe auch mehr Ladung nach Hamburg. Mittlerweile aber müssen Frachter mit einem kritischen Tiefgang zuvor einen Teil der Ladung in anderen Häfen abgeben.
Gleichzeitig schlagen die Umweltverbände Alarm. Sie haben angekündigt, gegen die Fortsetzung der Baggerarbeiten im Hafen und auf der Unterelbe auf Kosten von Natur und Umwelt zu klagen. Durch die permanente Aufwirbelung bei der Absaugung von Sedimenten wird das Wasser dauerhaft getrübt. Ein spezielles Baggerschiff wirbelt den Schlick in der Flusssohle lediglich auf, damit er vom Ebbstrom weggespült wird. In den Sommermonaten war das Fischsterben so dramatisch wie nie. „Es stirbt ein Ökosystem und ganze Jahrgänge von Jungfischen“, erklärte ein Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Folgen seien nicht länger hinnehmbar.