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Rot-Grün-Rot

Hauptstadt taumelt in die Dauerkrise

Pandemie-Folgen und Flüchtlingsstrom legen die Defizite der Senatspolitik schonungslos offen

Norman Hanert
22.04.2022

Bevor die Corona-Pandemie Deutschland in einen Ausnahmezustand versetzte, schien sich der lange Zeit recht ramponierte Ruf Berlins als Schuldenhauptstadt zum Positiven zu wandeln. Das Motto „Arm, aber sexy“ der Wowereit-Ära verblasste, dafür tauchten immer öfter Meldungen von der Start-up-Metropole Berlin als deutschlandweitem Überflieger beim Wirtschaftswachstum auf. Solche Positivmeldungen liefert die Stadt noch immer. Erst Ende März konnte beispielsweise Berlins Wirtschaftssenator vermelden, dass die Wirtschaftsleistung der Millionenstadt im Jahr 2021 mit 3,3 Prozent über dem Bundesschnitt gewachsen ist.

Überlagert werden solche Positiventwicklungen nun immer öfter wieder von altbekannten Berichten, in denen es um eine hoffnungslos überforderte Berliner Verwaltung, Wohnungsmangel und Kinderarmut geht. Tatsächlich haben die Corona-Maßnahmen der vergangenen beiden Jahre gerade Berlin mit seinem großen Dienstleistungs- und Tourismussektor besonders hart getroffen. Die Folgen sind im unlängst veröffentlichten Berliner „Sozialmonitor“ ablesbar.

Armut nimmt wieder zu

Wie aus der Auswertung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hervorgeht, hat sich im vergangenen Jahr die Zahl der Stadtviertel, in denen die Armut zunimmt, in der deutschen Hauptstadt wieder erhöht. Kleinteilig unter die Lupe genommen hatten die Statistiker für den Sozialatlas 536 Gebiete in der Stadt. Dabei stellten sie zwar fest, dass sich im Süden und Osten der Metropole in einigen Wohnvierteln die soziale Situation gebessert hat. Unterm Strich nahm die Zahl der Berliner Problemkieze aber um 13 zu.

Alarmierend ist zudem, dass die Statistik bei einigen dieser neuen Problemviertel im Vorjahr zumindest im Ansatz noch auf eine Verbesserung der Lage hingedeutet hatte. Nun jedoch steigen Kinderarmut und der Anteil von Hartz-IV-Empfängern wieder an. Zudem zeigt der Sozialmonitor einen hohen Anteil von Kindern auf, die in prekären Verhältnissen aufwachsen. Laut der Untersuchung beziehen in Berlin 27 Prozent der Altersgruppe unter 15 Jahren Transferleistungen vom Staat. Die Macher des Sozialmonitors stellten insgesamt eine „konstante Benachteiligung“ in Ortsteilen von Wedding, Moabit, Gesundbrunnen, Kreuzberg und ähnlichen Stadtvierteln fest. Als einen Grund für die Verschlechterung nennen die Forscher ganz deutlich vor allem die gestiegene Zahl an Hartz-IV-Empfängern während der Corona-Pandemie.

Zu dieser problematischen Entwicklung kommt ein weiterer Faktor hinzu, auf den die Autoren allerdings nicht hinweisen. Dem nochmals aufgelegten Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei ist es nicht gelungen, nach dem Start ihrer Koalition im vergangenen Herbst eine Aufbruchstimmung in Berlin zu entfachen. Stattdessen arbeitet sich das Dreierbündnis an „Bullerbü-Themen“ wie der Verbannung des privaten Autoverkehrs aus der Friedrichstraße ab oder versucht mit viel Energie, den Bund davon abzubringen, an der Berliner Stadtautobahn weiterzubauen. In noch größerem Maße aber wird ein Senat sichtbar, der immer öfter lediglich nur noch auf Entwicklungen wie etwa den Massenzustrom ukrainischer Flüchtlinge reagiert statt vorausschauend zu arbeiten. In ungewohnter Einigkeit haben die Oppositionsparteien CDU, AfD und FDP nach Ablauf der üblichen 100-Tage-Schonzeit Ende März eine vernichtende Bilanz der bisherigen Arbeit des Senats gezogen. Tenor der drei Parteien war die Aussage, Rot-Grün-Rot habe die Hauptstadt bislang nicht vorangebracht.

„Verlorene Tage für Berlin“

Aus Sicht des CDU-Fraktionsvorsitzenden Kai Wegner hat der von der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) geführte Senat bislang „viel angekündigt und manches beschlossen. Aber schöne Überschriften reichen nicht“, so Wegner. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker bewertete die Startphase der Koalition sogar als „verlorene Tage für Berlin“. „Wichtige Probleme wie das Chaos in der Berliner Verwaltung oder der katastrophale Zustand von Straßen und Brücken wurden nicht angegangen“, so Brinker. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja bescheinigt Rot-Grün-Rot, eine „Weiter-so-Koalition“ zu sein, die zudem „Lieferschwierigkeiten“ habe.

Giffey selbst lobte anlässlich der 100-Tage-Bilanz die Senatsmitglieder explizit für deren Arbeit, sprach allerdings auch selbst von einer „Regierung im Krisenmodus“. Für die Stadt besteht indes die Gefahr, dass dieser Modus zum Dauerzustand wird. Die Regierende Bürgermeisterin geht inzwischen von rund 60.000 geflüchteten Ukrainern aus, die bereits in der Stadt leben. Giffey erwartet für die Zeit nach Ostern einen erneuten Anstieg der Flüchtlingszahlen aus der Ukraine, sodass möglicherweise sogar bis zu 100.000 Ukrainer in Berlin bleiben würden. Damit müssen sich die Berliner darauf gefasst machen, dass sich auf ohnehin kritischen Gebieten wie dem Wohnungsmarkt, dem Berliner Bildungssystem oder der überlasteten Verwaltung die Lage weiter zuspitzt.


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Kommentare

Michael Holz am 25.04.22, 22:01 Uhr

Viele Jahre meines, nun schon 77 Jahre andauernden Lebens, habe ich mich stolz als "Berliner" bezeichnet, obwohl ich nur ein Rucksackberliner war, also nicht an der Spree geboren. Nicht ohne Grund bin ich 1998 in die Emigration gegangen. Als der Kanzler der Bosse den Thron bestieg, war für mich ehemaliges SPD-Mitglied der Ofen aus. Seit der "Widervereinigung" (kein Schreibfehler!) ist dieser Stolz verflogen. Die, die mich im Osten verfolgt, drangsaliert und inhaftiert hatten, sind nun in ganz Deutschland (ich meine den Rest) an der Macht. Nun schäme ich mich für meine alte Heimat und ich habe bei der "Elite" keine Hoffnung auf Besserung. "Denk ich an Berlin in der Nacht, so bin ich um meinen Schlaf gebracht." Frei nach Heinrich Heine. Kennt noch jemand von der jetzigen Jugend den Mann?

sitra achra am 22.04.22, 10:43 Uhr

Das Traurige daran ist, dass alle im BT vertretenen Parteien während der 16 Jahre Merkel Deutschland, und also auch Berlin, heruntergewirtschaftet haben.
Es wird mindestens, wenn überhaupt, ein Jahrzehnt brauchen, um die größten Schäden zu beseitigen.
Aber auch das erscheint derzeit als blanke Utopie.

Peter Müller am 22.04.22, 09:55 Uhr

Wir sollen also 7,5 Mrd monatl. für die Ukraine aufbringen, um deren wirtschaftliche Ausfälle zu decken, zusätzlich zum gelieferten Kriegsmaterial, für einen Krieg, den die Ukrainer nicht gewinnen können. Dann sollen wir für die Nato aufrüsten. Dann sollen wir Milliarden für klimafreundliche Stromerzeugungen bezahlen, die mangels Rohstoffen (Kupfer, Lithium, Seltene Erden) sowieso nicht umsetzbar ist. Wir haben die höchsten Strompreise in Europa, unsere Industrie stirbt, weil wir uns ernsthaft an die CO2-Zertifikate-Sache halten, unsere Schulen sind verseucht mit Asbest, wir zahlen Milliarden für unproduktive sogenannte Flüchtlinge, die sich zu großen Anteilen nie integrieren werden, auch weil die Islamisierung das verhindert, letztere ist verfassungsfeindlich. Die deutschen Steuerzahler finden keine bezahlbaren Wohnungen, für Flüchtlinge zahlt das Amt und damit eben der deutsche Steuerzahler. Derweil gehen Kriminalitäts- und Drogenhandelsstatistiken durch die Decke, wobei die Ursachen wieder geleugnet werden.
Unsere Polizei, Armee und der Geheimdienst wurden gesäubert, die Armee ist vermutlich nicht einsatzfähig.
Die Krebs- und Herzstationen in den Krankenhäusern sind dank der Impfung voll mit Patienten, was geleugnet wird. Unser Ethikrat begründet eine Zwangsimpfung besser, als die Nazis ihre medizinischen Zwangs-Behandlungen je begründeten.
Und in Berlin wird eher diskutiert, ob man zwangsweise den Veganismus einführen sollte, wie man die Überwachung verbessert und wer mit welchen Genitalien auf welchem Porzellanthron sitzen darf, als das die Weichen für die Zukunft gestellt werden.

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