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Österreichs legendäre Kaiserin auf Tour d’Europe – Am 30. März startet „Sisi & Ich“ als feministische Sisi-Version in den Kinos
Fassen wir kurz zusammen: Allein in den vergangenen zwei Jahren sind vier deutsche Filmproduktionen über Kaiserin Elisabeth von Österreich, auch Sisi genannt, entstanden. 2021 streamte RTL+ zwölf Folgen der Serie „Sisi“, im Jahr darauf konterte Netflix mit der Miniserie „Die Kaiserin“, nahezu zeitgleich lief in den Kinos „Corsage“, und jetzt kommt mit „Sisi & Ich“ der nächste Film über die kaiserliche Legende in die Kinos.
Angesichts dieser Flut von Filmen könnte man fast von einer Sisi-Renaissance sprechen. Als Ur-Film-Sisi gilt für die meisten bekanntlich Romy Schneider, welche die Kaiserin neben Karlheinz Böhm in Ernst Marischkas Trilogie aus den 1950ern verkörpert hat. Dabei gab es schon 1920 den ersten „Sisi“-Film. Viele weitere folgten in allen möglichen Spielarten, so etwa „Bully“ Herbigs Persiflage „Lissi und der wilde Kaiser“ von 2007.
Das neue filmische Aufblühen von Sisi in der Pandemiezeit könnte auch die Sehnsucht zur Rückkehr nach einem normalen Leben widerspiegeln. Damit haben sie fürs Publikum eine ähnliche Funktion, wie Marischkas „Sissi“-Filme der 50er. Nachdem die Welt für viele Deutsche in den Trümmern lag, erfüllten solche Heimatfilme in den Wiederaufbaujahren die Sehnsucht nach einem Stück heiler Welt und Geborgenheit.
Der Kaiserin, der wir in Frauke Finsterwalders diesjährigem Berlinale-Beitrag und am 30. März in den Kinos anlaufenden „Sisi & Ich“ begegnen, ist so etwas wie ein Lockdown-Opfer. Auf der Insel Korfu lebt diese von Susanne Wolff dargestellte Sisi zurückgezogen und isoliert nur mit dem engsten Hofstaat, während ihr Mann Kaiser Franz Joseph im fernen Wien weilt. Zu dieser zumeist nur aus Frauen bestehenden Kommune stößt Irma Gräfin von Sztáray als neue Hofdame. Sandra Hüller, bekannt aus dem Kinodrama „Toni Erdmann“ von 2016, spielt diese anfangs noch an Konventionen gefesselte ledige Frau. In Sisis Gegenwart muss sie sich an deren Marotten gewöhnen: strenge Diät – die Magersucht der Kaiserin ist ständiges Thema –, Turnübungen, Spaziergänge im sportlichen Laufschritt, bequeme Kleidung statt Korsettzwang und Sprünge von der Steilklippe ins Meer.
Regisseurin Finsterwalder, die das Drehbuch mit dem Schweizer Schriftsteller Christian Kracht verfasst hat, stellt diese Sisi als moderne, freiheitsbewusste Frau dar, die sich auf ihrem Refugium vom Patriarchat erholt. Entsprechend feministisch angehaucht ist diese Sisi-Version. Kaiser Franz Joseph taucht dabei als Anti-Böhm auf, der seine Frau zurück an den Hof zwingen will. Sie wehrt sich, indem sie ihre Friseurin und Vorleserin Fritzi als Doppelgängerin zu ihm schickt, und als das natürlich auffliegt, muss Hofdame Irma sie bei einem Bankett vertreten.
Weit hergeholt ist das alles nicht. Die ungarische Gräfin von Sztáray gab es wirklich. Ihre Erinnerungen als Hofdame hat sie 1909 in einem Buch über die letzten Jahre der Kaiserin veröffentlich. Nicht ausgespart bleiben dabei auch im Film Sisis Reisen ins Ausland, ihre Leidenschaft für Parforcejagden in England und ihre Affäre mit einem jungen Stallburschen.
Vor allem aber war Irma Sztáray Zeugin des Attentates eines italienischen Anarchisten auf die Kaiserin am Genfer See. Die Feile, die sich in ihren Körper hineinbohrte, nimmt sie anfangs kaum wahr, geht unbeirrt weiter und verblutet dann etliche Minuten später in Irmas Armen.
Also kein Happy End wie in den „Sissi“-Filmen mit Romy Schneider. Und trotzdem hat „Sisi & Ich“ etwas Tröstendes: Der Film erfüllt tatsächlich die Sehnsucht nach den durch die Pandemie vernachlässigten Qualitäten wie Freiheit, Freundschaft und häuslichem Frieden. Und das liegt an dem hervorragend harmonierenden Schauspielerduo Wolff und Hüller. Sie heben dieses „Sisi“-Drama auf ein Top-Niveau, welches das frühere Traumpaar Romy Schneider und Karlheinz Böhm für einen kurzen Moment in den Hintergrund drängt. Wie gesagt: kurz – denn ein Legendenstatus vergeht nie.