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Kunst

Heimkehr nach Elbflorenz

„Wo alles begann“ – Dresden schließt mit zwei Ausstellungen das Caspar-David-Friedrich-Jahr ab

Veit-Mario Thiede
10.10.2024

Den am 7. September 1774 in Greifswald geborenen Caspar David Friedrich ehrt Dresden anlässlich seines 250. Geburtstags mit der Ausstellung „Wo alles begann“. Zwar bekam Friedrich bereits in Greifswald Zeichenunterricht und studierte später an der Kunstakademie von Kopenhagen, aber aus Sicht der Ausstellungsmacher begann seine Karriere erst in der sächsischen Residenzstadt, in der er von 1798 bis zu seinem Tod 1840 lebte. Wichtige Anregungen gewann er in deren Gemäldegalerie. Und nirgendwo sonst als in Dresden malte er seine Ölbilder.

Die im Kupferstichkabinett ausgestellten 140 Werke auf Papier machen Friedrichs Denk- und Schaffensprozess nacherlebbar. Den bringt Kuratorin Petra Kuhlmann-Hodick auf die Formel: „Empfinden, erfassen, konstruieren.“ Präsentiert werden mit Bleistift oder Feder ausgeführte Zeichnungen. Er fertigte sie auf Wanderungen und Studienreisen in die Sächsische Schweiz und ins Riesengebirge, den Harz und auf Rügen an. Auf diesen Fundus griff er zurück, um seine Sepiablätter und Ölgemälde zu konstruieren.

Wiederholt zeigt die Schau den Ausgangspunkt und das Endergebnis von Friedrichs Arbeitsweise. So stellt eine auf den 28. August 1800 datierte Bleistiftzeichnung das „Felsentor im Uttewalder Grund“ dar. In der engen Sandsteinschlucht sind herabgestürzte Felsbrocken zwischen den Steilwänden stecken geblieben. So entstand das Felsentor. Die Zeichnung war die Vorlage für die um 1801 geschaffene braune Pinselzeichnung „Felsentor im Uttewalder Grund“. Die düster majestätisch dargebotenen Steinmassen kontrastieren mit dem kleinen hellen Tor, in dem sich die Silhouetten zweier jubelnden Gestalten bemerkbar machen.

In einem mit Vorhängen versehenen Kabinett, das man nur einzeln betreten darf, gibt es das kürzlich mit Hilfe von Förderern durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Klassik Stiftung Weimar und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden aus Privatbesitz angekaufte „Karlsruher Skizzenbuch“ zu sehen. Die aufgeschlagene Seite zeigt bis in die kleinsten Verästelungen das „Porträt“ eines Baumes. Das Skizzenbuch legte Friedrich im Frühsommer 1804 an. Es birgt Bleistiftzeichnungen, die er an der Elbe zwischen Dresden und Meißen ausführte. Friedrich nutzte sie als Vorlagen für Gemälde. Eines von ihnen ist das „Große Gehege bei Dresden“ (1832), das im zweiten Teil der Ausstellung hängt. Der wird im Albertinum präsentiert.

Im Albertinum steht die Malerei im Mittelpunkt. Erster Blickfang ist eine lange Wand, an der dicht an dicht in mehreren Reihen neben- und übereinander 121 Gemälde von Malern und einigen Malerinnen hängen, mit denen Friedrich in Verbindung stand. Zum Beispiel Carl Gustav Carus, dessen Malerei sich eng an Friedrichs Motivwelt anlehnte, oder Caroline Bardua, von der ein Porträt des alten Caspar David Friedrich zu sehen ist.

„Bilder wie Ware aufgestellt“
Biblische Darstellungen und Heilige hängen neben antiker Mythologie, Landschaften, Stillleben, Allegorien und Herrscherbildnissen Napoleons. Diese den Betrachter geradezu erschlagende Präsentationsform orientiert sich an den zur Zeit Friedrichs üblichen Bilderhängungen – die dieser allerdings ablehnte. Er schrieb: „Es macht immer einen widrigen Eindruck auf mich, in einem Saal oder Zimmer eine Menge Bilder wie Ware aufgestellt oder aufgespeichert zu sehen, wo der Beschauer nicht jedes Gemälde getrennt betrachten kann, ohne zugleich vier halbe andere Bilder mitzusehen.“

In den gegenüber eingerichteten Kabinetten dagegen hängen die 47 Gemälde Friedrichs und die 19 Landschaftsgemälde der Alten Meister, von denen er Anregungen bezog, weit auseinander. Zu ihnen gehören Jacob van Ruisdaels „Jüdischer Friedhof“ (um 1655) und Claude Lorrains „Landschaft mit Flucht nach Ägypten“ (1647). Bemerkenswert ist, dass ihn oftmals nur die klein in die Landschaftsgemälde gesetzten so genannten „Staffagefiguren“ interessierten. Das verraten vier Blätter (um 1800), auf denen sich zahlreiche Figuren befinden. Etwa eine Mutter mit Kind im Arm, Männer mit ausgestrecktem Zeigefinger, Lastenträger oder ein Paar. Einige erkennen wir auf den ausgestellten Gemälden wieder.

So ist auf dem von Adriaen Frans Boudewijns (1644–1711) und Pieter Bout (1640/45–1689) gemalten „Brunnen am Seeufer“ als zweite Gestalt von links ein Bettler zu sehen, der sich auf einen Stock stützt und gegen einen Pfeiler lehnt. Seitenverkehrt treffen wir ihn in Friedrichs „Gebirgslandschaft mit Regenbogen“ (1809/10) wieder, verwandelt in einen rastenden Wanderer, der sich gegen einen Felsen lehnt. Treffend urteilt Kurator Holger Birkholz: „Seine Motivübernahmen wirken so eigenständig, dass sie kaum als Zitate zu erkennen sind.“

Die Ausstellungskabinette sind besonderen thematischen und motivischen Aspekten im Schaffen Friedrichs gewidmet. Zuweilen spielen farbenprächtige Himmel die Hauptrolle im Bild wie etwa im „Großen Gehege bei Dresden“ (1832), auf dem der violett, hellblau und orangegelb leuchtende Himmel das Bildgeschehen dominiert. Das Gemälde „Die Kathedrale“ (um 1818) sowie Landschaftsansichten mit Kreuz und den für den Glauben an das Leben nach dem Tod stehenden Fichten geben Friedrich als frommen Christen zu erkennen. Zehn Jahre nach der Völkerschlacht bei Leipzig und 300 Jahre nach dem Tod Huttens, der Humanist und Parteigänger Luthers war, schuf Friedrich das Gemälde „Huttens Grab“ (1823). Es steht für den politischen Maler Friedrich.

Heute nur noch schwer zu erkennen sind die auf den Sarkophag geschriebenen Namen wichtiger Persönlichkeiten der Befreiungskriege gegen Napoleon: Friedrich Ludwig Jahn, Ernst Moritz Arndt, Joseph von Görres sowie Karl Freiherr vom und zum Stein. Dazu äußert Birkholz: „Zeit seines Lebens und gerade auch nach den die alten europäischen Monarchien stärkenden Karlsbader Beschlüssen von 1819 engagierte sich Caspar David Friedrich für freiheitlich bürgerliche Rechte.“

Bis 17. November im Kupferstichkabinett und bis 5. Januar im Albertinum Dresden. Der Katalog aus dem Sandstein Verlag kostet im Museum 36 Euro, im Buchhandel 48 Euro. Internet: www.skd.museum


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