23.04.2024

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Otto der Große

Heldentaten und ein verlorenes Herz

„Des Kaisers letzte Reise“ – Ausstellungen in Sachsen-Anhalt ehren den vor 1050 Jahren gestorbenen Otto den Großen

Veit-Mario Thiede
13.05.2023

Nach sechs Jahren in Italien begab sich Kaiser Otto I. im Spätsommer des Jahres 972 auf die Rückreise in seine sächsische Heimat. Der vor 1111 Jahren geborene Herrscher traf zum Palmfest anno 973 in Magdeburg ein, wo er im Dom die zuvor vom Papst beurkundete Gründung des Erzbistums Magdeburg verkündete.

Seine nächste Reisestation war Quedlinburg, wo er das Osterfest feierte und auf einem Hoftag Delegationen aus vielen Ländern empfing. Christi Himmelfahrt beging der Kaiser in Merseburg. Anschließend besuchte er die Pfalz Memleben
– wo er am 7. Mai 973 für alle unerwartet verstarb. Die im heutigen Sachsen-Anhalt gelegenen vier Otto-Orte nehmen den 1050. Todestag des Kaisers zum Anlass für Ausstellungen und Veranstaltungen.

Magdeburgs ottonischer Dom brannte 1207 ab, doch im gotischen Nachfolgebau befinden sich antike Objekte, die Otto aus Italien mitbrachte: der Taufstein sowie Säulenschäfte. Zwischen den östlichen Vierungspfeilern ruhen Ottos Gebeine in der originalen Marmortumba. Sein Nachleben ist Thema der im Kulturhistorischen Museum präsentierten Sonderschau „Kaiser Otto in der Erinnerung späterer Zeiten – Welche Taten werden Bilder?“. Aufgeboten sind Exponate vom Mittelalter bis zur Gegenwart in thematischer Ordnung. Sie rufen wichtige Ereignisse aus Ottos Leben in Erinnerung, stellen ihn als Stifter von Bistümern, Klöstern und Kirchen vor oder rühmen seine Heldentaten.

Triumph am Lechfeld
Sein größter Triumph war der mit Kontingenten aus allen Teilen des deutschen Reiches anno 955 errungene Sieg über die Ungarn auf dem bei Augsburg gelegenen Lechfeld. Daran erinnern Historienbilder wie der von Wilhelm Lindenschmit dem Älteren gemalte „Einzug Ottos des Großen in Augsburg nach der Schlacht auf dem Lechfeld“ (vor 1846).

Besondere Aufmerksamkeit widmet die Schau den „starken Frauen“ aus Ottos Umfeld. Hier treten die 946 gestorbene Editha und die italienische Königswitwe Adelheid auf, die Otto 951 heiratete. Ein Holzschnitt (1501) aus der Werkstatt Albrecht Dürers zeigt die Kanonisse und Dichterin Roswitha von Gandersheim, die dem Kaiser ihr Epos „Die Taten Ottos“ überreicht.

Eine kleinformatige Reproduktion vertritt das von Otto Marcus für den Sitzungssaal des Quedlinburger Rathauses geschaffene Wandbild „Weihe Mathildes als Äbtissin von Quedlinburg“ (um 1900). Dargestellt ist ein Ereignis des Jahres 966: Der weißbärtige Kaiser überreicht seiner erst elf Jahre alten Tochter den Äbtissinnenstab des von ihm zum ewigen Gebetsandenken an seinen Vater Heinrich I. gegründeten Kanonissenstifts.

Zwar werden die Bauwerke auf dem Quedlinburger Schlossberg saniert, aber die Stiftskirche steht den Besuchern offen. In deren eindrucksvoller Krypta befinden sich die Gräber der Äbtissin Mathilde und ihrer gleichnamigen Großmutter. Die war mit König Heinrich I. verheiratet, dessen Grab leer ist. Vor Jahrhunderten betteten die Kanonissen Heinrich um. Sein neuer Ruheort ist in Vergessenheit geraten. In den Seitenarmen des Querschiffes ist der berühmte Schatz der Stiftskirche ausgestellt. Otto der Große stiftete den aus Alabaster angefertigten „Kana-Krug“ (1. Jh.), der nach alter Überlieferung bei der in der Bibel geschilderten Hochzeit zu Kana zum Einsatz kam.

Ottos Tagesheiliger
Im Handschriftengewölbe des Merseburger Doms startet am 18. Mai die Sonderausstellung „Otto der Große, der heilige Laurentius und die Gründung des Bistums Merseburg“. Urkunden belegen Ottos großzügige Schenkungen zur Ausstattung des Bistums und seines Domes. Handschriften künden vom besonderen Bezug Merseburgs zu Laurentius und dessen früher Verehrung in der Bischofsstadt. Laurentius war der Tagesheilige der Lechfeldschlacht. Ihm gelobte Otto für den Fall seines Sieges die Gründung des Bistums Merseburg. Zu den Glanzlichtern gehört das kürzlich ersteigerte Blatt aus der Chronik, die Bischof Thietmar von Merseburg 1012 bis 1018 über die Ottonenzeit verfasste.

Von Ottos Zeitgenossen Widukind von Corvey stammt die Chronik „Taten der Sachsen“. Sie enthält einen Bericht über den plötzlichen Tod des Kaisers in Memleben. Mittags habe er sich heiter zu Tisch gesetzt. Später begann er aber zu fiebern und fiel in Ohnmacht. Aus der erweckt, „begehrte er das Sakrament des Leibes und des Blutes Gottes, nahm es und übergab ohne Seufzer mit großer Ruhe den letzten Hauch dem barmherzigen Schöpfer aller Dinge“.

Zu Ehren seines Vaters gründete Kaiser Otto II. in Memleben ein Benediktinerkloster. Vom Kirchenbau des 10. Jahrhunderts haben einige Mauerreste überdauert. Dieses Bauwerk und die benachbarte Kirchenruine des 13. Jahrhunderts feiern dank Digitaltechnik vor den Besuchern ihre Auferstehung. In der Hoffnung, die möglicherweise vor der Bestattung in einen Behälter gelegten Eingeweide Ottos zu entdecken, fanden in den letzten Jahren auf dem Klostergelände archäologische Untersuchungen statt. Die Eingeweide haben die Archäologen zwar nicht entdeckt, aber andere interessante Funde gemacht. Ihnen ist eine Kabinettschau gewidmet. Sie trägt den irreführenden, dafür romantischen Titel: „Des Kaisers Herz – Archäologische Tiefenfahndung am Sterbeort Kaiser Ottos des Großen.“

Im Verlag Schnell und Steiner sind der Katalog zur Magdeburger Sonderschau für 35 Euro sowie der Band „Otto der Große 912–973“ für 30 Euro erschienen. www.deskaisersletztereise.de


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