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Die Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ hilft während des Krieges den heute noch in der Ukraine verbliebenen und in ländlichen Siedlungen lebenden Karpatendeutschen
Durch das Leiden der Menschen in der Ukraine gerät die dort noch lebende deutsche Minderheit fast in Vergessenheit. Diesen Umstand will die Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ andern. Die vom 96-jährigen saarländischen Unternehmer Kurt Linster gegründete Stiftung, die ihren Sitz in Bayreuth hat und vom ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten und Ex-Aussiedlerbeauftragten Hartmut Koschyk geleitet wird, hat seit Beginn des Ukrainekriegs eine humanitäre Brücke zu der in der Ukraine verbliebenen deutschen Minderheit geschlagen. Koschyk kennt diese sehr gut, war er doch jahrelang Präsident des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland bis zu dessen Konkurs 2019.
Transkarpatien ist der westlichste Zipfel der Ukraine, es grenzt an Rumänien, Ungarn und die Slowakei. Diese bergige Region, die direkt an NATO- und EU-Staaten angrenzt, ist von den russischen Aggressoren vergleichsweise weit entfernt und gilt daher noch als sicher. Seit Kriegsbeginn wurde sie zum Rückzugspunkt für Hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus der ganzen Ukraine, aber auch zum Durchgangspunkt des Flüchtlingsstroms in die benachbarten EU-Länder.
In dieser Region, die bis 1939 zur Tschechoslowakei gehörte, hat in zwei deutsch-böhmischen und fränkischen Sprachinseln, nämlich im Theresien- (Tereswa-) beziehungsweise Mokratal sowie Unterschönborn und Pausching bei der Stadt Munkatsch, die deutsche Sprache bis heute überlebt. Es sind die einzigen noch geschlossenen ländlichen deutschen Siedlungen in der Ukraine.
Die vorwiegend katholischen Dörfer waren die einzigen deutschen Siedlungen im europäischen Teil der Sowjetunion, die selbst von den Deportationen der Stalinzeit verschont blieben, weil der Partisanenkrieg der ukrainischen Nationalisten nach 1945 bis zum Tode Stalins 1953 die Kommunikationswege und damit auch die Deportationszüge der damals sowjetischen Ukraine bis weit in die 1950er Jahre unterbrochen hatte. Auch heute bereiten sich dort Freiwilligenverbände für einen möglichen Partisanenkrieg gegen die Russen vor.
Dreimal die Heimat verloren
In der Region leben viele europäische Minderheiten, neben Ungarn, Slowaken, Huzulen und Ruthenen auch die „Schönbornfranken“. Deren Vorfahren waren ab 1730 in der Regierungszeit des Grafen Lothar Franz von Schönborn aus Mainfranken in diese Region eingewandert, um die durch zahlreiche Kriege menschenleere Region wieder zu besiedeln. Seit der Erlangung der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 hatten sich intensive zwischenmenschliche Bindungen zwischen der Oblast Transkarpatien und dem Regierungsbezirk Oberfranken entwickelt, zeitweise bestand auch eine offizielle Partnerschaft zwischen beiden Bezirken.
Angesichts der dramatischen humanitären Lage der Kriegsflüchtlinge in der Ukraine hat die Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ das Projekt „Humanitäre Brücke Oberfranken-Transkarpatien“ gestartet, das Hilfsgüter in die Region liefert und verteilt sowie den Angehörigen der deutschen Minderheit in der Ukraine in Uschhorod eine Anlaufstelle für humanitäre Hilfe und Beratung für eine Aufnahme in Deutschland anbietet. Diese Einrichtung betreibt die Stiftung Verbundenheit in enger Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten.
Im Gebiet Munkatsch ist der aus Deutschland stammende katholische Pfarrer Josef Trunk als Seelsorger und im karitativen Bereich tätig. Er hat bereits umfangreiche Unterbringungsmöglichkeiten für Kriegsflüchtlinge geschaffen. In Munkatsch selbst garantiert die zum Vorstand des Rates der Deutschen in der Ukraine gehörende Julia Tayps vor Ort eine ordnungsgemäße Verteilung der gesammelten Hilfsgüter in der Region.
Nicht so viel Glück wie die Deutschen in der Karpatenukraine hatten die Deutschen in Schlangendorf (Smijiwka) im südukrainischen Gebiet Cherson. Die seit 1992 von Rückwanderern aus Kasachstan auf einer hoch gelegenen Halbinsel über dem Dnjepr wieder aufgebaute Siedlung aus dem Jahr 1804 war die erste deutsche Siedlung, die Anfang März von den Russen erobert wurde. Schlangendorf wurde bekannt, nachdem das schwedische Königspaar Karl XVI. Gustav und Silvia vor 20 Jahren das Dorf besucht hatten, weil dort auch 100 Schweden den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten. Schweden und Deutsche wurden von dem evangelischen Pfarrer Oleg Fischer betreut. Manche ältere Deutsche aus Schlangendorf haben jetzt bereits zum dritten Mal ihre Heimat verloren.
Chris Benthe am 23.04.22, 14:55 Uhr
Danke für diesen immens wichtigen Beitrag. Bevor die Deutschen dort in Vergessenheit geraten. Danke.