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Hörsaal-Besetzung und Attacke auf einen jüdischen Studenten: Beauftragter fordert Konsequenzen
Der Beauftragte der Bundesregierung für den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, fordert vom Berliner Senat einen Antisemitismusbeauftragten für alle Hochschulen der Hauptstadt. Der Ruf nach einem Beauftragten ist angesichts nicht abreißender Ausschreitungen nachvollziehbar, greift aber vermutlich zu kurz. Die Politik hat viel zu lange zugelassen, dass radikale Aktivisten Hochschulen in ganz Deutschland als Bühne für Hetze und Ausgrenzung nutzen können.
Aktueller Anlass für Kleins Forderung ist die nicht abreißende Reihe von Uni-Besetzungen durch radikale Palästina-Aktivisten. Zuletzt hatten Israel-Hasser an der Humboldt-Universität (HU) den denkmalgeschützten Emil-Fischer-Hörsaal verwüstet. Ganze Sitzreihen wurden herausgerissen, Wände und Fassaden mit Parolen beschmiert. HU-Präsidentin Julia von Blumenthal erklärte: „Wir gehen davon aus, dass der Schaden zwischen 60.000 und 100.000 Euro liegt.“ Den Studenten wird der Emil-Fischer-Hörsaal wahrscheinlich für Wochen nicht zur Verfügung stehen.
Jüdischer Student klagt gegen FU
Die HU-Präsidentin geht davon aus, dass die Zerstörungen von den Extremisten „genau geplant und vorbereitet“ waren. Die Polizei hat nach der Besetzung des Hörsaals 100 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Als Begründung für die Aktion gaben die Besetzer die drohende Ausreise von vier Personen an. Diesen vier, drei EU-Bürgern und einer Person aus den USA, wird vorgeworfen, bei gewalttätigen Ausschreitungen im Oktober 2024 Beschäftigte der Freien Universität mit Äxten und Knüppeln bedroht zu haben. Berlins Innenverwaltung entschied, dass alle vier Personen Deutschland verlassen müssen.
Nur wenige Tage vor der Verwüstung des Hörsaals hatte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im Fall eines Angriffs auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität (FU) im Westteil Berlins ein Urteil gesprochen. Angeklagter in dem Verfahren war ein Student mit palästinensischen Wurzeln. Ihm hatte die Staatsanwaltschaft vorgeworfen, den FU-Studenten Lahav S. im Februar 2024 bei einer zufälligen Begegnung am Rosenthaler Platz aus antisemitischen Motiven krankenhausreif geprügelt zu haben. Der Attackierte erlitt mehrere Knochenbrüche im Gesicht. Das Gericht verurteilte den Lehramtsstudenten Mustafa A. am 17. April wegen schwerer Körperverletzung zu drei Jahren Haft. Damit ging das Schöffengericht volle acht Monate über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus.
Laut Berliner Verwaltungsgericht wird im Juli zudem über eine Klage des attackierten Lahav S. gegen die Freie Universität Berlin verhandeln. Erreichen will der Student eine Feststellung des Gerichts, dass die FU gegen ihre Pflichten aus dem Berliner Hochschulgesetz verstößt. Das Gesetz verpflichtet Berlins Hochschulen, „Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung“ zu beseitigen.
Aus Sicht von Lahav S. hat die Hochschule die antisemitische Stimmung, die auch zu dem Angriff gegen ihn geführt hat, viel zu lange toleriert. Er wirft der FU-Leitung überdies vor, fast gar nichts zum Schutz jüdischer Studenten zu tun: „Ihre Aussage ist, dass man nicht überall Sicherheitsleute hinstellen kann“, so der 32-Jährige. Der Bundesbeauftragte Klein bezeichnete inzwischen die Situation „insbesondere für jüdische Studierende und alle anderen, denen an einem störungsfreien Lernumfeld gelegen ist“ als nicht weiter hinnehmbar.
Viel zu lange zugeschaut
Klein hatte sich bereits im Januar, nach einer Besetzungsaktion anti-israelischer Aktivisten an der Alice-Salomon-Hochschule, für die Schaffung der Stelle eines übergeordneten Koordinators ausgesprochen, der die Arbeit der Antisemitismusbeauftragten an den einzelnen Berliner Hochschulen bündelt. Die Leitung der Hochschule hatte die Besetzungsaktion der Extremisten im Januar geduldet und keinen Grund gesehen, vom Hausrecht Gebrauch zu machen.
Von der zuständigen Senatsverwaltung heißt es derweil noch, dass die senatsinterne Abstimmung zur Einrichtung des Beauftragten noch nicht abgeschlossen sei. Es stellt sich die Frage, ob der Senat nicht viel mehr tun müsste, damit an den Berliner Hochschulen Forschung und Lehre nicht immer stärker unter dem Druck kleiner radikaler Gruppen leiden. Der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler und auch der Historiker Jörg Baberowski haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder Diffamierungskampagnen ausgesetzt gesehen, die von linksextremistischen Studenten angezettelt worden waren.