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Der viel beachtete amerikanische Sozialwissenschaftler Jeremy Rifkin setzt sich in seinem neuen Buch mit der Anpassungsfähigkeit des Menschen an die Gegebenheiten von Natur und Umwelt auseinander
Das Zeitalter des Fortschritts, das lange den Rahmen für die Moderne und die Lebensplanung zahlreicher Generationen abgab, hat sich still und leise aus dem öffentlichen Diskurs verabschiedet, ohne dass ihm jemand eine Träne nachweint.“ Der amerikanische Sozialwissenschaftler Jeremy Rifkin ist darüber nicht traurig, sondern fordert eine noch deutlichere Abkehr von traditionellen Denk- und Verhaltensmustern, um einen Kollaps der jetzt schon „verwilderten Erde“ zu vermeiden.
Rifkin ist mit Büchern wie „Das Ende der Arbeit“ und „Der globale Green New Deal“ zu einem internationalen Bestsellerautor avanciert. In seinem neuen Buch „Das Zeitalter der Resilienz. Leben neu denken auf einer wilden Erde“ beschäftigt er sich mit der Anpassungsfähigkeit, die für ihn Resilienz bedeutet, eine dringende Notwendigkeit angesichts der Gegebenheiten von Natur und Umwelt um des eigenen Überlebens willen.
Die Hauptsünde unserer Gesellschaften liegt für ihn im Effizienzdenken des Kapitalismus. Dem Funktionieren und dem maximalen Gewinn werde alles untergeordnet, sowohl ein humanes Zusammenleben als auch die Gesundheit der Menschen und die Bewahrung der Natur. Mitschuldig an dieser Haltung sei das starre Denken der Wirtschaftswissenschaft.
Rifkin geht mitunter sehr ins Detail, bringt bedrückende Zahlen heutiger Klimakrisen, staunt aber zugleich über die Wunder der Natur, die er schon im menschlichen Körper mit seiner Millionenzahl von Zellen und Strukturen verwirklicht sieht. Wohl auch deshalb bleibt er – darin ganz Amerikaner – letztlich zuversichtlich. Er setzt seine Hoffnung auf eine jüngere Generation und ihr „biophiles“ Bewusstsein, Mensch und Natur in Einklang zu bringen. Er bringt Beispiele aus Europa und den USA für ein neues Denken, die ihn hoffen lassen, „dass die Menschheit zu den Arten zählt, die das Anthropozän überleben“.
Rifkin wird von Regierungen in aller Welt um Rat gefragt. Für den US-Senat hat er ein Modernisierungsprogramm der amerikanischen Gesellschaft bis zum Jahr 2040 in Milliardenhöhe entworfen, das inzwischen in Washington intensiv diskutiert wird.
Fast zwangsläufig provoziert ein so temperamentvolles Buch auch Einwände, etwa dass Krisen und Kriege trotz drohender Klimakrise ja nicht weniger werden. Aber sein Optimismus ist doch ansteckend, was vielleicht generell den Erfolg von Rifkins Büchern ausmacht. Das ausführliche Literaturverzeichnis bringt naturgemäß überwiegend englischsprachige Titel. Als hiesiger Leser bedauert man ein wenig, dass es der Verlag unterließ, auch ein paar deutsche Bücher aufzuführen.
Jeremy Rifkin: „Das Zeitalter der Resilienz. Leben neu denken auf einer wilden Erde“, Campus Verlag, Frankfurt 2022, gebunden, 360 Seiten,32 Euro