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Der damalige und der aktuelle Chef des Hauses Hohenzollern: Louis Ferdinand und sein Enkel Georg Friedrich im Jahre 1988
Foto: picture-alliance/dpa/Horst OssingerDer damalige und der aktuelle Chef des Hauses Hohenzollern: Louis Ferdinand und sein Enkel Georg Friedrich im Jahre 1988

Hohenzollern

„Ich bin bereit, wenn man mich ruft“

Auf die mehrfach gestellte Frage, ob er bereit sei, Kaiser zu werden, wenn das Volk es wolle, antwortete er stets, dass er selbstverständlich zur Verfügung stünde. Vor 30 Jahren starb Louis Ferdinand Prinz von Preußen in Bremen

Wolfgang Reith
17.09.2024

Es war ihm nicht in die Wiege gelegt, einmal Chef des Hauses Hohenzollern oder gar Deutscher Kaiser zu werden, als er geboren wurde. Louis Ferdinand Victor Eduard Adalbert Michael Hubertus Prinz von Preußen – so sein vollständiger Name – erblickte am 9. November 1907 im Marmorpalais bei Potsdam das Licht der Welt als zweiter Sohn des deutschen Kronprinzen Wilhelm und seiner Gemahlin Cecilie. Sein Bruder Wilhelm war ein Jahr älter und rangierte in der Thronfolge deshalb vor ihm. Doch dann kam alles anders.

Seine frühe Jugend verbrachte Louis Ferdinand in Berlin, Potsdam und Danzig. Zu seinem zehnten Geburtstag 1917 wurde er traditionell im Rang eines Leutnants in das 1. Garderegiment zu Fuß der Königlich Preußischen Armee aufgenommen. Genau ein Jahr später dankte sein Großvater, Kaiser Wilhelm II., ab, und die deutsche Monarchie war Geschichte. Nachdem die Prinzen bisher von Hauslehrern unterrichtet worden waren, wechselten sie nun auf öffentliche Schulen. So besuchte Louis Ferdinand ab 1920 das Städtische Realgymnasium in Potsdam, an dem er 1925 sein Abitur ablegte. Anschließend studierte er an den Universitäten Bonn und Berlin Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte und wurde 1931 zum Dr. phil. promoviert. Thema seiner Dissertation: „Theorie der Einwanderung, dargestellt am Beispiel Argentiniens“. Dazu angeregt worden war er durch eine vorherige Südamerikareise.

Nach dem Studium war der Prinz zwei Jahre lang für die Ford Motor Company in Detroit und Buenos Aires tätig, wo er wertvolle Erfahrungen in der praktischen Arbeitswelt sammeln konnte. In den USA lernte er zudem die von der europäischen teils unterschiedliche Denkweise der US-Amerikaner kennen. 1933 musste Louis Ferdinand auf Geheiß seines im niederländischen Exil lebenden Großvaters zurückkehren, weil sein älterer Bruder Wilhelm eine nicht hausgesetzmäßige Ehe eingegangen war und damit auf seine Rechte als Erstgeborener und Kronprätendent verzichtete. Folglich rückte Louis Ferdinand in der potentiellen Thronfolge nach seinem Vater auf Rang zwei. Fortan besuchte er regelmäßig seinen Großvater in Haus Doorn, dessen Lieblingsenkel er ohnehin war.

Von 1935 bis 1938 arbeitete der Prinz in der Auslandsabteilung der Deutschen Lufthansa, in dieser Zeit erwarb er auch den Flugschein. Außerdem meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst, wobei er 1937 zum Leutnant der Reserve in der Luftwaffe avancierte. Zu Weihnachten jenes Jahres verlobte er sich mit Großfürstin Kira von Russland, Nichte des letzten Zaren und Schwester des Chefs des Hauses Romanow. Nach der standesamtlichen Eheschließung fand am 2. Mai 1938 im Schloss Cecilienhof in Potsdam zunächst die Trauung nach russisch-orthodoxem Ritus statt, ehe zwei Tage später in Doorn das evangelische Trauungszeremoniell folgte. Anschließend gingen die frisch vermählten Eheleute auf Weltreise, von der sie erst Ende November des Jahres zurückkehrten. Im Februar 1939 wurde mit Prinz Friedrich Wilhelm das erste Kind und zugleich der potentielle Thronerbe geboren, weitere sechs Kinder gingen bis 1949 aus der Ehe hervor.

Lieblingsenkel Wilhelms II.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges diente Louis Ferdinand, inzwischen zum Oberleutnant befördert, als Transport- und Blindfluglehrer in der Luftwaffe, doch musste er schon 1940 infolge eines geheimen Führererlasses, dem sogenannten Prinzenerlass, aus der Wehrmacht ausscheiden. Auslöser dafür war, dass Louis Ferdinands älterer Bruder Wilhelm unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Potsdam beigesetzt wurde, nachdem er im Mai des Jahres seinen schweren Verletzungen erlegen war, die er im Frankreichfeldzug davongetragen hatte.

Adolf Hitler empfand die Anteilnahme des Volkes als Bekenntnis zur Monarchie und fürchtete um sein eigenes Ansehen. Infolgedessen wurde allen Angehörigen vormals regierender Fürstenhäuser die Teilnahme an Kampfhandlungen untersagt, und 1943 wurden sie endgültig aus der Wehrmacht entlassen. Louis Ferdinand bat von sich aus um Entlassung, die ihm Ende 1941 gewährt wurde. Nachfolgend widmete er sich der Verwaltung des Gutes Cadinen im westpreußischen Kreis Elbing.

Währenddessen hatte er Kontakt zum Widerstandskreis um Karl Goerdeler, in dem er als Vermittler zwischen den unterschiedlichen Strömungen galt. Für den Fall eines erfolgreichen Attentats war er als mögliches Staatsoberhaupt vorgesehen. Allerdings knüpfte er daran die Bedingung, dass Großbritannien sein Einverständnis zur Wiederherstellung der Monarchie in Deutschland gäbe. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er zwar von der Gestapo verhört, entging aber wie durch ein Wunder der Verhaftung, weil vermutlich die Verschwörer selbst unter der Folter seinen Namen verschwiegen. Ende Januar 1945 gelang dem Prinzen eine halbe Stunde vor dem Eintreffen der Roten Armee die Flucht aus Cadinen über das zugefrorene Frische Haff. Mit seiner Familie wieder vereint, kam man nach Kriegsende zunächst in Bad Kissingen unter, ehe man sich im Dezember 1947 in Bremen niederließ, wo man seit Dezember 1950 auf dem eigenen „Wümmehof“ lebte. 1954 bezog man zudem eine Wohnung in West-Berlin, wo 1961 im Stadtteil Halensee das Haus „Monbijou“ erworben wurde.

Mit dem Tod des Kronprinzen am 20. Juli 1951 wurde Prinz Louis Ferdinand Nachfolger seines Vaters als Chef des Hauses Hohenzollern und potentieller Thronerbe. Seine Popularität wuchs, und 1954 galt er gar als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. 1968 wiederholte sich das Szenario, als die Illustrierte „Quick“ die Umfrage „Wen wünschen Sie als Bundespräsidenten?“ erhob. Dabei erzielte Prinz Louis Ferdinand mit 39,8 Prozent die höchste Zustimmung vor allen Parteipolitikern. Gustav Heinemann, der dann im Jahr darauf tatsächlich gewählt wurde, kam lediglich auf 6,8 Prozent. Im Dezember desselben Jahres startete auch die „Bild“-Zeitung eine solche Umfrage, aus der Prinz Louis Ferdinand mit 55,6 Prozent hervorging, während Heinemann bei 14,3 Prozent lag.

Hohe Umfrageergebnisse
Der Hohenzollern-Chef unterstützte maßgeblich den Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, für die er auch das Glockenspiel komponierte. 1965 fand dort die Trauung seiner ältesten Tochter Marie Cécile mit Herzog Friedrich-August von Oldenburg statt. Zwei Jahre später starb Louis Ferdinands Ehefrau Kira, was für ihn einen herben Schlag bedeutete. Noch schlimmer aber war der Tod seines Sohnes Louis Ferdinand, der 1977 an den Folgen eines Unfalls während einer Wehrübung ums Leben kam. Er war seit 1967 der Prätendent der Dynastie, nachdem seine beiden älteren Brüder Friedrich Wilhelm und Michael wegen nicht standesgemäßer Ehen auf die Nachfolge verzichtet hatten (siehe PAZ Nr. 33 vom 16. August).

Einen der schönsten Höhepunkte erlebte der Prinz, als an seinem 82. Geburtstag in Berlin die Mauer fiel. Nun konnte er endlich wieder in sein geliebtes Potsdam reisen, wohin er 1991 die Särge Friedrich Wilhelms I. und Friedrich des Großen überführen ließ, die seit 1952 in der Christuskapelle der Burg Hohenzollern gestanden hatten.

Louis Ferdinand fühlte sich besonders den Heimatvertriebenen verbunden, an deren Treffen er regelmäßig teilnahm. 1981 wurde ihm für Verdienste um den deutschen Osten die Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen, die höchste Auszeichnung des BdV, verliehen. Überdies galt seine Liebe der Musik, wovon zahlreiche eigene Kompositionen zeugen. Dafür wurde er im September 1989 von der US-Universität Seattle mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Als Chef des Hauses Hohenzollern war er stets davon überzeugt, dass die monarchische Staatsform am besten die freie Entfaltung des Einzelnen gewährleiste. Auf die mehrfach gestellte Frage, ob er bereit sei, Kaiser zu werden, wenn das Volk es wolle, antwortete er stets, dass er selbstverständlich zur Verfügung stünde und fügte hinzu: „Ich bin bereit, wenn man mich ruft.“

Am 25. September 1994 starb der Prinz in Bremen. Am 7. Oktober fand im Berliner Dom die Trauerfeier statt. Und am Tag darauf erfolgte die Urnenbeisetzung auf Burg Hohenzollern.


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Kommentare

Katharina Bonaparte am 22.09.24, 08:47 Uhr

Die Parlamentarische Monarchie hat gegenüber der parlamentarischen Demokratie dadurch, daß sie in Gestalt des Königshauses um ein überparteiliches und über Wahlperioden hinaus denkendes Prinzip ergänzt wird, einen großen Vorteil! Darüber sollte man in Deutschland gerade in der jetzigen Zeit, in der die zentrifugalen Kräfte die unsere Gesellschaft zu zerreißen drohen einmal mehr intensiv nachdenken! Meiner Meinung sich eine solche Monarchie aber nicht rückwärtsgewandt an der Vergangenheit orientieren, sondern aus der Gegenwart heraus die Zukunft aktiv gestalten. Beispiele dafür gibt es einige. Insbesondere die skandinavischen Länder wären dabei eine gute Richtschnur. Aus diesem Grunde bin ich auch nicht so sicher, of das Haus Hohenzollern in diesem Zusammenhang wirklich eine tragende Rolle spielen sollte. Auch die Institution eines Kaiserhauses hielte ich angesichts des jetzigen Zustandes unseres Landes für völlig übertrieben, haben uns doch die daraus resultierenden imperialen Allüren schon mehrfach in den Untergang gestürzt.

Viel eher geeignet wäre dagegen ein Königtum, dessen Legitimation sich nicht ausschließlich aus dem Gottesgnadentum definiert, sondern aus der Verbundenheit mit Land und Leuten. Gute Kandidaten für eine solche Rolle gäbe es einige. Mir fallen dabei z.B. die Grafen Bernadotte von der Mainau, oder die Nachkommen von Katharina von Württemberg und dem Prinzen PlonPlon ein. Auch sollte der Adel in einem solchen Staat allenfalls eine dienende Rolle spielen ohne jedoch besondere Vorrechte zu genießen! Am Ende käme dabei wenn es gut geht vielleicht so etwas wie die "United Kingdoms of Germany" heraus, mit einem Anspruch welcher der wahren Größe und den tatsächlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten die unser Land mittlerweile nun eben einmal hat am ehesten gerecht würde!

Andreas Völz am 19.09.24, 13:13 Uhr

Die Wiedereinführung der Monarchie in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg? Wer hätte das danach noch ernsthaft gewollt? Die Monarchie hat Deutschland in den ersten Weltkrieg geführt und ist gescheitert. Damit hat sie sich endgültit disqualifiziert. Ihre einzige Großtat war die Abdankung des Kaisers, der damit einen Bürgerkrieg verhinderte.
Schade, dass in Deutschland gegenüber dem Adel nach 1918 nich so konsequent vorgegangen wurde wie in Österreich!

Kersti Wolnow am 17.09.24, 05:26 Uhr

Allerdings knüpfte er daran die Bedingung, dass Großbritannien sein Einverständnis zur Wiederherstellung der Monarchie in Deutschland gäbe.

Dann war Deutschland schon damals nicht souverän?

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