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Posse um „Pop-up“-Radweg in der Kantstraße wirft ein grelles Licht auf die grüne Verkehrspolitik
Jahrelang haben Berlins Senat und der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf über einen Radweg in der Charlottenburger Kantstraße diskutiert. Bereits im Jahr 2020 führte die damals von den Grünen geführte Verkehrsverwaltung in der Kantstraße wie an anderen Orten der Millionenstadt zwei sogenannte „Pop-up“-Radwege ein. Seitdem grenzt unmittelbar am Bürgersteig ein Radweg, erst dann kommt eine Parkspur. Ganz außen ist eine einzige Spur für den fließenden Verkehr verblieben.
Diese ist eingeklemmt zwischen Parkspur und Mittelstreifen. In entgegengesetzter Fahrtrichtung bietet sich spiegelbildlich das Gleiche. Insgesamt hat sich die Zahl der Fahrspuren damit von vier auf zwei verringert, entstanden sind auf beiden Straßenseiten dafür Radwege. Seitdem stehen nicht nur Autos, sondern auch BVG-Busse auf der notorisch verstopften Ost-West-Achse häufig im Stau. Die vor vier Jahren als Pandemie-Provisorium angekündigte Neuaufteilung der Straße stößt allerdings nicht nur bei Autofahrern auf Kritik.
Menschenleben in Gefahr
Der Abstand zwischen der Fahrspur und den Wohnhäusern in der Kantstraße lässt die Berliner Feuerwehr befürchten, im Notfall Menschen nicht mehr aus den oberen Stockwerken retten zu können. Durch die Anordnung von Parkspur und Radweg beträgt im Notfall der Abstand zwischen Feuerwehrfahrzeugen und den Häusern zwölf Meter. Dies ist aus Sicht der Feuerwehr offenbar zu viel, um bei einem Brand Menschen noch aus der vierten Etage evakuieren zu können. Die Radspur ist für Feuerwehreinsätze wiederum zu schmal.
Die auch zu vorbeugendem Gefahrenschutz gesetzlich verpflichtete Berliner Feuerwehr muss angesichts der Verkehrslage in der Kantstraße zudem befürchten, im Notfall gar keinen Platz für den Einsatz von Drehleiterfahrzeugen samt ihren Stützauslegern zu finden. Auch der zwischen Parkspur und Gehweg liegende Radweg ist dafür zu schmal. Angesichts von Dauerstau auf der einzig verbliebenen Fahrspur muss die Feuerwehr von vornherein mit einem zeitraubenden Anfahrtsweg rechnen. Müssen am Einsatzort dann erst noch parkende Autos aus dem Weg geräumt werden, kann dies zu weiterem Zeitverlust führen, der Menschen das Leben kostet.
Der jahrelang schwelende Streit um den Radweg hätte bei rechtzeitiger Einbeziehung des betroffenen Bezirks leicht vermieden werden können. Tatsächlich hat die im Jahr 2020 noch grün-geführte Senatsverkehrsverwaltung den Radweg aber an den üblichen Planungsverfahren und auch an den Entscheidungsträger des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf vorbei installiert. Handhabe bot die Sondersituation der Corona-Zeit und die Tatsache, dass die Kantstraße als wichtige Verkehrsachse der Stadt Senatsangelegenheit ist.
Offenbar sind die Sicherheitsbedenken aber auch nach dem Regierungswechsel von Rot-Grün-Rot zu Schwarz-Rot bei der zuständigen Senatsverwaltung auf taube Ohren gestoßen. Der Verkehrsstadtrat des Bezirks, Oliver Schruoffeneger (Grüne), beklagte nämlich noch am 25. Oktober ein „jahrelanges Abtauchen der Verkehrsverwaltung“: „Seit drei Jahren weiß die Senatsverwaltung, dass die aktuelle Regelung von Feuerwehr und Bauaufsicht nur unter der Prämisse einer kurzzeitigen Übergangslösung akzeptiert wird.“ Laut dem Stadtrat soll die Verkehrsverwaltung sogar noch am 21. Oktober mitgeteilt haben, dass sich „die tatsächliche Situation in der Kantstraße aus hiesiger Sicht nicht besonders kritisch“ darstelle.
Einlenken in letzter Minute
Zum Handeln veranlasst hat den Senat dann offenbar eine drastische Ankündigung. Bezirksbaustadtrat Christoph Brzezinski (CDU) stellte in einem Schreiben an die Senatsverwaltung für Verkehr „sukzessive Nutzungsuntersagungen“ für betroffenen Wohneinheiten in Aussicht. Im Klartext: Wird keine Lösung für den Brandschutz gefunden, dürfen bestimmte Wohnungen in oberen Etagen nicht mehr bewohnt werden. Die Ankündigung, dass eine größere Anzahl von Mietern und Eigentümern beginnend ab November aus ihren Wohnungen muss, hat schnelle Wirkung gezeigt.
Wie der Senat noch Ende Oktober mitteilte, wird die Kantstraße bis zum Ende des Jahres „optimiert“: Demnach sollen Radweg und Parkstreifen getauscht werden, sodass die Feuerwehr im Notfall auch Drehleitern einsetzen kann.
Mittlerweile gibt es in Berlin Befürchtungen, dass es auch an anderen Stellen der Stadt, etwa am Kottbusser Damm in Kreuzberg, Ärger um Radwege gibt. Wie in der Kantstraße wurde auch am Kottbusser Damm 2020 ein provisorischer „Corona-Radweg“ angelegt. In diesem Fall war das grün-geführte Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die treibende Kraft dabei, Parkplätze zu beseitigen und stattdessen Radspuren zu etablieren. Recht schnell kamen seinerzeit aus den Reihen der Grünen Forderungen auf, die als Pandemie-Provisorium angekündigten „Pop-up“-Radwege als Instrument der „Verkehrswende“ zu einer Dauereinrichtung zu machen.