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Kulturerbe

Im Dienste der Völkerverständigung

Die Volkstanzgruppe im BdV Hof nahm in schlesischer Tracht an der 58. Europeade in Gotha teil – Teilnehmer aus 23 Ländern

Jutta Starosta
08.08.2023

Die seit seiner Gründung im Jahr 1963 jährlich stattfindende Europeade hat das Ziel, Gesang und Musik, Tanz und Tracht als Kulturerbe zu bewahren und der Völkerverständigung zu dienen. Jeweils im Sommer treffen sich Tausende Teilnehmer für eine Woche an einem Ort in Europa. Die verschiedenen Gruppen prägen Tag und Nacht das Stadtbild und präsentieren auf Bühnen und Plätzen ihre landestypische Kultur.

Nachdem die 58. Europeade in Gotha, kaum zwei Fahrstunden von Hof entfernt, stattfand, machten sich neun Mitglieder der Volkstanzgruppe im BdV Hof auf den Weg nach Thüringen. Die meisten der Teilnehmer nahmen zum ersten Mal an diesem Festival teil. Entsprechend groß waren die Erwartungen und die Aufregung. In Gotha traf man sich mit über 4000 Teilnehmern aus 23 Ländern zum fröhlichen Tanzen, Singen und Musizieren. Trachtengruppen aus ganz Europa, von Litauen bis Spanien, von Belgien bis Rumänien reisten mit Fahrrad, Auto oder Bus an, um miteinander zu feiern und für Völkerverständigung und Frieden zu werben. Die schlesischen Farben wurden von über 100 Teilnehmern in Trachten aus den unterschiedlichen schlesischen Regionen präsentiert.

Am Anreisetag wurde das Quartier belegt. Die Hofer waren mit den anderen Schlesiern in zwei Turnhallen untergebracht. Zum Empfang gab es für jeden einen kleinen orangen Beutel mit dem Teilnehmerbändchen und dem Abzeichen der 58. Europeade. Nachdem die Schlafplätze eingerichtet waren, wurde das erste Mal in großer Runde geprobt. Abends traf man sich zum Thüringer Trachtenfest am Hauptmarkt, wo sich die Gastgeber vorstellten und erste Kontakte geknüpft wurden.

Unter dem Motto: Einheit in Vielfalt
Der Donnerstag begann, nachdem die meisten Teilnehmer in Gotha eingetroffen waren, mit den Proben der Tänzer und Musiker. Weiter ging es mit einem ersten Straßenauftritt am Buttermarkt. Die schlesischen Tänzer präsentierten einen bunten Reigen an Volkstänzen. Die Zuschauer folgten der Darbietung begeistert und merkten nicht, wie schwierig fehlerfreies und leicht erscheinendes Tanzen auf den unebenen Pflastersteinen war.

Nach dem Abendessen ging es zur Eröffnungsveranstaltung in das Volksparkstadion. Dort wurde von einer Delegation aus Memel feierlich die Fahne an die Gothaer Abordnung übergeben und die Europeade offiziell eröffnet. Rüdiger Heß, Präsident des Internationalen Europeade-Komitees, betonte in seiner Begrüßung, dass das Motto der Europeade „Einheit in Vielfalt“ noch nie so aktuell gewesen sei wie heute. In dem mehr als zweistündigen Programm wurde diese Mannigfaltigkeit von den Gruppen hervorragend präsentiert. Die Hofer „Tanzexperten“ bestaunten besonders die große Gruppe aus Lettland, die mit 130 Kindern die Fläche stürmte und auch manch kleinere Gruppe, die mit vier oder fünf Paaren einen Tanz präsentierten. Wenn dann ihnen bekannte Musik erklang und ein Volkstanz, der auch in ihrem Repertoire zu finden ist, zu sehen war, dann hielt es sie kaum auf den Plätzen.

Nach dem eindrucksvollen Feuerwerk wurde noch bis spät in die Nacht auf dem Hauptmarkt der Residenzstadt weitergefeiert. Der Freitagvormittag gehörte den Musikgruppen. Die verschiedenen Nationen stellten ihre landestypischen Instrumente und Melodien vor und trafen auf ein begeistertes und fachkundiges Publikum.

Auch die Schlesier waren mit einer bunt gemischten Gruppe dabei. Die Schifferklaviere gaben den Ton an, Gitarren, Geigen, Mundharmonika und andere Instrumente sorgten für einen vollen Klang und die drei Sängerinnen intonierten mehrstimmig.

Nach dem Mittagessen probte dann zuerst der Chor für die Abendveranstaltung, danach die Tanzgruppe für den großen Auftritt bei der Abschlussveranstaltung am Sonntag. Anschließend war Zeit für individuelle Unternehmungen. Abends traf man sich am Hauptmarkt, um beim Chorkonzert den Liedern und Rhythmen der Sänger zu lauschen. Der laue Sommerabend war wie geschaffen für ein buntes Miteinander. Spontan wurde an vielen Ecken musiziert und getanzt und die einheimische Bevölkerung mischte sich begeistert unter die Gäste.

Der Sonnabend startete mit einem Straßenauftritt am Brühl, bei dem wieder eine Fülle an Tänzen in unterschiedlichen Konstellationen gezeigt wurde. Nach dem offiziellen Empfang der Stadt Gotha in der Orangerie galt es, sich für den großen Straßenumzug aufzustellen. 190 Gruppen zogen rund zweieinhalb Kilometer von der Stadthalle bis zum Schloss Frieden-stein. Während des Marsches bei über 30 Grad Celsius spendeten die Zuschauer jeder Gruppe ausdauernd Beifall. Es wurde gesungen und getanzt, und immer wieder erschallte das „Nanana“, der inoffizielle „Schlachtruf“ der Europeade.

Oft ergaben sich bei kurzen Aufenthalten nette Gespräche mit den Zuschauern. Am Ende des Festzuges gab es noch ein gemeinsames Foto aller schlesischer Teilnehmer. Frisch gestylt traf man sich nach einem kurzen Gewitterschauer am Abend wieder auf dem Hauptmarkt zum Europeadeball.

Leider konnten die Hofer am Sonntag den ökumenischen Gottesdienst nicht besuchen, weil zur gleichen Zeit im Stadion ihre Stellprobe stattfand. Dort wurden der Ein- und Ausmarsch der Gruppen sowie der schlesische Europeade-Beitrag, die „Lange Reihe“ geprobt. Nach dem Kopfsteinpflaster bei den Straßenauftritten waren die Holzbühnen eine wahre Erholung für Füße und Schuhe. Stolz waren wir, weil es wieder gelungen war, alle fünf Podien mit Tänzern in schlesischer Tracht zu füllen.

2024 in Nuoro auf Sardinien
Bei der Abschlussveranstaltung im Volksparkstadion war ein bunter Reigen an Tänzen aus aller Herren Länder zu sehen, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurden. Nach der Fahnenübergabe an die Vertreter Sardiniens, wo 2024 in Nuoro die 59. Europeade ausgerichtet wird, war die diesjährige Europeade offiziell beendet. Nun wurden die Flaggen gestürmt, das heißt, alle Teilnehmer laufen auf den Rasen, tanzen gemeinsam Polonaise und zeigen noch einmal eindrucksvoll, welch inniges und friedvolles Miteinander dieses große europäische Festival bedeutet.

Fazit: Mit den schlesischen Trachten erregten die Hofer immer wieder Aufsehen, und es kam zu angeregten Gesprächen über die Herkunft der Trachten und die schlesische Kultur. Neue Bekanntschaften wurden geknüpft, alte Freundschaften aufgefrischt. Das friedliche Miteinander so vieler Menschen und die Gastfreundschaft der Thüringer waren überaus beeindruckend. Die Hofer, auch die Neuzugänge, freuen sich schon auf die nächste Europeade in Nuoro auf Sardinien, dann vielleicht mit einer größeren Besetzung.

Jutta Starosta leitet seit über 30 Jahren die Volkstanzgruppe in Hof. Die Gruppe tanzt Volkstänze aus den Vertreibungsgebieten und aus ganz Europa. Bei Auftritten tragen die Tänzer je nach Anlass beziehungsweise Wunsch der Gastgeber entweder die Ermländer Festtagstracht oder eine schlesische Riesengebirgstracht.


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